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Der Angeklagte und sein Verteidiger - Fotos: Klaus Dehnhard

FULDA "Wahrnehmungsstörungen"

24-Jähriger wegen versuchter sexueller Nötigung und Taxidiebstahl vor Gericht

18.04.18 - Ein 24-Jähriger musste sich heute vor dem Amtsgericht Fulda wegen diverser Delikte verantworten - am schwersten wog der Vorwurf der sexuellen Nötigung gegen eine junge Angestellte einer Spielothek und der Überfall auf einen Taxifahrer, dessen Wagen er an sich bringen wollte. Laut Anklage hatte der 24-Jährige am 05.03.2017 gegen 02:00 Uhr nachts ein Spielcasino in der Mittelstraße in Fulda betreten. Wie die vor Gericht gezeigten Bilder der Überwachungskamera dokumentierten, begab er sich nach kurzem Gespräch plötzlich hinter den Tresen, umfasste die Angestellte von hinten an Oberschenkel und Hüfte und trug die sich Wehrende so ins Obergeschoss vor die Toiletten. Die Abwehrversuche der Frau führten dazu, dass der Angeklagte diese noch fester umklammerte. Zu einem sexuellen Übergriff sei es nur deswegen nicht gekommen, weil weitere Gäste des Spielcasinos der Geschädigten zur Hilfe eilten.

Das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Christoph Mangelsdorf

Gegen 02:55 Uhr in derselben Nacht soll der Angeklagte in der Fuldaer Bahnhofstraße ein Taxi bestiegen haben, um sich in den Bereich Langebrückenstraße/Weimarer Straße fahren zu lassen. Als die dortige Ampel auf rot stand, soll der Angeklagte mehrfach auf den rechten Arm und Oberkörper des Taxifahrers eingeschlagen haben. Dieser flüchtete aus Angst aus dem Wagen. Der 24-Jährige wechselte auf den Fahrersitz und versuchte mehrfach vergeblich, das Taxi zu starten. Nach seiner anschließenden Festnahme soll der Angeklagte trotz Fesselung randaliert und einen Polizisten dabei verletzt haben. Dieser erlitt Prellungen im Bereich der Brust und am Kinn und Kiefergelenk.

Signale der Angestellten falsch gedeutet?

Insgesamt waren am heutigen Mittwochvormittag 14 Zeugen geladen, die das tatsächliche Tatgeschehen erhellen sollten. Obwohl der Vorfall in dem Casino mehr als ein Jahr zurückliegt, konnte die genötigte Angestellte beim Anblick des Angeklagten nur schwer die Fassung wahren, sodass dieser sich aus ihrem Sichtfeld entfernen musste. Die junge Frau schilderte - immer wieder in Tränen ausbrechend - wie sie sich plötzlich von hinten umklammert, hochgehoben und die Treppe hoch getragen sah, ohne sich aus der Umklammerung lösen zu können. Sie habe um Hilfe gerufen, Zeugen hätten zum Glück schlimmeres verhindert. Sie habe unter Schock gestanden und arbeite seither nicht mehr im Servicebereich. Der Angeklagte erklärte, er habe gesehen, dass die junge Frau ihn angelächelt und "die Beine gekreuzt" habe. Das habe er als Einverständnis gedeutet. "Sie war wie eine reife Frucht, sie war reif", sagte er wörtlich.

Sein Motiv, anschließend den Taxifahrer zu attackieren und seinen Versuch, den Wagen zu stehlen, erklärte der 24-Jährige mit den Worten: "Ich brauchte Geld!" Er ist gelernter Koch, hat als Security-Mitarbeiter gearbeitet, aber beide Jobs verloren. Seinen Widerstand gegen die Polizisten auf der Polizeistation erklärte er als "Blitzreflex" und Versehen. Angeblich sei er während der Taten "angeheitert" gewesen, habe zuvor mehrere Biere und Schnaps getrunken. Doch das Ergebnis der Blutprobe zeigte keinerlei Alkohol-, wohl aber Cannabiskonsum.

Aussage "aus dem Reich der Märchen"

Staatsanwalt Harry Wilke

Staatsanwalt Harry Wilke konstatierte in seinem Plädoyer, die Einlassungen des Angeklagten seien vielleicht gut gemeint, gehörten aber größtenteils "ins Reich der Märchen", die Zeugenaussagen und das Video zeigten etwas anderes. Die Tatsache, dass sich der 24-Jährige wegen verschiedener psychischer Probleme zur Zeit in der geschlossenen Psychiatrie aufhalten muss, bedeute aber keine Einschränkung seiner Schuldfähigkeit. Er forderte eine Gesamtstrafe von 18 Monaten auf Bewährung. Der Verteidiger versuchte nicht, die erwiesenen Vergehen zu beschönigen, führte aber die Erkrankung und das Geständnis seines Mandanten als strafmildernd an und plädierte auf 7,5 Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung.

Richter Christoph Mangelsdorf hielt es in seiner Begründung durchaus für möglich, dass der Angeklagte während der Begehung der Taten unter Wahrnehmungsstörungen gelitten hat. "Der Fall ist problematisch wegen der mangelnden Einsichtsfähigkeit des Angeklagten, seine Erkrankung könnte diese Fehlsicht erklären." Er wertete die Tatsache, dass der 24-Jährige keine Vorstrafen hat, sein Teilgeständnis und seine Entschuldigung bei den Opfern positiv. Das Urteil: ein Jahr Freiheitsstrafe, die drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden und hundert Stunden gemeinnützige Arbeit, sobald der junge Mann aus der Psychiatrie entlassen wird. Er muss die Kosten des Verfahrens tragen und bekommt einen Bewährungshelfer an die Seite gestellt. "Ich brauche dringend eine Vollbeschäftigung", waren seine letzten Worte. (Carla Ihle-Becker)+++


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