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Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Professor Dr. Martin Hein im Sommer zur Premiere der Bad Hersfelder Festspiele im Gespräch mit dem ehemaligen Landrat Dr. Karl-Ernst Schmidt - Archivfoto: Hans-Hubertus Braune

REGION "Starkes Zeichen setzen"

Zum heutigen Reformationstag: Professor Dr. Martin Hein im O|N-Interview

31.10.17 - Am heutigen Reformationstag erinnern Protestanten in aller Welt an den Beginn der Reformation durch Martin Luther und die Entstehung der evangelischen Kirche. Der Tag erinnert an die Präsentation der 95 Thesen Martin Luthers im Jahre 1517, mit der die Reformation ihren Anfang nahm.

Lesen Sie nachfolgend ein Interview von OSTHESSEN|NEWS-Redakteurin Carla Ihle-Becker mit dem Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Prof. Dr. Martin Hein.

O|N: Die vielfältigen Feierlichkeiten zum Reformationsjubiläumsjahr steuern jetzt auf ihren Höhepunkt zu. Wie beurteilen Sie in der Rückschau die Summe der Veranstaltungen? Haben sie ihr Ziel erreicht?

Prof. Dr. Martin Hein: Durch die Fülle an Veranstaltungen, die im Rahmen der Lutherdekade und des Reformationsjubiläums durchgeführt wurden, haben sich viele Menschen anregen lassen, sich mit Fragen des christlichen Glaubens und seiner Bedeutung für das alltägliche Leben zu beschäftigen. Konzerte, Lesungen und Theateraufführungen rundeten das Angebot ab, so dass – nach vorsichtigen Schätzungen – rund 10.000 Veranstaltungen allein in den Kirchengemeinden stattfanden. Auch in den Kirchenkreisen gab es ein vielfältiges Programm, das in Kirchenkreisfesten zum Reformationstag gipfelt. Beispielhaft sei nur der Kirchenkreis Schmalkalden genannt, der zu rund 60 Veranstaltungen, u. a. im Rahmen des „Europäischen Stationenwegs“, eingeladen hat. Hinzu kommen große landeskirchliche Veranstaltungen: Das reichte von wissenschaftlichen Symposien über Landeskonfirmandentage in Homberg und Ziegenhain mit insgesamt 5.000 jungen Teilnehmenden und den Gemeindewettbewerb „Alte Thesen neu gelesen“, an dem sich rund 100 Gemeinden mit 1.400 Projektteilnehmern beteiligten, bis zur Kunstausstellung „Luther und die Avantgarde“ mit ihrem kurhessischen Standort in der Kasseler Karlskirche, wo wir in diesem Sommer mehr als 35.000 Besucherinnen und Besucher begrüßen konnten. Das alles zeigt mir, dass Menschen auf Glaubensfragen hin ansprechbar sind, sich einladen lassen und gern aktiv mitgestalten. Damit ist sicherlich unser Ziel erreicht.

O|N: Sie haben mitinitiiert, dass auf allen Altären in Kurhessen-Waldeck die Lutherbibel ausliegt. Warum lohnt sich deren Lektüre heute noch?

Prof. Dr. Martin Hein: Zu Beginn des Jubiläumsjahres war es mir wichtig, ein starkes Zeichen zu setzen. Denn das Wort der Bibel hat in der evangelischen Kirche eine zentrale Bedeutung, und seine zeitgemäße Auslegung bildet die Mitte des evangelischen Gottesdienstes. Martin Luther hat mit seiner Bibelübersetzung die Heilige Schrift dem Volk zugänglich gemacht. Die Lutherbibel besitzt für evangelische Christen bis heute eine identitätsstiftende Bedeutung! Ich wünsche mir, dass sich Menschen immer wieder anregen lassen, sie als einen täglichen Begleiter zu schätzen, der auch bei Fragen und Sorgen Rat geben kann.

O|N: Jede Zeit hat ihr ganz eigenes und sehr unterschiedliches Lutherbild gezeichnet. Zu welchem Bild des großen Reformators möchten Sie beitragen?

Prof. Dr. Martin Hein
: Luther war eine vielschichtige Persönlichkeit, die für jede Zeit genug Material lieferte, das zur Stilisierung einlud. Heute wissen wir: Das waren teilweise recht grobschnittige Vereinnahmungen. Daher gilt es, ihn in seiner Zeit zu sehen und zu begreifen. Seine Erkenntnisse der voraussetzungslosen Gnade Gottes und der Freiheit des Christenmenschen sind weiterhin wichtig: Was bedeutet es für uns, ohne vorausgesetzte Leistung akzeptiert zu sein? Darüber hinaus war Luther ein Mensch, der die Medien seiner Zeit aktiv nutzte. Wie es uns gelingen kann, auch als Kirchen im Medienwandel unserer Zeit Schritt zu halten, ist eine spannende Frage! Kurzum: Ich möchte dazu beitragen, in Luther einen Menschen zu sehen, der voller Gottvertrauen für das einstand, was er als richtig erkannt hatte.

O|N: Welche aktuelle gesellschaftliche Relevanz hat Luther und die Reformation für uns heute?

Prof. Dr. Martin Hein: Das Reformationsjubiläum hat Impulse gesetzt, sich intensiv damit auseinanderzusetzen, was es heute heißt, evangelisch zu sein. Die Dekade hat zur Besinnung und Vergewisserung beigetragen. Wie schon erwähnt, hat Luthers Gedanke der „Freiheit eines Christenmenschen“ dabei eine besondere Rolle gespielt. Unsere politische Freiheit ist nicht unangefochten. Europa scheint aus den Fugen zu geraten, Menschen, die Verfolgungen erleiden mussten, kommen zu uns, Attentate erschüttern nicht nur die Metropolen. Viele Menschen haben untergründig Angst. Da sagt uns die Reformation: Gott will, dass wir selbstbewusst und mutig sind und dazu beitragen, dass das Leben in unserer Gesellschaft vom Gedanken der Solidarität füreinander bestimmt bleibt.

O|N: Socken, Bonbons, Ausstechförmchen – vom viel diskutierten Playmobil-Luther mal ganz abgesehen: Haben Sie eine persönliche „Lieblingsdevotionalie“ zum Reformationsjubiläum?

Prof. Dr. Martin Hein
: Schon der Ausdruck "Devotionalie" zeigt, wie eng die Menschen in der evangelischen und der katholischen Kirche zusammengerückt sind. Ja, ich habe mir eine handfeste Erinnerung an die Lutherdekade zugelegt und ein Exemplar der "Luther"-Figur von Ottmar Hörl gekauft - aus Kunststoff, 97 x 52 x 36 cm, also ein Luther eher von zwergenhafter Größe - gegen jegliche Überhöhung. Kunst mit Augenzwinkern! (Carla-Ihle Becker) +++


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