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SCHOTTEN / GIEßEN Tödlicher "Free Fall Tower"-Sturz

Prozessauftakt: "Wir würden alles tun, um dieses Unglück rückgängig zu machen"

13.02.19 - Ein Familienausflug auf den Hoherodskopf kostete Sina E. im Sommer 2015 das Leben: Bei einem Sturz aus sieben Metern Höhe auf ein Luftkissen fällt die 12-Jährige auf die Sicherheitsumrandung, prallt ab und schlägt mit dem Kopf auf einen Stein. Dabei erleidet sie mehrere Brüche und ein schweres Schädel-Hirn-Trauma. Vier Wochen nach dem Sturz erliegt sie ihren schweren Verletzungen im Krankenhaus. Seit Dienstagmorgen müssen sich die zwei Betreiber des Free-Fall-Towers vor dem Landgericht Gießen wegen fahrlässiger Tötung verantworten.

Die beiden Angeklagten H. und D. beim Prozessauftakt am Gießener Landgericht. ...Handyfotos: Luisa Diegel

Das Drama auf dem Erlebnisberg Hoherodskopf erschütterte im Sommer 2015 ganz Deutschland: Die 12-jährige Sina E. verunglückte bei einem Sprung vom sieben Meter hohen Free-Fall-Tower. Bevor sie von der Plattform gesprungen war, hatte Sina noch zwei Probesprünge aus sechs Metern Höhe absolviert. Beim Anlauf zum Sprung von der Neun-Meter-Plattform habe sie laut Ermittlungen gezögert und sich mit der Hand am Geländer festgehalten. Der Körper bekam einen Linksdrall und fiel auf die Sicherheitsumrandung des Luftkissens - von dort wurde das Mädchen "hochgeschleudert und stieß mit dem Kopf auf einen Felsbrocken", so Staatsanwalt Rouven Spieler bei der Verlesung der Anklageschrift. Die Gießener Staatsanwaltschaft wirft den zwei Betreibern vor, den Tod der 12-jährigen Sina durch unzureichende Sicherheitsvorkehrungen fahrlässig verursacht zu haben - die Sprunganlage soll nicht verkehrssicher gewesen sein.

Mutter sagt unter Tränen aus

Die beiden Angeklagten äußerten sich am ersten Verhandlungstag zu dem Vorfall. "Als erstes möchten wir unser Bedauern zum Ausdruck bringen. Wir würden alles tun, um dieses Unglück rückgängig zu machen." Deutlich mitgenommen wirkten die beiden auch, als die Mutter von Sina, Beatrice E., unter Tränen aussagte. "Mein Kopf möchte mich schützen, an die Einzelheiten von diesem Tag kann ich mich nicht erinnern." Sie habe ihre Tochter stürzen sehen, daraufhin seien viele Leute zu dem Mädchen gerannt. "Ich hatte die Hoffnung, dass nichts passiert ist und sie wieder aufsteht", erinnert sie sich. Beatrice E. sagte, dass sie eine Einverständniserklärung abgegeben habe, nirgendwo stand dort jedoch geschrieben, dass Kinder nicht auf das Podest steigen und springen dürfen. Sinas Mutter stammt aus Ecuador, dort hatte die Familie auch längere Zeit vor Sinas Einschulung gelebt. "In meinem Herkunftsland hätte ich große Zweifel gehabt, dass so eine Anlage sicher ist, aber hier in Deutschland habe ich gedacht, dass es kein Risiko ist und der Turm sicher ist." Die Fahrt auf den Hoherodskopf, mit ihrer Mutter und Sinas besten Freundin sei ein Geburtstagsgeschenk gewesen.

Der Free-Fall-Tower stand in den Sommerferien 2015 als Attraktion auf dem Hoherodskopf. ...Archivfoto: O|N

Sinas Vater (rechts) tritt als Nebenkläger auf.

"Der Stein hat sich nicht als Problem dargestellt."

Die beiden Angeklagten H. und D. betreiben seit elf Jahren den Kletterpark auf dem Hoherodskopf. Im Frühjahr 2015 hatten sich die zwei Männer Gedanken um ein zusätzliches Event in den Sommerferien gemacht. Durch Internetrecherchen kamen sie auf den Anbieter des Luftkissens. "Die Sache fanden wir interessant", so H. bei seiner Aussage. "Wir haben bei der Stadt Schotten unser Vorhaben per E-Mail erklärt und eine schriftliche Genehmigung erhalten." Das Ordnungsamt habe sich den Standort vor Ort angesehen und keine Einwände gehabt.

Der Gerüstturm wurde von einer anderen Firma organisiert und aufgebaut. H. und D. sagten aus, dass die Felssteine beim Aufbau des Luftkissens nicht als Problem wahrgenommen wurden. Laut des Vertrages durfte sich im Umkreis von fünf Metern des Luftkissens keine Hindernisse befinden. "Ein Baum war jedoch in diesem Umkreis. Deshalb haben wir die Firma gefragt, ob es trotzdem geht", berichten die beiden Angeklagten. "Daraufhin wurde uns geantwortet, dass wir uns keine Gedanken machen sollen - denn sie würden ein professionelles Team für den Aufbau vorbeischicken, welches schaut, ob alles in Ordnung ist. Die Mitarbeiter sind Profis und bauen das mehrmals im Jahr auf, wir haben uns darauf verlassen. Wir dachten, sie können das beurteilen. Auch der Stein hat sich beim Aufbau nicht als Problem dargestellt." Die Angeklagten haben es für "unmöglich" gehalten, dass jemand über den Luftkissenrand hinausspringt: "Selbst mein Sohn ist gesprungen. Wir hätten so eine Veranstaltung nicht gemacht, wenn wir das vorher gewusst hätten", so der Angeklagte H. (Luisa Diegel) +++


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