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FULDA Literarische Köstlichkeit

Für Menschen mit Humor: Guido Rohm und die Tyrannei in Senfsoße

21.11.18 - Guido Rohm (der Teil des Comedy-Duos Blum&Rohm ist) hat ein neues Buch geschrieben. Diese Nachricht allein sollte ausreichen, um eine veritable Menge an Lesern des deutschsprachigen Raums zu mobilisieren. Der in Fulda ansässige Autor ist nämlich nicht nur einer der kompromisslosesten Erzähler der neueren deutschen Krimiliteratur, er ist in seinen satirischen Werken auch komischer als sämtliche derzeit gehypten Comedyautoren. Darüber hinaus eignet sich sein neues, im Schrägverlag erschienenes Buch für die kurze Lektüre zwischendurch und ist damit voll und ganz auf der Höhe unserer schnelllebigen Zeit, in der kaum einer mehr stundenlang voll Muße im Sessel sitzt und liest. Nicht umsonst hat es den Untertitel „Texte für stille und laute Örtchen“.

Dass man mit diesem Buch an den Örtchen, an denen man es zur Hand nimmt, dann wahrscheinlich mehr Zeit verbringt als geplant, liegt daran, dass Rohms Texte Spaß machen. Mit klarem Blick für die Absurdität des Lebens und die Komik, die in der Tragik liegt, lässt er seine Protagonisten aufeinander los und genießt den Zusammenprall, ja befeuert ihn noch. Dazu braucht er oft nicht einmal eine Seite, manchmal sogar nur wenige Zeilen. In kleinen Häppchen von der Länge eines guten Witzes verabreicht er uns seine Geschichten und Dialoge, in denen Menschen wie „Hobbybademeister Kurz“  auftreten, aber auch Figuren, die wir schon aus dem letzten satirischen Buch „An und Pfirsich. Texte für alle 117 Tage des Jahres“ kennen, wie  Religionsgründer Backwahn, Malerfürst Püppertz, Niedelstein oder Rabbi Steinsalz. Einige davon haben eine regelrechte Fangemeinde und sorgen auf Rohms Facebook-Seite, auf der er unter anderem seinem überbordenden Output freien Lauf lässt, regelmäßig für viele Kommentare.

Das Buch, soviel kann die Rezensentin versprechen, wird ebenfalls nicht unkommentiert bleiben. Dazu eignen sich viele der Texte zu gut zum Weitererzählen.  Hier ein Beispiel:

 „An der Haustür - Ich würde gerne mit Ihnen über Gott reden. – Nein danke. Statt über jemanden, sollten Sie lieber mit ihm reden, Sie Lästermaul.“

Schon hat man ein genaues Bild von dem, der da an der Tür läutet, ebenso von dem empörten Menschen, der ihm aufgemacht hat. Mehr als diese zwei Sätze braucht Rohm dafür nicht. Er hört eben genau zu. Er nimmt die Sprache ernst, was ihn andererseits nicht daran hindert, mit ihr zu spielen: „– Das hört sich aber komisch an. Als würde jemand Beifall klatschen. – Ich habe Appläuse. – Ohoh. – Vermutlich neulich bei einem Konzert eingefangen. – Und jetzt? – Nichts machen, was sie begeistert. Dann sterben sie von alleine ab.“ Oder: „Altersdementi – Opa leidet an Dementi. – Tu ich nicht. – Da, der arme Mann. – Ich bin nicht arm. – Eine schlimme Krankheit.“

Das ist bester Dada, aber auch Heinz Erhardt und Monty Python, Woody Allen und Loriot, Robert Gernhardt und Martin Buchholz und doch ist es so eigen, dass man es vor allem als Original-Rohm gleich wiedererkennt. Wer käme von den genannten z.B. auf folgendes Szenario: „Treffen von Rechtspopulisten – Wir müssen noch rechter werden. – Ich habe es geschafft, dass ich durch einen Schlaganfall links kein Gefühl mehr habe. – Sehr gut. Wir brauchen alle so einen Schlaganfall. – Und jetzt? – Mehr rauchen und trinken. Und Bauchfett. Wir brauchen Bauchfett. – Und wenn wir rechtsseitig einen bekommen? – Der wird ausgeschlossen.  – Ich habe einen. Nein doch nicht. Mir ist nur die linke Hand eingeschlafen. – Wir könnten im Straßenverkehr nur noch rechts abbiegen. – Gut. Alle mal die rechte Hand heben, die dafür sind. – Ich bin Linkshänder. – Raus mit der linken Zecke.“

Genauso absurd auf die Spitze getrieben werden bei ihm aber nicht nur rechte Dumpfbacken, auch Idioten anderer Couleur bekommen  ihr Fett weg und immer wieder Künstler, die sich zu fein für die Anmutungen des Alltags sind und der überdrehte Kulturbetrieb im Allgemeinen. Auch dazu noch eine Rohmsche Anmerkung: „Einspruch.  Der Nobelpreis für Literatur wird überschätzt. Hätte der Preis wirklich eine Bedeutung, würden man ihn nur alle 1000 Jahre verleihen. Dann würde er auch etwas bedeuten. Aber jedes Jahr. Das ist doch inflationär. Ramschware, die hinterhergeworfen wird. In 50 Jahren haben schon 50 Menschen diesen nichtssagenden Preis erhalte. In weiteren 50 Jahren werden ihn weitere 50 Personen erhalten. Rechnet man das auf ein paar Milliarden Jahre hoch, werden alle irgendwann den Nobelpreis für Literatur bekommen haben. Einen solchen Preis kann man nicht ernst nehmen.“

Abgerundet wird das Buch durch einem Gastbeitrag der Entertainerin Marianne Blum, mit der Rohm seit Jahren zusammen arbeitet. Gemeinsam mischen sie die Kulturszene auf, wie etwa mit ihrem neuen Programm „Die dunkle Seite lacht – ein Abend für Bösmenschen“ und ihrer szenischen Lesung "Annes Kampf", die Passagen aus dem Tagebuch der Anne Frank auf Passagen aus Hitlers "Mein Kampf" prallen lässt. Das Programm sorgt derzeit reichlich für Aufmerksamkeit und feiert im März seine Berlin-Premiere im legendären Babylon Berlin (Stephanie Metzger) +++  

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