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- Archivfoto: Luca Heil

NIEDERAULA Verhindert das Gesetz den Dorffrieden?

Gibt es die Straßenbeiträge zurück? - Innenministerium nimmt Stellung

22.12.18 - Das Thema Straßenbeiträge bewegt die Marktgemeinde Niederaula seit Jahren. Es wurde und wird gestritten. Der Rauch der Friedenspfeife war jetzt aber zumindest angezündet, eine "Friedenslösung" gefunden. Wie berichtet, wurde eine neue Straßenbeitragssatzung mit reduzierten Anliegeranteilen beschlossen. Und diejenigen Anlieger, die nach alter Satzung mehr bezahlt haben, sollen den Differenzbetrag auf Antrag zurückbekommen. Soweit, so gut.

Flyer der Listenverbindung Foto: privat

Die Listenverbindung Bürgerliste Niederaula, Grüne und CDU haben inzwischen einen Flyer mit der Überschrift "Erfolg bei Straßenausbeiträgen in Niederaula" verteilt. "Die bedeutet, dass bei Anliegerstraßen etwa 1/3 des bisher bezahlten Betrages zurückerstattet wird, bei den Durchgangsstraßen sogar ca. die Hälfte", heißt es unter anderem in dem Flyer. Die Listenverbindung wolle sich zudem weiter um die gänzliche Abschaffung bemühen.

Ganz so euphorisch sieht Bürgermeister Thomas Rohrbach (Parteilos) die Situation nicht, auch wenn "auf dessen Initiative die Beschlussfassung schließlich zustande kam", wie Rohrbach in einer Pressemitteilung schreibt. Ihm fehlt schlicht die rechtliche Absicherung. Deshalb müsse er oder der Gemeindevorstand Widerspruch einlegen. Die rechtliche Grundlage scheint zumindest aktuell offenbar auch nicht gegeben. Die kommunale Selbstverwaltung hat offenbar ihre Grenzen. Die Gesetzesänderung hin zur "Kann"-Bestimmung sorgt inzwischen in vielen Kommunen für Kritik, Resolutionen etwa von den Bürgermeistern im Landkreis Fulda sind verfasst worden.

Eine entsprechende Anfrage von OSTHESSEN|NEWS zur Diskussion um eine Rückerstattung in Niederaula hat das Hessische Innenministerium wurde wie folgt beantwortet:

"Der Hessische Landtag hat am 24. Mai das Gesetz zur Neuregelung der Erhebung von Straßenbeiträgen beschlossen, das am 7.6.2018 in Kraft getreten ist. Damit steht es den hessischen Gemeinden nunmehr frei, ob sie mittels einer Satzung Straßenbeiträge festlegen oder nicht. Folglich besteht für die Gemeinde auch die Möglichkeit, den Gemeindeanteil - unter Wahrung der Vorteilsdifferenzierung - aufzustocken. Eine Rückwirkung sieht das Gesetz nicht vor, auch enthält das Neuregelungsgesetz keine Sonderbestimmung für Rückerstattungen. Soweit eine Gemeinde vor dem genannten Zeitpunkt Straßenbeiträge erhoben hat und die Bescheide rechtskräftig geworden sind, ist der Sachverhalt damit abgeschlossen. Da eine sondergesetzliche Regelung nicht vorliegt, kommen die grundsätzlichen gesetzlichen Bestimmungen - etwa die zum Gemeindehaushaltsrecht - zur Anwendung. Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 HGO hat der Bürgermeister, wenn ein Beschluss der Gemeindeverwaltung das Recht verletzt, diesem zu widersprechen", heißt es aus dem Ministerium.

Warten auf "Limburger" Urteil

Bürgermeister Rohrbach schreibt in seiner Pressemitteilung: "Mit dem von Bürgermeister Thomas Rohrbach über den Gemeindevorstand am 22.06.2018 eingebrachten „Vergleichsvorschlag“, der mittlerweile in großen Zügen beschlossen wurde, sollte ein Versuch gewagt werden, diesen Dorffrieden wiederherzustellen. Diesen Beschluss bewertete das BLN-Fraktionsmitglied Dr. Holger Berk als Erfolg für die BLN, Grüne und Teile der CDU. Dies aber wohlwissend, dass man das Fell des Bären nicht vorher verteilen sollte, bevor dieser wirklich erlegt wurde. Auch ein mittlerweile verteilter Flyer suggeriert den Betroffenen einen Geldsegen ohne Betrachtung der Rechtslage.

Was fehlt ist die Bestätigung der Rechtmäßigkeit der freiwilligen Rückerstattung durch zum Beispiel die Kommunalaufsicht, das Regierungspräsidium oder das zuständige Ministerium des Landes Hessen. Hier tut man sich schwer, da durch die Umsetzung dieses Beschlusses die Marktgemeinde Niederaula gut einer Million Euro rechtmäßig erhobener Straßenbeiträge, zurückzahlen müsste. Niederaula ist hier nicht alleine. Auch zum Beispiel in der Stadt Limburg wurde gar eine komplette Aufhebung der Straßenbeitragssatzung mit Komplettrückzahlung beschlossen. Diesem Beschluss hat der dortige Bürgermeister widersprochen und diesen später beanstandet, sodass das Verwaltungsgericht Wiesbaden die Sachlage aktuell prüft. Hintergrund für einen Widerspruch ist, dass bei einem Ausbleiben eines solchen Widerspruches durch den Bürgermeister oder den Gemeindevorstand durchaus der Verdacht der Untreue gegeben sein kann, wenn rechtmäßig erhobene gemeindliche Gelder quasi als Geschenke verteilt werden. Die Folge könnten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den Bürgermeister oder den Gemeindevorstand sein.

Leider durfte ich diese Ausführungen zum derzeitigen Sachstand in der öffentlichen Sitzung vom 07.12.2018 nicht vollumfänglich kundtun und der Vorsitzende der Gemeindevertretung, Herr Tom Rudolph, entzog mir das Wort, mit dem Verweis meine Ausführungen bereits 25 Mal gehört zu haben. Eine Frechheit, wie in dieser Situation die Demokratie sowie die freie Meinungsäußerung zum Sachverhalt mit Füßen getreten wurden", schreibt Rohrbach.

Weiter heißt es in der Pressemitteilung des Bürgermeisters: "Aufgrund meiner eigenen Erfahrungen im Umgang mit Anzeigen wegen Untreue in der Vergangenheit, unter anderem im Jahr 2016 vom Verband Deutscher Grundstücksnutzer, initiiert von der BI Bürger für Niederaula bleibt meiner Person bzw. dem Gemeindevorstand möglicherweise keine andere Wahl, um Rechtssicherheit des Beschlusses und der angedachten Rückzahlung zu erlangen. Insbesondere da die beiden Vorsitzenden des Vereins „Bürgerliste Niederaula“, der 1. Beigeordnete Gerhard Eckstein und Jürgen Lapp, über einen Rechtsanwalt Akteneinsicht erlangen wollten und dieser eine mögliche Wiederaufnahme des Verfahrens zur Prüfung u.a. zivilrechtlicher Ansprüche anstrebte, mahnt zu weiterer Vorsicht.

Daher bleibt nach aktueller Einschätzung und fehlender Bestätigung der Rechtssicherheit, die Hoffnung, dass ein Richter die kommunale Selbstverwaltung und den Dorffrieden über die Anwendung von Satzungen stellt und diesen getroffenen Beschluss für rechtmäßig einstuft, was alle Fraktionen möchten, siehe dem Abstimmungsverhalten vom 07.12.2018", so Rohrbach abschließend. (Hans-Hubertus Braune / pm) +++


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