Versunkenes Dorf Engelsberg: Des Teufels Handlanger und die weiße Frau

02.11.17 - Mythen und Sagen haben bis heute nichts von ihrer Faszination verloren. Fast alle Völker der Erde haben ihre eigenen Geschichten, in denen sich die Struktur und die Werte der damaligen Zeit widerspiegeln. Naturgewalten oder Ereignisse, die für die Menschen aus früheren Zeiten unheimlich und unerklärbar waren, wurden so in eine nachvollziehbare Form gegossen und von Generation zu Generation mündlich weitergegeben. Das Wissen über diese Sagen verbleibt bis heute meistens in dem Ort, in dem sie entstanden. Gerade die dunklen Wintermonate eignen sich hervorragend, um sich ein wenig zu gruseln und in die Welt der regionalen Mythen einzutauchen. Mit einer neuen Serie möchte OSTHESSEN|NEWS die schönsten Sagen Osthessens vorstellen.

Gerade die Rhön ist Heimat vieler Legenden, um manche Orte ranken sich gleich mehrere Sagen. Ein Beispiel dafür: der Engelsberg oberhalb der Stadt Tann.

Wahrheit: Das versunkene Dorf Engelsberg

Auf den Ort „thannischer menner von dem Engelsbergk“ weist eine urkundliche Erwähnung aus dem Jahr 1501 hin. Vermutlich im 15. Jahrhundert entstanden, umfasste das Dorf 1621 insgesamt 23 Häuser und hatte zahlreiche Einwohner. Zwanzig Jahre später lebte nur noch ein Bewohner in Engelsberg. Was war passiert? Ob Krankheiten wie die Pest, Plünderungen und Verwüstungen während des Dreißigjährigen Krieges oder einfache Aufgabe der Siedlung für den plötzlichen Untergang des Dorfes verantwortlich waren, ist weder überliefert, noch nachvollziehbar. Während vor rund zwanzig Jahren noch gut sichtbar Mauerreste aus dem Gras ragten, liegen die ringförmig angelegten Ruinenreste auf dem gleichnamigen Engelsberg mittlerweile in einem Wald verborgen und sind nur noch durch gezieltes Suchen zu entdecken.

Sagen:

Des Teufels Handlanger

Auf dem Engelsberg bei Tann versteckt sich ein aschgraues Männchen in den Wäldern, das nicht zu den guten Geistern gehört. Es neckt und ärgert die Menschen, wo es nur kann. Hirten und Wanderer erschreckt das Männchen mit lautem Gebrüll, wirft Steine nach ihnen und schleudert von den Leuten Mitgebrachtes durch die Gegend. Mit gellendem Hohngelächter verschwindet es, sobald man sich ihm nähert. Angeblich ist der böse Geist ein Handlanger des Teufels, der die Menschen früher daran hinderte, Predigten von Glaubensboten zuzuhören. Der Teufel soll ihm für seine Arbeit reichen Lohn versprochen haben. Hirten durchschauten seine List und brachen die Macht des Bösen. Seine Untaten konnten damit unterbunden werden, jedoch nicht, dass das graue Männchen nun so lange auf dem Engelsberg herumgeistert und Schabernack treibt, bis er seinen Hass auf Christen verloren hat.

Die weiße Frau von Tann

Immer am ersten Pfingsttag, wenn die Sonne aufgeht, erscheint in den alten Ruinen am Engelsberg eine weißverschleierte Frau mit verschimmeltem Gesicht, aufgelösten bleichen Haaren und nackten Füßen. Sie scheint etwas zu suchen, weint und seufzt und verschwindet dann wieder hinter den Bäumen. Einmal soll sie dabei goldene Ketten verloren haben, die ein Schäfer fand. Diese brachten ihm jedoch nur Unheil. Auch an anderen Orten der Rhönstadt spukt die weiße Frau, oft in Begleitung von weißen und schwarzen Katzen, singt unheimliche Lieder und vertreibt die Menschen. Die Frau soll einst im Schloss zu Tann gedient haben. Dabei ertappt, wie sie die drei Schlossherren bestahl, wurde sie mit Schimpf und Schande entlassen. Ein junger Schäfer wollte sie trotzdem zur Frau nehmen – sie hatte ihm ihre Untaten verschwiegen. Auf dem Weg zur Trauung rutschte die junge Braut am Rande eines moorigen Tümpels aus, stürzte und brach sich das Genick. Weil sie ihre Verfehlungen zu Lebzeiten nicht bereut hatte, muss nun ihre Seele als weißgekleidete Braut überall dort herumgeistern, wo sie Unrecht getan hat. (Miriam Rommel) +++