Kinderfänger, Hundemörder: Das ist dran an den Gerüchten in der Region

29.08.19 - Erhöht aufmerksam zu sein, ist sicherlich in vielen Situationen hilfreich. Unbegründet Panik zu verbreiten, jedoch nicht. Drei Beispiele:

Der Kinderfänger

Eltern in Petersberg sind in diesen Tagen besorgt: Nachdem das Rathaus öffentlich in der Gemeindezeitung vor einem unbekannten Mann warnte, der ein Kind im Grundschulalter im Bereich „Am Ziegelberg“ angesprochen und versucht haben soll, es mit Süßigkeiten in sein Fahrzeug zu locken, kochen, gerade in den sozialen Medien, die Gemüter hoch. Auf Facebook zum Beispiel gab es zahlreiche Kommentare unter entsprechenden Beiträgen, „man möge den Kerl fangen und lynchen, der unsere Kinder fangen will“. Ausschweifend wird darüber schwadroniert, wie mit dem „Täter“ umzugehen sei. „Erneut hat er versucht, zuzuschlagen“, behauptete kürzlich ein O|N-Leser, erst in der vergangenen Woche sei dies geschehen. Schlimme Gerüchte machen unter den Petersberger Eltern die Runde, so manches Kind darf jetzt nicht mehr alleine vor die Tür.

Was die Polizei dazu sagt

„Durch die Mitteilung im Gemeindeblatt gingen bei uns zahlreiche Hinweise ein“, erklärt Patrick Bug, Pressesprecher der Polizei Osthessen. „Wir nehmen jeden einzelnen sehr ernst und gehen den Anschuldigungen natürlich auch nach.“ Einige Hinweisgeber hätten zurückgerudert und ihre Aussagen revidiert, andere ihre Äußerungen abgeschwächt. Auch mit dem Kind sei gesprochen worden, welches angegeben hatte, Anfang August von einem Fremden angesprochen worden zu sein. Im Zuge dieser Ermittlungen hätte sich allerdings kein einziger Sachverhalt mit strafrechtlicher Relevanz ergeben.

Tierköder

Screenshots: Facebook

Ebenfalls auf Facebook machte Ende letzter Woche das Gerücht die Runde, im Bereich von Schloss Fasanerie und rund um Eichenzell hätten Unbekannte „ganz viele Giftköder“ ausgelegt. „Passt auf eure Hunde auf und lasst sie am besten dort nicht frei laufen“, schreibt der Tierschutz Fulda und Umgebung auf seiner Seite. „Es wurden bereits einige Köder eingesammelt.“ Stimmt so gar nicht, weiß Polizei- Pressesprecher Dominik Möller. „Es wurde ein einzelnes Stück Fleisch an einem Knochen gefunden.“ Untersuchungen hätten ergeben, dass es nicht vergiftet war. Wahrscheinlich sei sogar, dass das Stück einfach von einem verendeten Wildtier stamme.

„Folgende Meldung erreichte uns eben!!!!!“ mit gleich fünf Ausrufezeichen machte der Verein Verantwortung Leben am Dienstag Tierbesitzer auf sich aufmerksam. „Achtung, Giftköder in Petersberg- Steinau, einmal am Friedhof und einmal am Wald, Neubaugebiet Richtung Götzenhof. Bitte aufpassen mit den Hunden, Leberwurst ist mit blauen Kügelchen gespickt.“

Weder wurden die vermeintlichen Leberwurstköder mit blauen Kügelchen bei der Polizei abgegeben, noch eine Anzeige erstattet. Bilder oder andere Beweise, dass die fiesen Köder tatsächlich existieren, gibt es ebenfalls nicht. Dafür wurde der Beitrag bereits jetzt über 500 Mal auf Facebook geteilt.

Frei nach dem Motto: Erstmal Panik verbreiten

Kinderfänger, Katzenhasser, Hundemörder: Gerüchte verbreiten sich schnell. Es gab bereits Fälle, in denen beispielsweise ein unschuldiger Handwerker fast gelyncht wurde, nur weil er mit einem weißen Lieferwagen (aus den sozialen Medien haben wir gelernt, Lieferwagen in Wohngebieten sind grundsätzlich verdächtig) irgendwo in einer Nebenstraße parkte. „Hätte ja sein können“, dachten sich wohl auch diejenigen, die zur Selbstjustiz greifen wollten.

Patrick Bug von der Polizei schließt das Gespräch folgend: „Wenn so etwas tatsächlich stattfindet, ist das unsagbar schlimm. Wir werden Verdachtsfällen immer nachgehen und bitten die Bevölkerung grundsätzlich, egal um was es geht, auch aufmerksam zu sein.“ Panik zu verbreiten, meint er jedoch, verunsichere, sei kontraproduktiv und ganz sicher der falsche Weg. (mr) +++