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Die junge Ruth ... - Fotos: Arno Declair

FULDA Vollblutmimin Gilla Cremer in Bestform

Ein Hoch auf die Freundschaft: Großartige One-Woman-Revue im Schlosstheater

19.05.17 - Das bewegende Schlussbild, als Ruth den Sarg der über Jahrzehnte lang besten Freundin Niwea in das Dunkel der Hinterbühne zieht, wird so mancher der etwa 500 Zuschauer noch einige Zeit innerlich mit sich rumschleppen. Zu sehen war am Donnerstagabend im Fuldaer Schlosstheater die One-Woman-Revue „#Freundschaft“ von und mit der Hamburger Schauspielerin Gilla Cremer, die eben jener starken menschlichen Verbundenheit ein tiefsinniges, komisches, poetisches, überdrehtes und anrührendes Denkmal setzte.

Drei Aluminium-Leitern in unterschiedlichen Größen, ein dickes Tau und den großartigen Gerd Bellmann als musikalische Verstärkung an der Seite – mehr brauchte die Vollblutschauspielerin Gilla Cremer nicht, um mit der Geschichte um eine Viererkostellation unterschiedlichster Individuen den Fragen nachzugehen, was Freundschaft vielleicht sein sollte, was man oft fälschlicherweise darunter versteht, welche Klippen man für diese emotionale Verbindung mitunter umschiffen muss und woran sie allzu oft scheitert.

Der Ausgangspunkt des Plots setzte den Bühnenverlauf doppeldeutig in Gang. Ruth, eine Schauspielerin (Cremer), macht einen Deal mit Freundin Niwea, einer Autorin (Cremer): Letztere will ein Buch zum Thema Freundschaft schreiben, wenn die andere ein Stück darüber entwickelt. Und so ist man gleich drin in der Geschichte um die beiden Mädchen/Frauen, die Rückblenden auf deren Kinder- und Teenager-Jahre und die weitere Entwicklung als Erwachsene wirft, bis schließlich zum Tod Niweas.

Zum Duo stoßen im Laufe der beiden Biografien noch die Ärztin Britta (Cremer, wer sonst?) sowie der Musiker Knut, von Gerd Bellmann in stoischer Pose am Keyboard verkörpert, der ein ums andere Mal bekannte Hits zum Thema Freundschaft beisteuert, wie „Ein Freund, ein guter Freund“, „With a little Help from my Friends“ oder „Friends will be Friends“.

Die alte Ruth ...

Unter der Regie und Leiter-Choreografie von Dominik Günther ging im Zusammenspiel mit der genial-simplen Ausstattung von Eva Humburg am Donnerstag auf der Schlosstheater-Bühne alles: Die Leitern wurden zu den Geschwister-Fahrrädern Hatatitla und Iltschi, benannt nach den Pferden von Winnetou und Old Shatterhand, gleichsam waren sie Faxgerät, Stockbetten, Nordseewellen, Schiffsbug und schließlich Sarg. Großes Kompliment an Gilla Cremer, die mit ihrem intensiven Spiel den Saal über zweieinhalb Stunden beherrschte und alle Register ihres Könnens zog. Köstlichen komödiantischen Einlagen wie der Saufszene setzte sie das leise Spiel mit langen Sprechpausen entgegen. Am Ende hätte man meinen können, sie weint tatsächlich auf der Bühne um ihre Freundin.

Dutzende von Erklärungsversuchen über die Freundschaft wurden an diesem Abend angeboten; da konnte sich jeder Zuschauer seine eigenen Interpretationen herauspicken. Das reichte von Aristoteles' Ausspruch „Meine Freunde! Es gibt keine Freunde!“ über die Annahme, dass ein wahrer Freund die "Melodie des Herzens des anderen" kennt und sie wieder anstimmt, wenn der andere sie vergessen hat, bis zur Feststellung, dass es weitaus aufrichtigere Freundschaftsangebote gibt als die auf Facebook und Co. Man muss sie nur erkennen – und den Mut haben, diese auch anzunehmen.

Unterm Strich kann für den Abend, der am Ende mit stehenden Ovationen gefeiert wurde, die Finkelzohn-Formel über Freundschaften aus Yasmina Rezas Komödie „Kunst“ gelten: „Wenn ich ich bin, weil ich ich bin, und du du bist, weil du du bist, dann bin ich ich, und du bist du. Wenn aber ich ich bin, weil du du bist, und du du bist, weil ich ich bin, dann bin ich nicht ich, und du bist nicht du.“ (Matthias Witzel) +++


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