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Ist unser Abitur zu lasch? - Differenzierte Meinungen von heimischen Experten. - Symbolbild: Pixabay

REGION Zur Kritik des Lehrerverbandspräsidenten

Ist unser Abitur zu lasch? - Differenzierte Meinungen von heimischen Experten

09.03.18 - Seit gestern schwitzen sie wieder: die hessischen Abiturienten. Mit Englisch ging es los, heute ist Chemie dran. Und es mag nicht wenigen von ihnen wie Hohn klingen, wenn der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, derzeit die sinkenden schulischen Anforderungen im deutschen Bildungssystem kritisiert: „Man kann bei der Masse an Einser-Abiturienten die wirklich herausragenden gar nicht mehr erkennen“, sagte er jüngst der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Die Politik habe aus Sorge vor schlechteren Abiturschnitten die Anforderungen gesenkt, etwa die mündliche Prüfung aufgewertet. „Das war natürlich genau der falsche Weg.“ Damit wolle er nicht sagen, „dass die Schüler heute nichts mehr können“, betont Meidinger. Aber: Für eine Leistung, für die man vor zehn Jahren die Note 2 bekommen hätte, bekämen Schüler heute eben häufig eine 1. - Ist das hiesige Bildungssystem also zu lasch? Was meinen heimische Vertreter der Schullandschaft dazu? OSTHESSEN|NEWS hat nachgefragt.

Reinhard Schwab Foto: Hessischer Philologenverband

Reinhard Schwab, Fuldaer Bezirksvorsitzender im Hessischen Philologenverband, sagt: "Meidingers Aussage stimme ich grundsätzlich zu. Wir müssen die Qualität des Abiturs - wie die aller anderen Abschlussprüfungen übrigens auch - kritisch in den Blick nehmen. Über die Jahre hinweg hat sich die Tendenz eingeschlichen, die Messlatte niedriger zu legen, um Abschlüsse zu generieren; dies stellt Bildungspolitiker zufrieden, natürlich auch die Absolventen und deren Eltern. Allerdings büßten die Noten an Aussagekraft ein. Die Fuldaer Gymnasien müssen sich in Sachen Qualität nicht verstecken, es gibt nach wie vor hervorragende Leistungen. Die Entwicklung des Abiturs zu einer „Breitensport-Disziplin“ hat ihre Grenzen, wir dürfen dabei den Leistungssport nicht vernachlässigen."

Dr. Oswald Post Foto: ON-Archiv

Matthias Höhl Foto: ON-Archiv

Dr. Oswald Post, der Schulleiter der Fuldaer Marienschule, sieht die Problematik in erster Linie bei den Hochschulen, deren Eingangsvoraussetzungen zu sehr an den Schulnoten gekoppelt seien. „Das Bundesverfassungsgericht hat das ja schon für die Fachrichtung Medizin angemahnt. Es geht nur um den Numerus clausus, soziale Kompetenz spielt keine Rolle. Die Folge ist, dass der Druck auf die Schüler und das Elternhaus wächst, um bessere Noten zu bekommen. Ich denke nicht, dass der Schulstoff an sich leichter wurde, im Gegenteil: In der Mathematik und in den Sprachen ist er in den letzten Jahrzehnten anspruchsvoller geworden.“

Das sieht auch Matthias Höhl, der Direktor des Domgymnasiums, ähnlich: „Das Abitur ist deutlich komplexer geworden, was dem Umstand geschuldet ist, dass die Welt in den letzten 50 Jahren viel komplexer geworden ist.“ Höhl verweist auf einen wichtigen Aspekt in Meidingers Ausführungen: „Ihm geht es ja vor allem darum, dass die Bundesländerleistungen vergleichbarer werden müssen. Wenn ein Kind aus Bremen, Berlin oder Nordrhein-Westfalen zum Beispiel nach Fulda zieht, hängt es - was den Stoff betrifft - teilweise bis zu zwei Schuljahren hinterher. Da sind wir hier in Hessen zum Glück sehr gut aufgestellt.“

Foto: ON-Archiv

Das Staatliche Schulamt für den Landkreis Fulda in der Josefsstraße Foto: ON-Archiv

Schlussendlich meint Rita Schmidt-Schales vom Staatlichen Schulamt für den Landkreis Fulda: "Die Aufgaben, die im Hessischen Landesabitur gestellt werden, sind durchaus anspruchsvoll. Umfragen bei Lehrerinnen und Lehrern, die als Prüferinnen und Prüfer in den vergangenen Jahren am Landesabitur teilgenommen hatten, haben eine hohe Zufriedenheit mit dem Anforderungsniveau der Abituraufgaben in den einzelnen Fächern ergeben. Im vergangenen Jahr wurden Aufgaben aus dem gemeinsamen Aufgabenpool der Bundesländer in die schriftlichen Prüfungen mit einbezogen, die ebenfalls auf eine sehr hohe Zustimmung bei den beteiligten Lehrkräften gestoßen sind. Zu bedenken ist jedoch, dass die mündlichen und schriftlichen Abiturprüfungen nur einen Teil der Abiturdurchschnittsnote ausmachen, denn die Leistungen, die in den zwei Jahren der Qualifikationsphase erbracht wurden, gehen zu zwei Drittel in die Gesamtnote ein.

Die Schulen im Raum Fulda ermöglichen es den Schülerinnen und Schülern, ein hohes Lernniveau zu erreichen, indem sie anspruchsvollen Unterricht anbieten und zugleich dem einzelnen Schüler sowie der einzelnen Schülerin auf dem Lernweg Förderung und Unterstützung zukommen lassen, so dass Fördern und Fordern in einem ausgewogenen Verhältnis stehen." (Matthias Witzel) +++


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