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Ist unser Abitur zu lasch? - Differenzierte Meinungen von heimischen Experten
09.03.18 - Seit gestern schwitzen sie wieder: die hessischen Abiturienten. Mit Englisch ging es los, heute ist Chemie dran. Und es mag nicht wenigen von ihnen wie Hohn klingen, wenn der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, derzeit die sinkenden schulischen Anforderungen im deutschen Bildungssystem kritisiert: „Man kann bei der Masse an Einser-Abiturienten die wirklich herausragenden gar nicht mehr erkennen“, sagte er jüngst der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Die Politik habe aus Sorge vor schlechteren Abiturschnitten die Anforderungen gesenkt, etwa die mündliche Prüfung aufgewertet. „Das war natürlich genau der falsche Weg.“ Damit wolle er nicht sagen, „dass die Schüler heute nichts mehr können“, betont Meidinger. Aber: Für eine Leistung, für die man vor zehn Jahren die Note 2 bekommen hätte, bekämen Schüler heute eben häufig eine 1. - Ist das hiesige Bildungssystem also zu lasch? Was meinen heimische Vertreter der Schullandschaft dazu? OSTHESSEN|NEWS hat nachgefragt.
Reinhard Schwab, Fuldaer Bezirksvorsitzender im Hessischen Philologenverband,
Dr. Oswald Post
Das sieht auch Matthias Höhl, der Direktor des Domgymnasiums, ähnlich: „Das Abitur ist deutlich komplexer geworden, was dem Umstand geschuldet ist, dass die Welt in den letzten 50 Jahren viel komplexer geworden ist.“ Höhl verweist auf einen wichtigen Aspekt in Meidingers Ausführungen: „Ihm geht es ja vor allem darum, dass die Bundesländerleistungen vergleichbarer werden müssen. Wenn ein Kind aus Bremen, Berlin oder Nordrhein-Westfalen zum Beispiel nach Fulda zieht, hängt es - was den Stoff betrifft - teilweise bis zu zwei Schuljahren hinterher. Da sind wir hier in Hessen zum Glück sehr gut aufgestellt.“
Schlussendlich meint Rita Schmidt-Schales vom Staatlichen Schulamt für den Landkreis Fulda: "Die Aufgaben, die im Hessischen Landesabitur gestellt werden, sind durchaus anspruchsvoll. Umfragen bei Lehrerinnen und Lehrern, die als Prüferinnen und Prüfer in den vergangenen Jahren am Landesabitur teilgenommen hatten, haben eine hohe Zufriedenheit mit dem Anforderungsniveau der Abituraufgaben in den einzelnen Fächern ergeben. Im vergangenen Jahr wurden Aufgaben aus dem gemeinsamen Aufgabenpool der Bundesländer in die schriftlichen Prüfungen mit einbezogen, die ebenfalls auf eine sehr hohe Zustimmung bei den beteiligten Lehrkräften gestoßen sind. Zu bedenken ist jedoch, dass die mündlichen und schriftlichen Abiturprüfungen nur einen Teil der Abiturdurchschnittsnote ausmachen, denn die Leistungen, die in den zwei Jahren der Qualifikationsphase erbracht wurden, gehen zu zwei Drittel in die Gesamtnote ein.
Die Schulen im Raum Fulda ermöglichen es den Schülerinnen und Schülern, ein hohes Lernniveau zu erreichen, indem sie anspruchsvollen Unterricht anbieten und zugleich dem einzelnen Schüler sowie der einzelnen Schülerin auf dem Lernweg Förderung und Unterstützung zukommen lassen, so dass Fördern und Fordern in einem ausgewogenen Verhältnis stehen." (Matthias Witzel) +++