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Ein Blick vom Smartphone kann manchmal Wunder bewirken... - Symbolbild: Pixabay

LAUTERBACH Kommentar von Luisa Diegel

Für mehr Menschlichkeit: ein Blick vom Smartphone weg kann Wunder bewirken

22.11.19 - Die Welt ist schnelllebiger geworden: bunter, lauter - und vor allem egoistischer. Egal ob es beim Autofahren oder an der Supermarkt-Kasse ist: uns kann es nicht schnell genug gehen. Hektik bestimmt unseren Alltag, an anderen Menschen huschen wir auf unser Smartphone schauend schnell vorbei. Doch ein Blick von unserem Handy und vor allem von unserem Egoismus weg, kann Wunder bewirken. Wunder, die anderen Menschen vielleicht sogar ein kleines Lächeln auf die Lippen zaubern können.

Redakteurin Luisa Diegel Foto: O|N

Vor ein paar Tagen habe ich es selbst erlebt: Eine alte Dame steht mit ihrem Rollator vor mir an einer Supermarkt-Kasse in Lauterbach. Auf dem Band liegt lediglich eine in Plastik verpackte Streichwurst. Ich lege meine Sachen aufs Band - um mir die Wartezeit zu verkürzen, checke ich die Social-Media Kanäle auf meinem Smartphone. Im Augenwinkel beobachte ich, wie die Dame der Kassiererin ihren Geldbeutel gibt. "Sie schafft es wohl nicht, das Kleingeld passen herauszuholen", denke ich mir und blicke kurz von meinem Smartphone auf. Die Dame nimmt ihre Geldtasche wieder in die Hand, doch es passiert nichts. Völlig überfordert sucht sie in ihren Taschen nach irgendetwas. Erst jetzt dämmerte es mir: Sie sucht nach Geld.

"Kann ich Ihnen helfen, fehlt Ihnen Geld?", frage ich die Dame. Beschämend sagt sie zu mir: "Sowas ist mir noch nie passiert. Ich habe mein Geld zu Hause vergessen. Ich gehe schnell zurück, ich wohne gleich hier um die Ecke." Ganze 2,15 Euro kostet ihre Wurst, die sie nicht bezahlen kann, weil sie ihr Geld zu Hause vergessen hat. Sie wollte schon gehen, hat ihre Wurst an der Kasse liegen lassen. "Ich kann das gerne für Sie übernehmen", sage ich und gebe der Kassiererin die 2,15 Euro. Der Mann an der Kasse hinter mir, der die Situation beobachtet hat, greift auch nach seiner Geldtasche: "Kann ich noch was dazu geben?" Die Dame war so unglaublich dankbar über die Hilfe. "Vielen, vielen Dank! Wie kann ich Ihnen das Geld zurückgeben?" Um Gottes willen, es war doch nicht viel Geld.

Ja, neutral betrachtet kann man sagen: es ging lediglich um 2,15 Euro. Kein großer Wert. Doch wir hätten der Dame auch geholfen, wenn sie ihren ganzen Wocheneinkauf auf dem Band liegen gehabt hätte. Denn in solchen Situationen geht es nicht um den Preis, es geht um die Menschlichkeit: einer alten Dame aus einer brenzligen Situation zu helfen, selbst wenn sie direkt neben dem Supermarkt wohnt. Dennoch muss sie auch diesen kurzen Weg mit ihrem Rollator - und bei Nässe - bewältigen.

Es geht nicht um das Geld - es geht darum, das Ich einmal hinten anzustellen und mit offenen Augen durch die Welt zu gehen. Denn im Nachhinein hat es mich geärgert, dass ich die missliche Lage der Seniorin nicht schon früher erkannt habe - weil ich auf mein Handy gestarrt habe. Man muss es sich leider immer wieder ins Gedächtnis rufen: Das Leben passiert nicht auf irgendwelchen Social-Media Kanälen. Das Leben passiert, während man mit offenen Augen hindurch geht.

Der Mann hinter mir freute sich, dass der Seniorin geholfen werden konnte. "Wir Deutschen müssen mal wieder von unserem Egoismus runterkommen", meint er zu mir. Recht hat er. (Luisa Diegel) ++


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