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Der 23-Jährige und sein Verteidiger Hans-Jürgen Hauschild - Foto: O|N

FULDA Wegen versuchten Totschlags

3 Jahre Haft und Hoffnung auf offenen Vollzug - 23-Jähriger stach auf Vater ein

13.03.19 - Zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilte das Fuldaer Landgericht am heutigen Mittwoch einen 23-Jährigen aus einer Rhöngemeinde. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der junge Mann am 4.3.2018 nach einer durchzechten Nacht an der Haustür seines Vaters klingelte und als dieser schlaftrunken öffnete, mehrfach mit einem mitgebrachten Küchenmesser auf ihn einstach. Der Vater erlitt schwere Verletzungen, unter anderem eine Perforierung der Lunge, überlebte die Messerattacke aber. Er hatte der Polizei gegenüber zunächst von einem Angriff eines Unbekannten gesprochen und wollte auch nicht vor Gericht gegen seinen Sohn aussagen. Hintergrund des Gewaltausbruchs war offenbar das Verhalten des Vaters, der die Familie in den finanziellen Ruin getrieben haben soll. Unter anderem hatte er das Kommuniongeld des Sohnes für sich ausgegeben, dessen Fahrrad, Motorrad und Werkzeug gestohlen und verkauft und hohe Schulden verursacht, bevor er seine Frau verließ und nach Polen verschwand.

Das Gericht unter Vorsitz von Richter Josef Richter

Auch der Staatsanwalt, der zunächst versuchten Mord angeklagt hatte, schätzte die Tat nach der Beweisaufnahme als dem 23-Jährigen "wesensfremd" ein und hielt ihm zugute, dass er vorbehaltlos gestanden hatte. Die Wut über das Verhalten des Vaters sei durch die enthemmende Wirkung des Alkohols offenbar übermächtig geworden. "Ich wäre auch nicht gerne sein Sohn", hatte der Staatsanwalt. konstatiert. Gleichwohl rechtfertige das nicht die Tat. Entscheidend für das Strafmaß sei, ob diese als versuchtes Tötungsdelikt oder Mordversuch zu bewerten ist. Dafür erörterte der Staatsanwalt die Mordmerkmale Heimtücke und Vorsatz. Letzteres sei zumindest bedingt durch die Tatsache belegt, dass der 23-Jährige das Küchenmesser von zu Hause mitgenommen hatte. Schließlich plädierte er für eine Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren.

Verteidiger hielt das halbe Jahr Untersuchungshaft für ausreichende Strafe

Dagegen hielt der Verteidiger des jungen Mannes dessen bereits verbüßte Untersuchungshaft für eine ausreichende Strafe. Sein Mandant habe sich in einem seelischen Ausnahmezustand befunden, der aus einer über 20 Jahre gewachsenen "Enttäuschungswut" über das Verhalten des Vaters resultierte. Der habe seinen Sohn betrogen und bestohlen und sogar dessen Arbeitslohn aus der Lehre einbehalten. "Dabei ist der Angeklagte kein aggressiver, sondern ein freundlicher Mensch. Seine Belastung über viele, viele Jahre hat sich entladen", so der Verteidiger. Das ganze Dorf stehe hinter seinem Mandanten und habe den Prozess größtenteils im Gericht mitverfolgt: "Sogar dessen Hebamme und Polizisten haben mir gesagt: Das ist ein guter Junge - wir verstehen das, was er getan hat!" Für eine Strafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt wird, plädierte der Verteidiger.

Das letzte Wort vor der Urteilsverkündung hatte der Angeklagte: "Ich bin froh, dass nichts Schlimmeres passiert ist. Er ist doch mein Vater - ich hab ihn eigentlich doch lieb!", sagte er.

Nach seiner Urteilsbegründung richtete Richter Josef Richter noch ein persönliches Wort an den 23-Jährigen: "Ihre letzten Worte haben mich beeindruckt." Die Wurzel der Tat habe in seiner seelischen Belastung, nicht in schlechten Charaktereigenschaften gelegen. Der Haftbefehl gegen ihn sei aufgehoben worden, damit er die Chance habe, in den offenen Vollzug zu kommen. "Nutzen Sie diese Chance", sagte der Richter, "manchmal kann aus etwas Schlechtem auch etwas Gutes erwachsen!"(Carla Ihle-Becker)+++


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