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Die hessische SPD-Generalsekretärin und Obfrau im NSU-Untersuchungsausschuss Nancy Faeser (im Hintergrund Birgit Kömpel) - Fotos: Carina Jirsch

FULDA Vier Abschlussberichte von fünf Parteien

Die große Pleite: Vierjähriger NSU-Untersuchungsausschuss im Landtag floppt

18.09.18 - Als der Türke Halit Yozgat am 6. April 2006 in seinem Internet-Café in Kassel erschossen wurde, verdächtigte die Polizei zunächst für eine längere Zeit seine eigene Familie. Erst im Jahr 2011 fanden die Behörden heraus, dass Yozgat ein Opfer des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) gewesen war - jener neonazistischen terroristischen Gruppierung um Beate Zschäpe, die zwischen 2000 und 2007 neun Migranten und eine Polizistin ermordete und drei Sprengstoffanschläge sowie 15 Raubüberfälle verübte. Ein Untersuchungssausschuss im Landtag sollte in den vergangenen vier Jahren klären, ob es behördliche Defizite gegeben hatte, weswegen die NSU auch in Hessen so lange im Untergrund verborgen bleiben konnte. Der Ausschuss war der aufwändigste in der Geschichte des Landtags: 66 Sitzungen, mehr als 100 vernommene Zeugen, 1.852 bearbeitete Aktenordner.

Steffen Eckel moderierte durch den Abend.

Dies war die Ausgangslage für eine Info-Veranstaltung des SPD-Unterbezirks in Kooperation mit dem Bündnis "Fulda stellt sich quer gegen Rassismus" am Montagabend im SPD-Café "Zum roten August Bebel" in der Fuldaer Innenstadt. Hauptreferentin war Nancy Faeser, SPD-Generalsekretärin in Wiesbaden und Obfrau im Untersuchungsausschuss. Faeser stellte fest, dass in allen Bundesländern, in denen NSU-Verbrechen begangen wurden, sowie im Bundestag Ausschüsse gebildet wurden, die parteiübergreifend gearbeitet haben und zu einem einheitlichen Abschlussbericht gekommen sind.

"Nur nicht in Hessen", fügte Faeser hinzu, "hier kam der Untersuchungsausschuss auf Initiative der Opposition zustande. Die schwarz-grüne Regierung hat sich damals bei der Abstimmung pro oder contra enthalten." Als mögliche Begründung nannte die Genossin, dass Ministerpräsident Volker Bouffier im Jahr 2006 Innenminister gewesen ist und daher damals in der Verantwortung für etwaige behördliche Fehler - etwa des Verfassungsschutzes - gestanden habe.

Die Vorsitzende des SPD-Unterbezirks und MdL Sabine Waschke

Der Ausschuss stellt zwar einmütig fest, dass die Neonaziszene in Deutschland und im Ausland gut vernetzt ist. Generell aber hätten Regierung und Opposition mehr gegen- als miteinander gearbeitet. "Das fing bereits bei der Bewertung der Fakten an. Zur Tatzeit war ein Verfassungsschützer in dem Internet-Café und musste den Mord mitbekommen haben. CDU und Grüne haben das nicht so gesehen. Der Verfassungsschützer hat vor und nach der Tat mit V-Leuten telefoniert. Die wollte die Opposition natürlich verhören. Das hat Bouffier einseitig abgelehnt - auf Anraten des Verfassungsschutzes und gegen die Empfehlung der Polizei." Dass die SPD dem Ministerpräsidenten Vertuschung vorwirft, ist durch die Medien hinlänglich bekannt. Persönlich nimmt Faeser es Bouffier übel, dass er sich nie in irgendeiner Form entschuldigt habe.

Das SPD-Café "Zum roten August Bebel" Vor dem Peterstor

Seit August liegen nun gleich vier Untersuchungsberichte vor: von Schwarz-Grün, der SPD, der Linken sowie der FDP. Auf welche Seite man sich dabei stellen soll, mag hier nicht entschieden werden. Dass man aber in einer Zeit, wo die Republik nach Chemnitz blickt, sich in Wiesbaden nicht parteiübergreifend zusammenraufen konnte und an einem Strang zog, stimmt nachdenklich, traurig und wütend. Oder wie Nancy Faeser sagte: "Das war nach außen kein gutes Signal." (Matthias Witzel) +++


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