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Dr. Samir Al-Hami klärte in seinem Vortrag in der Dr. Al-Hami International Academy über das FBSS auf - Fotos: Carina Jirsch

FULDA "Das Versorgungssystem ist krank"

Das FBS-Syndrom: Dr. Al-Hami klärt auf - "Rückenschmerzen kann man nicht heilen"

07.11.17 - Ohne Schmerzen mal eine Nacht durchschlafen und den Alltag bewältigen: Diesen Wunsch haben einige Zuhörer am Montagabend im Vortrag des Neurochirurgen Dr. Samir Al-Hami in der Dr. Al-Hami International Academy in Fulda geäußert. Doch wie der Experte verdeutlichte, sei dies bei vielen Betroffenen nicht mehr möglich, denn zahlreiche Rückenschmerz-Patienten leiden am "Failed Back Surgery Syndrome", der erfolglosen Wirbelsäulen-Operation. Al-Hami klärte die Zuhörer auf, wie sie die Risiken minimieren können und stand ihnen Rede und Antwort.

"In Laienkreisen wird von Chirurgen und Krankenhäusern selten über dieses Problem gesprochen", sagt Al-Hami. Oft würden sich langanhaltende Schmerzen chronisieren und die Patienten am Schneeballeffekt - den zunehmenden Schmerzen - leiden. "Ich rede bereits seit fünf Jahren darüber, dass in Osthessen einfach zu viele Rückenoperationen vorgenommen werden. Besonders bei den Versteifungsoperationen sind wir Weltmeister."

Eine Zuhörerin klagte über dauerhafte Rückenschmerzen sowie Nervenschmerzen im Bein, die sie im Alltag enorm einschränken. Ihre Spinalkanalstenose wurde bereits operiert. "Die Chirurgen operieren nicht wegen der Schmerzen", klärte Al-Hami auf. Das hörte die Patienten zum ersten Mal. Je mehr sich der Wirbelkanal verenge, desto mehr seien Betroffene in ihrer Mobilität eingeschränkt. "Das sind Verständigungsprobleme zwischen Patient und Chirurg. Der Chirurg weiß, dass Sie niemals schmerzfrei sein werden - aber es wird einfach nicht offen kommuniziert", kritisierte Al-Hami. Zwar würden die "ausstrahlenden" Schmerzen in die Beine besser werden, die Rückenschmerzen jedoch nicht.

"Rückenschmerzen kann man nicht heilen. Das ist eine Systemerkrankung. Wer einmal erkrankt ist, wird immer mit der Wirbelsäule zu tun haben", verdeutlichte Al-Hami. Wichtig sei, dass sich die Betroffenen vor jeder Operation mit der Klinik und den operierenden Ärzten auseinandersetzen. "Die Chirurgen sind Risiko Nummer 1 bei jeder OP." Aus diesem Grund sollten die Patienten sich nur von qualifizierten Ärzten operieren lassen. Aber auch die Krankenhäuser würden über die Qualität entscheiden und seien für Misserfolge verantwortlich. "Jeder Patient hat nur einen Schuss frei. Die erste OP muss sitzen. Beschwerden können nie zu 100 Prozent geheilt und beseitigt werden, aus diesem Grund muss man sich das alles gut überlegen."

Aber auch das Versorgungssystem trage zu dem Leid der Rückenschmerz-Patienten bei: "Das System ist krank. Wenn ich in der Politik wäre, würde ich zuerst die Kassenärztliche Vereinigung abschaffen." Oft würden die Patienten schneller einen Termin für eine Operation kriegen, anstatt für gezielte Schmerztherapien. "Das System ist kommunistischer als Kommunismus." Viele Patienten müssten unglaublich lange auf Termine bei Ärzten warten. In dieser Zeit könnte ihnen bereits anderweitig geholfen werden. "Die Ärzte haben sich dem Wohle der Patienten verpflichtet", so Al-Hami der nach eigenen Aussagen sein Budget bei der KV für Schmerztherapien bereits um 370 Prozent überstiegen habe. "Wenn Ärzte sagen, dass Sie das nicht verschreiben dürfen und können, ist das eine faule Ausrede", so Al-Hami.

Das Zauberwort des Neurochirurgen lautet: Vorbeugung. "Das Vorbeugen ist das A und O." Patienten sollten sich ausreichend Zeit lassen. "Wenn Sie sich nicht sicher sind, lassen Sie sich nur im Notfall operieren. In 95 Prozent der Fälle haben Wirbelsäulenoperationen Zeit." Diese sollte man nutzen, um sich genauestens zu informieren. Ob eine OP wirklich nötig ist, könnten nur die Chirurgen und Ärzte beurteilen. "Informieren Sie sich und holen Sie sich auch eine Zweit- und Drittmeinung ein."

Mehr zum Thema finden Sie HIER. (jul) +++

 


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