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Das Kern-Team, von links: Andreas Rickert-Lützen, Miriam Hartlaub, Rolf Strohmann - Fotos: Marius Auth

FULDA Seit 3. September 1998 auf Sendung

20 Jahre Offener Kanal Fulda: "Wir waren das erste Bürgerfernsehen"

22.10.18 - 1984 startete mit dem Kabelpilotprojekt Ludwigshafen das duale Rundfunksystem in Deutschland. Offene Kanäle, auf denen Bürger vom Urlaubsfilm bis zur politischen Diskussion senden konnten, was sie umtrieb, wurden als weiterer Beitrag zur Meinungsvielfalt gesehen. Vor 20 Jahren, am 3. September 1998, ging der Offene Kanal Fulda als viertes Bürgerfernsehen Hessens auf Sendung. Inzwischen reichen die Angebote des Medienprojektzentrums weit über Videoschnittkurse und Kameraverleih hinaus. Um ein Haar hätte Rüsselsheim den Zuschlag bekommen, nur aktives Lobbying hinter den Kulissen hat der Barockstadt ihren "Fernsehsender" gebracht.

Neben Kassel, Gießen und Offenbach, die damals bereits sendeten, sollte im Osten Hessens ein weiterer Offener Kanal etabliert werden: "Eine Bewerbung bei der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien hat für Fulda Sinn gemacht, weil schon 40.000 Haushalte verkabelt waren, eines der Kriterien für den Zuschlag. Letztlich hat aber ein ehrenamtliches Gremium mit Mitgliedern aus gesellschaftsrelevanten Gruppierungen entschieden, ähnlich dem Rundfunkrat. Und da hatten wir den Vorteil, mit Winfried Engel aus Fulda einen starken Fürsprecher im Gremium zu haben. Das war unser Glück, denn für einen fünften Offenen Kanal in Hessen hat das Geld dann nicht mehr gereicht", erklärt Rolf Strohmann, der seit Anfangstagen die Geschicke des "OK" lenkt, inzwischen mit zwei Medienassistenten an seiner Seite.

Leiter Rolf Strohmann (links) mit Fürsprecher Winfried Engel

Durch "Lichtfunken" bekannt: Maria-Theresia Mihm (rechts) mit Medienassistentin ...

Hanns-Uwe Theele ("Theele-Visionen")

OK-Urgestein Dirk Vollmar (links)

Shaid Naeem Aman ("Stunde des Islam")

OB Dr. Heiko Wingenfeld (rechts)


1,2 Prozent der hessischen GEZ-Einnahmen gehen an die vier Offenen Kanäle, die Studio-Infrastruktur und Leih-Equipment stellen, sonst aber keine Vorgaben bei den Inhalten machen: "Alles, was gesetzlich erlaubt ist, müssen wir senden - wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Lediglich jugendschutzrelevante Inhalte werden gern nach 20 Uhr gesendet. Wir strahlen donnerstags und freitags von 18 bis 22 Uhr aus, dürften aber 24 Stunden am Tag senden. Wir greifen den Leuten gern unter die Arme, was Videoschnitt und Kamerabedienung betrifft, technische oder dramaturgische Vorgaben gibt es aber nicht." 1999 machte der Offene Kanal mit einer Live-Übertragung vom Rosenmontagszug auf sich aufmerksam, mit dem Aufzeichnungswagen direkt vorm alten Standort Unterm Heilig Kreuz, in dem inzwischen das Hotel Platzhirsch untergekommen ist. "Ganz Fulda hat damals vor dem Fernseher gehängt - am Zug ist es zwar schön, aber zu Hause bequemer. Danach haben wir einen großen Zulauf bekommen, viele wollten sich mal an der Kamera ausprobieren und hatten selber was zu erzählen."

Erinnerungen an der Fotowand


Zur Feierstunde am Sonntag am neuen Standort im dritten Stock des Centhofs Fulda sind "OK-Urgesteine" gekommen, um aus dem Nähkästchen zu plaudern. Maria-Theresia Mihm hat inzwischen mehr als 600 Episoden ihrer Sendung "Lichtfunken" abgedreht und sieht den Sender als Plattform, um Menschen der Region mit ihrer Botschaft zu erreichen: "Ich wusste anfangs gar nichts über Kameratechnik und Schnitt und habe hier eine Einführung bekommen. Dann bin ich mit der Videokamera in die Rhön losgezogen und habe über die Göttlichkeit im Menschen erzählt, einfach so. Das hat viele Rückmeldungen gebracht, die Leute haben mich auch schon in Bad Kissingen angesprochen." Shaid Naeem Aman von der Fuldaer Ahmadiyya-Gemeinde versucht mit dem Format "Stunde des Islam" schon seit 20 Jahren, über den Islam zu informieren, von der gesellschaftlichen Integration bis zu den Speisevorschriften. "Vor dem Fernseher gibt es keine Hemmschwelle. Viele erfahren das erste Mal etwas über den Islam - und sprechen uns dann auch an." Hanns-Uwe Theele von der Interessengemeinschaft barrierefreies Fulda hat seine Sendung "Theele-Visionen" erst seit April 2016, sieht aber im Bewegtbild gute Möglichkeiten, die Belange behinderter Menschen zu kommunizieren: "Wir sprechen in Studio-Diskussionen über aktuelle Themen, denkbar wäre aber auch eine dokumentarische Aufbereitung, wo es in der Innenstadt Fuldas noch nicht so klappt mit der Barrierefreiheit."

Ursula Hoff (rechts) von "Ursula kocht"

Schnittgerät der Anfangstage

Rhönfilmer Werner Goliasch


Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit haben die Offenen Kanäle vor einigen Jahren eine Erweiterung ihres Auftrags erfahren: "Wir wurden im Jahr 2006 zum Medienprojektzentrum, weil die Landesanstalt den präventiven Jugendmedienschutz, auch durch den Siegeszug des Internets, ausbauen wollte. In Niedersachsen wurde der Auftrag in Richtung eigener lokaler Berichterstattung erweitert, in Hessen hat man sich für den Schwerpunkt Medienkompetenz entschieden", erklärt Strohmann. Schon vor 20 Jahren hat der Offene Kanal eine Kooperation mit der Hochschule Fulda aufgebaut, aus rein pragmatischen Gründen: "Wir sind ein Team von fünf Leuten, auf drei Stellen. Wir können unseren medienpädagogischen Auftrag nicht alleine wahrnehmen, deswegen haben wir Seminare an der Hochschule gegeben - und Leute dort ausgebildet. Das war anfangs Pionierarbeit: 'Video als Medium der sozialen Arbeit', Medienpädagogik als solches gab es damals ja noch nicht. Deswegen haben wir mit Sozialpädagogen gearbeitet."

Durch die Liveübertragung des Rosenmontagszugs hat der OK Fulda an Bekanntheit gewonnen ...

Moderner Schnittplatz

Equipment zum Leihen


Inzwischen ist es Tradition, dass mehrere Studierende der Hochschule ihr Praxissemester beim Offenen Kanal absolvieren: Hörspielgeschichten und ambitionierte Trickfilme sind so mit Kindern entstanden. "Medienpädagogik, das war vorher Singen, Tanzen und Holzarbeiten - die modernen Medien haben da einiges verändert. Wir bieten inzwischen auch eine Einführung in journalistische Formate an, damit junge Menschen ihre Stimme erheben können, um Propaganda und Demagogie entgegentreten zu können." Das Internet sehen die Verantwortlichen des Medienprojektzentrums nicht als Konkurrenz: "Jeder ist heute Sender und kann mit einem handelsüblichen Smartphone direkt auf Facebook streamen - und das ist auch gut so: Emanzipation und Meinungsvielfalt gehen zusammen, wir sehen uns als Dienstleister. Bei uns bekommen die Menschen Hilfe bei der Umsetzung, außerdem natürlich weiterhin Gerätschaften zum Ausleihen", so Strohmann. (Marius Auth) +++


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