Archiv
"Der Witz": Wolfgang Sauer vor einer der drei abgehängten Stromsäulen. - Fotos: Matthias Witzel

FULDA Drei Stromsäulen von sechs abgehängt

Wolfgang Sauer lebt im Wohnmobil und lacht über den "Witz der Stadt"

04.12.17 - Wenn einer was vom Campen versteht, dann ist es Wolfgang Sauer. Der gebürtige Fuldaer vollzog vor knapp zehn Jahren den absoluten Cut in seinem Leben, löste seine kleine Zweieinhalb-Zimmer Wohnung in Bergheim nahe Köln mir nichts, dir nichts auf und kaufte sich für 49.000 Euro ein Wohnmobil. „Es hat lange gedauert, bis ich das passende Gefährt gefunden habe. Aber dann saß ich hier drin und wusste: ,Der isses‘“, lacht Sauer. Seitdem ist der „Bürstner t641 Avantgarde“ (Erstzulassung 2005) mit seinen wenigen Quadratmetern, aber verhältnismäßig großen Fensterscheiben sein ganzer Stolz.

Sauers ganzer Stolz: der "Bürstner t641 Avantgarde".

Längst ist der 70-Jährige Stammgast auf den Wohnmobil-Parkplätzen der Region. Amtlich gemeldet ist Sauer bei einem Freund in Bergheim, und die Post geht an den Bruder in Künzell. Er liebt die Rhön und schätzt dort vor allem die sauberen Stellplätze in Poppenhausen, Hilders oder Oberelsbach. Als ehemaliger Angestellter der Stadt Fulda, der früher bei kulturellen Events als Roadie mithalf, ist er handwerklich geschickt, und weil er bei den Rhöner Gemeinden mittlerweile gut bekannt ist, übernimmt er dort auch mal bei Bedarf kleinere Hilfsjobs: „Für einen Kuchen und einen Kaffee mache ich das gerne. Ich liebe Kaffee, und Geld habe ich genug fürs Leben.“ Auch mit Besuchen von Kulturveranstaltungen vertreibt sich der Rentner die Zeit: „Ich hole mir in der Tourist-Information in Fulda regelmäßig den ,RhönSpiegel“ und schaue, was mich so interessieren könnte.“

Womit wir mitten in der Barockstadt und im Thema wären, denn unsere Geschichte begann mit einem Anruf Sauers in der Redaktion von OSTHESSEN|NEWS, bei dem er darauf aufmerksam machte, dass es um den Wohnmobilstellplatz in der Weimarer Straße, der vom städtischen Eigenbetrieb Parkstätten, Energie und Wasser Fulda betrieben wird, im Vergleich zu anderen nicht gut bestellt sei. „Das meine nicht nur ich, sondern auch viele andere. Die Wohnmobilfahrer sind ja wie eine verschworene Gemeinschaft, man duzt sich und tauscht sich untereinander aus.“ Dass die Kosten für Platzmiete, Frischwasser und Abwasserentleerung in Fulda höher festgesetzt sind als in anderen Gemeinden, lässt Sauer noch durchgehen. „Aber man hätte doch zum Beispiel vor der Wintersaison die Büsche bei den Parkbuchten ein bisschen zurückschneiden können. Da kommt man ja teilweise fast gar nicht mehr ins Fahrzeug.“ Vor allem aber bemängelt er, dass drei von den sechs Stromsäulen in den Wintermonaten abgehängt werden. „Das habe ich noch nirgendwo sonst erlebt. Das ist ein Witz. Da kann ich nur lachen.“

Hier kann man Frischwasser zapfen ...

... und Abwasser entsorgen.

Eine der Stromsäulen, die noch in Betrieb sind.

O|N hat bei der Stadt nachgefragt. Diese erklärt in einer schriftlichen Stellungnahme, dass auf dem Wohnmobilstellplatz normalerweise tatsächlich sechs Stromladesäulen mit je vier Steckdosen installiert sind, so dass gleichzeitig bis zu 24 Wohnmobilisten Strom beziehen können. „Bauartbedingt wird bei drei von den sechs Stromladesäulen der Strom leistungsabhängig (Leistungspreis 0,50 Euro je Kw) und bei drei Stromsäulen zeitabhängig (sechs Stunden = 1 Euro) abgerechnet.“ In den Wintermonaten führe die zeitabhängige Abgabe von Strom durch den deutlichen höheren Verbrauch (z. B. durch den Betrieb von Heizgeräten) aber zu erheblichen finanziellen Defiziten im Betrieb der drei zeitabhängigen Stromsäulen, weswegen diese abgehängt werden. „Da aktuell nach unseren Beobachtungen täglich nur vier bis sechs Wohnmobilisten eine zusätzliche externe Stromquelle in Anspruch nehmen, reichen die noch in Betrieb befindlichen zwölf Steckdosen im hinteren Bereich des Platzes aus.“

Wolfgang Sauer sieht das anders. Beim Rundgang über den Platz, auf dem an diesem Morgen 19 Wohnmobile gezählt werden, denen - wir erinnern uns - zwölf Steckdosen zur Verfügung stehen, berichtet er: „Ich habe schon oft beobachtet, dass Leute hier vorgefahren sind, das gesehen haben - ,Aha, nur drei Säulen!‘ - und gleich wieder weitergezogen sind. Das ist für den Standort völlig kontraproduktiv.“

Immerhin stellt die Stadt in Aussicht, dass „in den nächsten Jahren verschiedene bauliche und organisatorische Veränderungen auf dem Wohnmobilstellplatz Weimarer Straße angestrebt werden“, bei denen auch „eine grundlegende Änderung der Stromversorgung“ eine Rolle spielen soll. Doch auch das versöhnt Sauer nicht. „Das planen die schon seit Jahren. Da passiert gar nichts“, sagt er, steigt ein in den „Bürstner t641 Avantgarde“ und fährt nach Poppenhausen. (Matthias Witzel) +++


Über Osthessen News

Kontakt
Impressum

Apps

Osthessen News IOS
Osthessen News Android
Osthessen Blitzer IOS
Osthessen Blitzer Android

Mediadaten

Werbung
IVW Daten


Service

Blitzer / Verkehrsmeldungen Stellenangebote
Gastro
Mittagstisch
Veranstaltungskalender
Wetter Vorhersage

Social Media

Facebook
Twitter
Instagram

Nachrichten aus

Fulda
Hersfeld Rotenburg
Main Kinzig
Vogelsberg
Rhön