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Stadt Hanau - Foto: dpa

HANAU Gewachsenes Selbstbewusstsein

Bald kleinste Großstadt Hessens: Hanau will bis 2021 kreisfrei werden

26.06.18 - Oberbürgermeister Claus Kaminsky nennt es eine "epochale Entscheidung", nämlich zum 1. April 2021 Hanaus Kreisfreiheit zu erlangen. Dass sich Hanau bei diesem Prozess auf eine breite, über die Stadtgrenzen hinaus reichende Mehrheit verlassen kann, zeigte eine gemeinsame Pressekonferenz des hauptamtlichen Magistrats mit dem Landrat des Main-Kinzig-Kreises, Thorsten Stolz, und den beiden Landtagsabgeordneten Heiko Kasseckert und Christoph Degen. Dabei bekundeten auch alle Stadtverordneten den Kurs, Hanaus gewachsenem Selbstbewusstsein als bald kleinster Großstadt Hessens Rechnung zu tragen und kreisfrei werden zu wollen.

Kaminsky berief sich in der Pressekonferenz auf das kommunale Selbstbestimmungsrecht, wie es im Grundgesetz verankert ist. Entscheidend sei, sich die damit verbundenen Aufgaben auch zuzutrauen, um größtmögliche Nähe herzustellen zwischen Rathaus und Bürgerschaft. Bisher sei es so, dass viele Entscheidungen für Hanau andernorts, nämlich im Gelnhäuser Kreishaus getroffen würden. Der Oberbürgermeister hob hervor, dass die Kreisfreiheit der Brüder-Grimm-Stadt in ihren 875 Jahren eher die Regel und nicht die Ausnahme wie jetzt seit 1974 gewesen sei.

Was die Finanzfolgen durch die Kreisfreiheit angehe, "können wir sie so weit einschätzen, dass wir wissen, uns auf kein Abenteuer einzulassen", verdeutlichte Kaminsky. Das neue Finanzausgleichsgesetz, das für den Jahresbeginn 2021 oder 2022 zu erwarten ist, werde grundsätzlich Hanau und den Main-Kinzig-Kreis weder ärmer noch reicher machen, hier baue er auf den Landesgesetzgeber. Wie es dann allerdings um die Sonderstatusstädte bestellt sei, zu denen Hanau bisher zählt, das sei womöglich mit erheblichen Risiken verbunden.

Landrat Stolz betonte, dass der Main-Kinzig-Kreis der Stadt Hanau auf dem Weg zur Kreisfreiheit keine Steine in den Weg lege. Die Wirtschaftskraft des Kreises bleibe groß, auch wenn er ohne Hanau mit dann rund 322.000 Einwohnerinnen und Einwohnern hinter Offenbach nur noch der zweitgrößte hessische Landkreis sein würde. Hanau werde freilich zusätzliche Aufgaben vom Kreis in Eigenverantwortung übernehmen müssen, wenngleich auch Kooperationsverträge möglich seien. Er zählte auf: Migrantenhilfe, Betreuung von Langzeitarbeitslosen und Behinderten, Sozialamt, Führerscheinstelle, Veterinär- und Gesundheitsamt, Wasser- und Bodenschutz, Abfallwirtschaft und Rettungsleitstelle. Ein Landesgesetz, das nach der Landtagswahl im kommenden Oktober erst für 2019 zu erwarten ist, müsse regeln, wie der Personalübergang erfolge und wie der finanzielle Ausgleich erfolge.

Der Landtagsabgeordnete Kasseckert rechnet damit, dass sich im Zuge einer tiefergreifenden Anpassung der Zuschnitt der Landtagswahlkreise in der nächsten Legislaturperiode ändere. Dem Main-Kinzig-Kreis stehe ein vierter zu, und der könne womöglich Hanau allein zufallen.

Kasseckert sagte weiter, die "sehr starke Entwicklung Hanaus" in den vergangenen Jahren führe praktisch zwangsläufig zur Kreisfreiheit. Mit dieser erlange Hanau "viel mehr Selbständigkeit und Gestaltungsspielraum, aber auch mehr Verantwortung". Die Metropolregion Rhein-Main habe vor allem im Osten noch großes Potenzial für Wohnen und Gewerbe. Hiervon profitierten der Kreis und Hanau mit zwei eigenständigen Stimmen noch mehr als bisher.

Der Landtagsabgeordnete Degen stellte in Aussicht, dass Hanau für das Ziel seiner Kreisfreiheit im Landtag mit "großem Konsens" rechnen könne. Er gratulierte der Stadt für die Politik der vergangenen Jahre die eine gute Stadtentwicklung befördert und Hanau attraktiver gemacht habe.

Dass auch der Hessische Städtetag hinter Hanaus Weg steht, bekräftigte dessen Direktor Dr. Jürgen Dieter. Er meinte, die breite Unterstützung dafür sei ebenso ungewohnt wie erleichternd, um das gesteckte Ziel zu erreichen. Der jetzige Status als Sonderstatusstadt sei nicht risikofrei für Hanau, was die Finanzausstattung durch das Land angehe.

Hanaus Stadtverordnetenvorsteherin Beate Funck freute sich: "Dass wir Unterstützung von so vielen Seiten erhalten, das ist gut so." Alle Fraktionen und die beiden fraktionslosen Abgeordneten waren sich einig, die Kreisfreiheit anzustreben. Nach der Sommerpause wollen sie einen 2005 schon einmal beschlossenen Antrag mit diesem Ziel untermauern. Eine Arbeitsgruppe haben die Stadtverordneten schon gebildet und bereits getagt. Transparenz und Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürgerschaft, wie aus den Fraktionen heraus angemahnt, versprach Oberbürgermeister Kaminsky.

Bürgermeister Axel Weiss-Thiel betonte, dass auch eine kreisfreie Stadt Hanau "ihren Charakter als soziale Stadt bewahren muss". Mit eigener Zuständigkeit könne Hanau Sozial- und Arbeitsmarktpolitik besser verzahnen. Das Finanzvolumen verdoppelt sich seiner Rechnung nach, Weiss-Thiel sprach zugleich von zu erwartenden Synergien. Es gebe noch viel zu klären, Kooperationen mit Kreis und Agentur für Arbeit seien denkbar. Hanau könnte einen eigenen Gestaltungsspielraum im Rahmen der Gesetze erlangen und die Förderung für Bildung und Arbeitsmarkt verbessern.

Stadtrat Thomas Morlock ist sicher, dass eine kreisfreie Großstadt Hanau im Konzert der Oberzentren der Rhein-Main-Region eine stärkere Stimme haben werde. Als Beispiele nannte er den Aufsichtsrat des RMV, den Planungsverband und eine bessere Verhandlungsposition für mehr ICE-Halte am Hauptbahnhof. In der Abfallwirtschaft würde Hanau Entsorgungsträger und hätte keine Andien- und Überlassungspflicht mehr gegenüber dem Kreis. Mit eigener Entscheidungsfreiheit habe Hanau vielleicht auch mehr Einfluss auf Deponiegebühren, die der Kreis jetzt um 30 bis 40 Prozent angehoben hat. Dennoch sei auch auf diesem Feld dankbar, dass Hanau mit dem Kreis kooperiere. (pm) +++


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