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Seit zwei Jahren bietet die Selbsthilfegruppe Seelenanker Hilfestellungen. - Fotos: Stefanie Harth

BEBRA Ein Anker für die Seele

"Vergiss nicht, dich selbst zu lieben": Selbsthilfegruppe als Anlaufstelle

01.09.18 - Auf der Innenseite seines rechten Unterarms prangt der Schriftzug „Don't forget to love yourself“ („Vergiss nicht, dich selbst zu lieben“). Seinen linken Unterarm ziert der Mutmachslogan „Stay strong“ („Halte durch“). Beide Tattoos sind Christian Lübecks persönliche Anker. Vor acht Jahren – kurz nach dem Tod seiner Oma – verlernte der Cornberger, sich selbst zu lieben. „Die Angst kam von heute auf morgen. Man hat das Gefühl, dass man sterben muss oder umzukippen droht, ist aber körperlich kerngesund“, sagt der 36-Jährige, der vor zwei Jahren die Selbsthilfegruppe „Seelenanker Bebra“ aus der Taufe gehoben hat.

Für eine Atmosphäre, in der Menschen sich öffnen können, wenn sie möchten, sorgt ...

Foto: Gerhard Manns

Depressionen und Angststörung, die zu den häufigsten psychischen Erkrankungen zählen, sind in unserer Gesellschaft noch immer ein Tabuthema. Laut Christian Lübeck sehen sich Betroffene alltäglich mit dem Standardspruch „Stell dich doch nicht so an, reiß dich zusammen – so schlimm ist das doch nicht“ konfrontiert. Das Resultat: „Man versinkt immer tiefer in einem Strudel aus Panik, innerer Unruhe, Ohnmacht und Isolation“, berichtet der Cornberger. „Es mangelt an Verständnis: Keiner hört dir zu, niemand reicht dir die Hand.“ In diesem Zusammenhang spricht der ausgebildete Einzelhandelskaufmann von einem „Teufelskreis“.

Christian Lübeck, der unter Depressionen und Angststörung leidet, zieht sich in jungen Jahren zurück, geht seinen Mitmenschen aus dem Weg. Dank fachkundiger Hilfe findet er Schritt für Schritt zurück ins Leben. „Man muss Depressionen und Angststörung als ‚gute Freunde‘ annehmen, akzeptieren und versuchen, damit umzugehen“, betont er.

Während eines Aufenthalts in einer Reha-Klinik – „dort hatte ich viel Zeit zum Nachdenken“ – fasst er den Entschluss, eine Selbsthilfegruppe für seelische Gesundheit sowie Angst-Panik-Depression zu gründen. Der „Seelenanker Bebra“ ist geboren. Ziel sei es, auch denjenigen Menschen, die im ländlichen Raum leben, eine Chance zu geben, sich gegenüber Gleichgesinnten öffnen zu können.

„Wir sind eine Gruppe selbst Betroffener mit eigenen Erfahrungen bei Ängsten und Depressionen“, erzählt Christian Lübeck. „Unsere Gruppe wird nicht von Therapeuten und Fachärzten geleitet. Wir sind alles Laien, gleichwertig für uns selbst verantwortlich – und wir achten die Schweigepflicht.“ Beim „Seelenanker“ stehe der Mensch im Mittelpunkt, und nicht dessen Diagnose.

Den Austausch mit Gleichgesinnten empfindet Andreas Becker, Teilnehmer der Selbsthilfegruppe, als „entlastend“. Anfangs steht der 46-Jährige dem Unterfangen skeptisch gegenüber. „Dann habe ich mich darauf eingelassen und festgestellt, dass es mir hilft“, sagt er. „Du durchbrichst quasi deine Isolation und nimmst wieder an der Gesellschaft teil.“

Für eine Atmosphäre, in der Menschen sich öffnen können, wenn sie möchten, sorgt Christian Lübeck als ehrenamtlicher Gruppenleiter. Andreas Becker unterstützt ihn dabei. Eine Tasse Tee gehört ebenso zu den regelmäßigen Treffen dazu wie süße Seelentröster. „Den berühmt-berüchtigten Stuhlkreis gibt es bei uns nicht“, meint der Gruppensprecher.

Eingestiegen wird mit einer „Blitzlichtrunde“. „Hier kann jeder kurz zusammenfassen, wie es ihm aktuell geht, was er erlebt hat oder was ihn bewegt“, erläutert Lübeck. Wenn es gewünscht sei, könne nachfolgend intensiver auf einzelne Themen eingegangen werden. Es folgen lockere, unverkrampfte Gespräche. Mit einem „Abschlussblitzlicht“ als Momentaufnahme werde der Abend beschlossen. Selbstverständlich werde alles Gesagte streng vertraulich behandelt.

Die „Seelenanker“-Teilnehmer treffen sich in drei Gruppen dienstags, mittwochs oder donnerstags im vierzehntägigen Turnus jeweils von 18.30 bis 20.30 Uhr. Anmeldung und Infos bei Christian Lübeck, Telefon: 0160/93883454 oder per E-Mail unter [email protected]. (Stefanie Harth) +++


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