Archiv
Die beiden Macher der Sonne: Jens Diegelmann und Sezgin Gülseren - Fotos: Carina Jirsch

FULDA Kult-Kneipe schließt

Bye bye, Sonne! - Auf ein letztes Frühstück mit "Gülli" und Jens

10.03.18 - Fast schon versöhnlich reicht mir Jens den großen Teller mit dem Rührei: „Ich glaube diese Kreation mit Schinken, Käse und Peperoni hat es in 17 Jahren Sonne noch nicht gegeben“, sagt er, „hau rein, Junge!“ Versöhnlich, weil es zuvor erst einmal eine Standpauke gab: „Du kannst mich doch nicht abends um halb 9 anrufen. Ich geh’ nach 15 Uhr nicht mehr ran - sonst würde ich verrückt werden.“

Die letzte Weinprobe in der Sonne - diesmal im Stehen Foto: Hendrik Urbin

Es ist eine der letzten Frühstücks-Sessions im Tag- und Nachtcafé Sonne, aber davon ist nichts zu spüren. Jeden Morgen um kurz nach acht sitzen Jens Diegelmann, Sezgin Gülseren, Koch Cody Cash und meist auch Charles Baker gemeinsam am Tisch, trinken einen frisch aufgebrühten Kaffee und genießen ihr Rührei. „Das ist die einzige Zeit am Tag, in der wir mal Ruhe haben. Und die lassen wir uns nicht nehmen.“

OSTHESSEN|NEWS beim ganz privaten Sonnen-Frühstück

"Gülli" und Jens freuen sich auf Samstag. Den Tag, an dem die Sonne für immer untergehen wird. Zwar mit einer fetten Party, aber doch zum Leidwesen vieler, vieler Stammgäste. "Gastronomie ist so unglaublich anstrengend. Gerade wenn man selbstständig ist", sagt Gülli. Und Jens ergänzt: "Das Essen machen und servieren, der Kontakt zum Gast, das ist alles kein Problem. Das macht uns ja Spaß. Aber du musst dich um alles kümmern, immer da sein, Personal bei der Stange halten und wenn etwas schief oder kaputtgeht, ist es dein Problem."

Alle paar Minuten kommt jemand rein, marschiert mit einem genuschelten „Morgen“ in die Küche, kommt mit einer Tasse Kaffee wieder heraus und verlässt die Kult-Kneipe auch ebenso wortkarg wieder. Während ich jedes mal etwas aufschrecke und mit Verwunderung beobachte, was geschieht, lassen sich die anderen nicht ablenken. „Jeden Morgen kommen bestimmt ein Dutzend Leute, um sich ihren Kaffee zu holen. Ich hab’ da gar nichts mitzureden“, sagt Jens und lacht.

Sie sind ehrlich und machen kein Geheimnis daraus. Es waren schöne 17 Jahre in der Sonne. Aber es war auch eine anstrengende Zeit. Eine solch aufrichtige Ehrlichkeit sucht man in der Gastronomie oft vergebens. Alles muss edel, schnieke und nahe der Perfektion sein. Nicht in der Sonne: "Wenn hier jemand mit schlechter Laune reinkommt, schmeiß' ich ihn auch raus. Das ist nicht selten vorgekommen", erinnert sich Jens, "das ist unser Laden und wir wollen Spaß und gute Laune haben. So jemand ist hier dann falsch."

Nur 20 Minuten hat die "einzige Zeit am Tag, an der wir Ruhe haben" gedauert. Denn kurz nach halb neun kommt ein Pärchen zum Frühstücken. "Was darf ich euch zwei Verliebten denn zu trinken bringen", ruft Jens den beiden entgegen. Sofort herrscht ein wenig Aufbruchstimmung am Tisch. Schnell den letzten Bissen Brötchen verputzen, die Teller wegräumen und ab an die Arbeit. Schade, denn die Gespräche waren fröhlich, locker und offen - so wie die Sonne eben.

Gerade weil von Perfektion keine Spur ist, weil der Putz hier und da von den Wänden bröckelt, Tische und Stühle schon bessere Zeiten gesehen haben und die Toiletten - naja - nicht gerade der heutigen Norm einer Gastronomie entsprechen, ist die Sonne ein besonderer Ort. Hier ist diese Oberflächlichkeit nicht so wichtig - gewesen. (Julius Böhm) +++


Über Osthessen News

Kontakt
Impressum

Apps

Osthessen News IOS
Osthessen News Android
Osthessen Blitzer IOS
Osthessen Blitzer Android

Mediadaten

Werbung
IVW Daten


Service

Blitzer / Verkehrsmeldungen Stellenangebote
Gastro
Mittagstisch
Veranstaltungskalender
Wetter Vorhersage

Social Media

Facebook
Twitter
Instagram

Nachrichten aus

Fulda
Hersfeld Rotenburg
Main Kinzig
Vogelsberg
Rhön