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Packende und emotional bewegende Erzählungen der beiden Zeitzeuginnen Beate Gallus und Jutta Fleck (2. v.lks.) mit dem Leiter der Privaten Realschule, Martin Langsch (lks.) und Geschichtslehrer Fabian Seibert. - Foto: Sebastian Ruf

FULDA Die Frau vom Check Point Charlie

Zeitzeugin Jutta Fleck und Tochter zu Gast im Bildungsunternehmen Dr. Jordan

31.01.18 - Mucksmäuschenstill wird es, wenn Jutta Fleck und ihre Tochter Beate Gallus von ihrem missglückten Fluchtversuch aus der DDR erzählen, die Tochter aus Sicht der damals 9-Jährigen, die Mutter 35-jährig. Betroffenheit kommt auf bei den Zehntklässlern der Privaten Realschule: Kaum vorstellbar sind die Schilderungen der Zeitzeuginnen über die unnachgiebige Härte des DDR-Staates, die die Mutter von ihren beiden Töchtern im Jahr 1982 für lange Zeit trennt.

Jutta Fleck, damals Jutta Gallus, landet im berüchtigten Frauengefängnis Burg Hoheneck. Die Mädchen Beate (9) und Claudia (11) werden, ohne sich von der Mutter verabschieden zu dürfen, in ein Kinderheim gebracht. Dass der Schock tief sitzt, ist der heute 46-jährigen Tochter anzumerken. Die Stimme ist leicht gebrochen, wenn sie erzählt: "Wir wurden im Kinderheim noch nicht einmal mehr mit den Namen angesprochen. Wir waren nur noch Nummern, als Individuen ausgeblendet, nichts wert." Nur ein Ziel habe der Staat verfolgt: "Die Umerziehung zu guten sozialistischen Persönlichkeiten." Für die Mutter ist der Gefängnisalltag die Hölle, nach 26 langen Monaten wird sie vom Westen freigekauft, doch die Kinder müssen zurückbleiben. Immer wieder unterbrechen Mutter und Tochter ihre Erzählungen, um mit den aufmerksamen und interessierten Schülern zu diskutieren, dabei weisen sie auf die vielfachen Unterschiede zwischen Diktatur und Demokratie hin. Unverständnis herrscht bei den Jugendlichen über die damalige Willkür und Staatsmacht: "Nicht reisen zu können, wohin ich möchte? Kann ich mir nicht vorstellen."

Oder: "Meine Meinung nicht äußern zu dürfen, warum denn nicht?" Die weiteren Schilderungen von Jutta Fleck wurden in dem ARD-Zweiteiler "Die Frau vom Check Point Charlie" verfilmt und sind ebenfalls in einem Taschenbuch festgehalten. Am Berliner Grenzübergang steht die Mutter nach ihrer Übersiedlung in die BRD Tag für Tag, bei Wind und Wetter, mit einem Plakat, auf dem ihr lauter Protest zu lesen ist: "Gebt mir meine Kinder wieder." Auge in Auge steht sie hier mit den Grenzsoldaten der DDR. "Mir wurde gedroht, ich musste um mein Leben fürchten, doch meinen Kindern kam ich keinen Zentimeter näher." Erleichterung auf Seiten der Schüler bei der Schilderung, dass es nach vier Jahren doch noch gelang, die Mädchen in den Westen zu holen. "Endlich kam das erlösende Signal aus Berlin, dass ich meine Töchter wiedersehen werde."

Zahlreiche Fragen der Schüler schließen sich an die Ausführungen von Mutter und Tochter an. Eines bestätigen alle wie aus einem Mund: "Solch einen spannenden Geschichtsunterricht haben wir noch nie erlebt. Das ist viel eindrucksvoller als jede Unterrichtsstunde." Jutta Fleck wiederum, die heute als freie Mitarbeiterin bei der hessischen Zentrale für politische Bildung arbeitet, besucht regelmäßig Schulen, denn, so ihre Worte: "Gemeinsam mit vielen weiteren Zeitzeugen treten wir an gegen das Vergessen und möchten Mut machen für das eigene Leben." (pm) +++


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