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Peter Krisch vor dem Landgericht - Fotos: Suria Reiche

FULDA 70 Jahre Landgericht Fulda

Menschliche Schicksale und spektakuläre Fälle

31.10.19 - Das Fuldaer Landgericht feiert Geburtstag – auf den Tag genau 70 Jahre ist es am Freitag her, dass die damals sieben Richter in die Räumlichkeiten des Nordwestflügels im Fuldaer Stadtschloss gezogen sind. Beheimatet ist das Landgericht dort schon einige Zeit nicht mehr. Der Marmorsaal im Stadtschloss, der morgen als Örtlichkeit für die Feierlichkeiten mit 70 geladenen Gästen dient, spielte in der Geschichte des Landgerichts jedoch eine wichtige Rolle.

Als das Landgericht seine Arbeit nämlich noch im Stadtschloss tätigte, war dieser Raum das Schwurgericht. Und hier wurde unter anderem ein Fall verhandelt, der über die osthessischen Grenzen hinaus für viel Aufmerksamkeit sorgte. Peter Krisch, ehemaliger Vorsitzender Richter, hat sich gemeinsam mit dem Präsidenten des Landgerichts, Dr. Jochen Müller, und OSTHESSEN|NEWS erinnert.

Tagtäglich wird im Landgericht über menschliche Schicksale verhandelt. Ein Fall ist Peter Krisch und Dr. Jochen Müller aber besonders im Gedächtnis. Vielleicht, weil er Ende der 80er Jahre Medienvertreter aus dem ganzen Land ins beschauliche Fulda zog. Vielleicht aber auch, weil die Tat, die Monika Böttcher damals begangen haben soll, so gar nicht mit den Moralvorstellungen im katholischen Fulda zusammenpasste.

Die Frau mit den eisblauen Augen aus dem osthessischen Philippstal soll damals laut Anklageschrift und Urteil ihre fünf und sieben Jahre alten Töchter ermordet haben, weil sie einer außerehelichen Beziehung mit einem amerikanischen Soldaten im Wege waren. „Der Fall hat damals in ganz Deutschland Wellen geschlagen“, denkt Krisch zurück. Monika Böttcher, die damals Weimar hieß, hat die Tat nie zugegeben. „Rechtskräftig steht aber fest, dass sie es war“, sagt Müller.

Wie eingangs geschrieben, wurde dieses Urteil dort ausgesprochen, wo am morgigen Freitag die Feierlichkeiten anlässlich des 70. Geburtstags des Landgerichts stattfinden werden. Peter Krisch, der dem Schwurgericht einst vorstand, hat dessen Geschichte und die des gesamten Landgerichts aufgearbeitet und niedergeschrieben. Um einen Blick zurückzuwerfen, ist er also genau der richtige Mann.

Landgericht am Rosengarten

Er weiß zum Beispiel: „Am Anfang war es gar nicht sofort klar, dass das Landgericht nach Fulda kommen sollte.“ Bis zum Jahr 1949 gab es auf der Strecke von Kassel nach Hanau kein Landgericht. „Zwischen den beiden Städten liegen aber 200 Kilometer. Die geographische Lage erforderte also ein weiteres Landgericht. Deswegen schrieb der damalige Oberbürgermeister von Fulda, Cuno Raabe, eine Stellungnahme an den hessischen Staatsminister der Justiz.“ Er finde die Lage misslich, soll es laut Krisch darin geheißen haben.

Auch wenn die umliegenden Städte nicht begeistert davon waren, dass Fulda ein eigenes Landgericht haben wollte, passierte es: Am  1. November 1949 nahm das Landgericht die gerichtliche Tätigkeit mit sieben Richtern im Nordwestflügel des Stadtschlosses auf. Im Laufe der vergangenen 70 Jahre wurde dieser allerdings zu klein. Nach einer Zwischenstation befindet sich das Landgericht seit dem Ende der 90er Jahre am Rosengarten. Das große Gebäude mit der angrenzenden und kunstvollen Treppenstraße und dem Obelisken mit der goldenen Spitze ist wohl den meisten Fuldaern bekannt.

Doch auch hier gibt es Verbesserungsbedarf. Nicht, was die Größe des Gebäudes angeht. Viel mehr geht es um den Zustand. „Der Putz fällt an manchen Stellen von den Wänden. Außerdem müssen einige Leitungen erneuert und die EDV-Anlage aufgerüstet werden. Deswegen müssen wir das Gebäude wohl interimsmäßig verlassen“, so Müller. Das werde aber wohl frühestens Ende kommenden Jahres der Fall sein.

In 70 Jahren passiert und verändert sich eben eine ganze Menge. Nicht nur äußerlich. Präsidenten gab es in den sieben Jahrzehnten beispielsweise insgesamt zwölf, darunter eine Frau. Bei den Proberichtern ist das Verhältnis von weiblichen und männlichen Anwärtern sogar inzwischen gleichgewichtet. „Das war früher anders, da waren es nur Männer“, erinnert sich Krisch.

Auch bei den Fällen, die verhandelt werden, gibt es Veränderungen: „In den Anfängen gab es beispielsweise nicht so viele Betäubungsmitteldelikte, wie es heute der Fall ist. Und auch Missbrauchsfälle sind heute sichtbarer, als sie es damals waren, und deswegen öfter vor Gericht“, sagt Müller. Ein Fall wie der in den 80er Jahren würde aber wohl auch heute noch mindestens genauso viel Medieninteresse auf sich ziehen wie damals … (Suria Reiche) +++


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