Neues Zeltdach - ein großzügiges Geschenk für die "Hersfelder Freiheit"

29.04.19 - Ein ungewohnter Anblick bot sich den geladenen Gästen am Sonntag zur Feier des Richtfestes des neuen Zeltdaches über der Stiftsruine, das sich scheinbar schwerelos über dem Zuschauerraum entfaltete, obwohl die Zuschauertribüne noch nicht aufgebaut ist. “So habe ich das noch nicht gesehen“, gestand selbst Intendant Joern Hinkel. Er erinnerte in seiner Ansprache daran, dass dieses Projekt bereits 1951 durch eine Initiative der „Gesellschaft der Freunde der Stiftsruine“ angestoßen und nach dem von der Hersfelder Bürgerschaft 1958 ausgeschriebenen Ideenwettbewerb verwirklicht wurde.

Ein Richtkranz durfte nicht fehlen

Originalgetreu und der Konstruktion von Dr. Frei Otto entsprechend ist auch das neue ...

37 Entwürfe wurden eingereicht. Die Bad Hersfelder entschieden sich weitblickend für die großartige Konstruktion des Star-Architekten Frei Otto, die bis heute architektonisches Vorbild für eine Vielzahl moderner Zeltbauten und Überdachungen ist. 1968 wurde Ottos Traum „vom umgedrehten Regenschirm“ verwirklicht. Das Dach hängt an 14 netzartig aufgespannten Drahtseilen, befestigt an einem einzigen, 36 Meter hohen Mast. 21 Elektromotoren fahren die rund 1.500 qm große Dachhaut in wenigen Minuten aus und ein.  

Landrat Dr. Michael Koch

Damals wurde der Überdachung und den Motoren eine kurze Lebensdauer vorausgesagt. Es sollte sich nicht bewahrheiten. Durch die hervorragende Qualität musste die große Bespannung über der Stiftsruine zum ersten Mal nach 25 Jahren ausgewechselt werden. „Die Qualität des Produktes wird durch die neue chemische Beschaffenheit des Stoffes immer besser und damit noch langlebiger“, betont Dietmar Wolf als technischer Leiter der Festspiele. Dank der guten Pflege und der jährlichen Überholung der Technik im Winter tun die 50 Jahre alten Originalmotoren noch immer ihren Dienst.

Intendant Joern Hinkel freut sich auf den Richtspruch des technischen Leiters Dietmar ...

Dietmar Wolf

Die Bühnenmeister Harald Koblenz (links) und Guido Gelbert haben sich ein Schnäpschen ...

Joern Hinkel empfand es als etwas absurd, über ein Zeltdach zu sprechen, das installiert wurde, als er noch nicht geboren war. Umso begeisterter ist er, dass diese Konstruktion, die „Hersfelder Freiheit“, es möglich macht, bei jeder Wetterlage spielen zu können.  "Das dritte Dach geht ins 51. Jahr“, freut sich der Intendant, der dankbar ist für dieses architektonische Wunder, dem es zudem gelingt, dem Gebäude zu dienen, sogar vermittelt, unter freiem Himmel zu sitzen. Das gibt ebenfalls Freiheit. Die Konstruktion berührt das Gebäude nicht, wie es eine Auflage des Denkmalschutzes vorschreibt.

Hier prosten sich die Mitglieder der "Gesellschaft der Freunde der Stiftsruine" zu ...

Dietmar Wolf, Guido Gelbert, Joern Hinkel, René Türk (Gesellschafter der mertus ...

Gemeinsam mit seinen Partnern Low&Bonar und Velabran hat The FilamentFactory (vor 50 Jahren das Werk Hoechst AG) in Bad Hersfeld die fast 1.500 qm große Bespannung hergestellt. Die neue Bespannung des Daches ist eine Spende der mertus GmbH, der Hauptgesellschafterin der FilamentFactory. Bürgermeister Thomas Fehling freut sich über die Installation des neuen Zeltdaches, gerade im Hinblick auf den bevorstehenden Hessentag und dem steigenden Festspielfieber. „Wir wollen die zahlreichen Besucher in unsere „gute Stube“ locken, damit sie Kunst und Kultur schnuppern können“. Der technische Leiter Dietmar Wolf übernahm die ehrenvolle Aufgabe, seine selbst getextete Richtrede in Reimform vorzutragen und vertrat den Zimmermannsmeister,  der kurzfristig abgesagt hat, würdig.

Mit seinen Kollegen, den Bühnenmeistern Harald Koblenz und Guido Gelbert, stieß er auf das neue Zeltdach an und wie der Brauch es will, zerdepperten sie die Gläser mit einem gekonnten Wurf derselben vor die Wand. Natürlich wurde allen Gästen ein Schnäpschen zum Anstoßen gereicht und Bücking-Catering hielt noch einige kulinarische Köstlichkeiten für den Richtschmaus bereit. (Gudrun Schmidl)