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Das anhängende Bild zeigt Dipl. Theologe Diakon Erwin Helmer, die stellvertretende KAB Diözesanvorsitzende Marga Hundenborn und KAB Diözesansekretär Michael Schmitt bei der Überreichung eines „Fulder Rucksacks - Fotos: Michael Schmitt

FRIESENHAUSEN "Mensch ist mehr wert als Gold"

KAB fordert mehr „Menschenwürde“ im Arbeitsleben

15.01.18 - Deutliche Worte zur Situation in der Arbeitswelt fand der Referent Dipl. Theologe Erwin Helmer anlässlich der diesjährigen Jahresauftaktveranstaltung IMPULS 2018 der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) Diözesanverband Fulda. Unter dem Thema „Fair statt prekär“ forderte er die KAB, Gewerkschaften und Sozialverbände eindringlich dazu auf gemeinsam dafür zu kämpfen, dass „Menschlichkeit“ im Entwicklungsprozess Arbeit 4.0 an erster Stelle steht. Zu der Veranstaltung im Friesenhausener Bürgerhaus konnte die stellvertretende KAB Diözesanvorsitzende Marga Hundenborn weit über 100 Teilnehmer begrüßen.

Der Augsburger KAB Diözesanpräses und Leiter der Betriebsseelsorge skizierte die derzeitige Situation. Seit 2010 habe die Leiharbeit um 30 % zugenommen, die Zahl befristeter Beschäftigungsverhältnisse sei von 2,5 auf 3,4 Millionen gestiegen, bei Werkverträgen sei eine Zunahme von ca. 15 % zu verzeichnen und die Zahl der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse, meist Nebenjobs, seien von 2 auf 3 Millionen angestiegen. Demgegenüber ist im Vergleichszeitraum die Armutsgefährdung von 14,5 auf 15,7 % gestiegen und tarifgeschützte Arbeitsverhältnisse sanken von 60 % auf 58 %.

Das Ganze müsse heute vor allem auch aus dem Blickpunkt einer sich rasant entwickelnden Digitalisierung und Industrie 4.0 bewertet werden. „Wir dürfen uns hier jedoch nicht täuschen lassen. Arbeit 4.0 ist keine Zukunftsfrage, sondern eine Frage der Gegenwart. Dieser Prozess ist schon in vollem Gange“. Es sei insbesondere darauf zu achten, dass der Mensch in diesem Prozess nicht noch mehr zum „Kostenfaktor“ degradiert werde. Er rief dazu auf, die Entwicklungen nicht als Schreckensgespenst zu sehen und sich ablehnend zurückzulehnen, sondern als katholischer Sozialverband zusammen mit Gleichgesinnten die Veränderungen im Sinne von mehr „Menschenwürde in der Arbeitswelt“ zu beeinflussen. Dies sei, insbesondere mit Blick auf die extrem schnellen Prozesse, ohne Frage ein nicht einfaches Unterfangen. Hier seien nicht nur Tarifpartner in der Pflicht, sondern auch die Politik. Neben der Bewahrung und dem Ausbau menschlicher Rahmenbedingungen sei die Bildung eine wichtige Stellschraube. Von den Menschen würden vermehrt „interdisziplinäre Kompetenzen“ gefordert, die heute nur in Ansätzen existieren. Im Entwicklungsprozess Arbeit 4.0 nehme der Kommunikationsbedarf zwischen den Menschen, real wie virtuell, stark zu. Die Fähigkeit sich zu vernetzen, sich selbst zu organisieren und flexibel zu steuern seien Grundvoraussetzung beim Zusammenwachsen von Produktionstechnologien und Automatisierungstechnik.

Helmer versuchte die Angst davor zu nehmen, dass Millionen Arbeitsplätze alternativlos vernichtet würden. „Die Pflege ist nur ein Bereich, Umweltschutz ein weiterer, in dem unzählige neue Arbeitsplätze geschaffen werden müssen“ führt er dazu aus. Jedoch müssten hier die „Leistbarkeit“ genau unter die Lupe genommen werden. Insbesondere sei es erste Pflicht der Politik, dafür zu sorgen, dass Unternehmen hier in die Verantwortung genommen werden. „Steuerflucht und Steuerminimierungsprogramme müssen endlich international geächtet werden“ so Helmer.

Unter anderen zeige das Beispiel AMAZON, dass amerikanischer Raubtierkapitalismus zwar zu hohen Unternehmensgewinnen führe, diese aber in keiner Weise dem Gemeinwohl dienen. Unabhängig davon, dass diese Gewinne aus den Beschäftigten „herausgepresst“ würden. So verweigere das Unternehmen Verhandlungen mit demokratischen Gewerkschaften genauso wie die Verpflichtung zu einem passenden Tarifvertrag. Verstärkt würde dieses durch massive Einflussnahme auf Betriebsräte bis hin zu Schikanen gegenüber von Mitarbeitern.

Verweisend auf Grundsätze der kirchlichen Sozialverkündigung und insbesondere auch auf viele sehr deutliche Aussagen von Papst Franziskus munterte Helmer die Anwesenden auf, sich noch deutlicher zu positionieren und dafür zu kämpfen, dass durch Prekarisierung die Spaltungen in Arbeitswelt und Gesellschaft nicht noch mehr zunehmen. Im Wirtschaftsleben müsse sich der Mensch mit seiner Arbeitsleistung von den anderen Produktionsfaktoren viel deutlicher abgeben können. Gerade die KAB habe das entsprechende „Know How“ die „Menschlichkeit der Arbeit“ wiederzuentdecken und zu forcieren und solidarischer Partner für Betriebsräte, Gewerkschaften und Sozialbewegungen zu sein. „Wir müssen es schaffen, dass Arbeitnehmer, national und international, sich nicht nur materiell abgesichert wissen, sondern auch als Krone der Schöpfung zu fühlen. Jeder Mensch ist mehr wert als alles Gold der Erde, weil jeder ein Kind Gottes ist“ pointiert er nochmals die Säule „Personalität“ der katholischen Soziallehre. „Arbeit hat Vorrang vor dem Kapital, weil dieses nur werkzeuglicher Art ist“ zitierte er aus Laborem exercens.

Die folgende angeregte Diskussion, die von KAB Diözesansekretär Michael Schmitt moderiert wurde, machte die wortwörtliche Betroffenheit der Teilnehmer des KAB Jahresauftakts 2018 deutlich. Vor den Ausführungen Helmers feierten die Teilnehmer eine Heilige Messe mit dem Fuldaer KAB Diözesanpräses Pfarrer Christian Sack und dem Dipperzer Pfarrer Piotr Kownacki. Sack betonte in seiner Predigt, dass es Pflicht eines jeden Christen sei, sich für das Gemeinwohl einzusetzen und so dafür einen Beitrag zu leisten, dass alle Menschen ein gutes Leben haben.

In einem Grußwort bedankte sich der Dipperzer Bürgermeister Klaus-Dieter Vogler nicht nur für den Einsatz der KAB vor Ort, insbesondere für die Durchführung eines Kinder- und Jugendzeltlagers der KAB Dipperz für den Dipperzer Nachwuchs, sondern auch für das überregionale sozialpolitische Engagement. (pm) +++


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