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- Symbolbild: Pixabay

FULDA Klage der Jäger abgewiesen

Wald vor Wild: Hessisches Umweltministerium fordert mehr Abschüsse

26.11.19 - Trägt das Wild eine Mitschuld am Zustand des hessischen Waldes? Zumindest ist das Hessische Umweltministerium (HMUKLV) um Grünen-Ministerin Priska Hinz der Auffassung, nach der Vorstellung des Waldzustandsberichtes Hessen die erst im Februar 2019 erschienene „Schalenwildrichtlinie“ zu evaluieren.

„Der aktuelle Zustand des Waldes verdeutlicht uns einmal mehr: Der Klimawandel ist in Hessen angekommen. Das Jahr 2019 war bislang zu trocken und zu warm, der Borkenkäfer konnte sich massenhaft vermehren, viele junge Pflanzen sind abgestorben. Stürme und Waldbrände haben den Wäldern zusätzlich geschadet“, erklärte Umweltministerin Priska Hinz (Bündnis 90/ Die Grünen) bei der Vorstellung des Waldzustandsberichtes 2019 im Forstamt Königstein in der vergangenen Woche.

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, will die Landesregierung bis 2023 für Aufforstung und Co. 200 Millionen Euro in die Hand nehmen. Zusätzlich will sie aber noch einem weiteren „Schädling“ erhöht auf die Pelle rücken.

Jagd-Richtlinie des Landes sorgt für Streit

Die im Januar 2019 erschienene „Schalenwildrichtlinie“ des Landes Hessen sorgte bei der heimischen Jägerschaft sowie vielen Jagdverbänden für massive Kritik. Hessenforst und das Hessische Umweltministerium urteilten, dass die Schalenwildbestände (in Hessen also Rot-, Reh, Sika,- Dam,- Muffel-, und Schwarzwild) in weiten Teilen des Bundeslandes überhöht seien. „Übermäßige Verbiss- und Schälschäden gefährdeten die Biodiversität. „Sie führen zu immensen Schäden in Feld und Flur, wirtschaftlichen Verlusten und Schäden am Ökosystem Wald“, teilt Julia Stoye, Pressesprecherin des Hessischen Umweltministeriums auf Nachfrage von OSTHESSEN|NEWS mit. Junge Bäume müssten gepflanzt werden, doch gerade diese würden von den Tieren „angebissen“. Aus diesem Grund wurden bereits im Februar die Abschlussquoten, insbesondere für den König der deutschen Wälder, den Rothirsch, um bis zu 130 Prozent des Vorjahresabschlusses erhöht.

Betriebswirtschaftliche Gründe- Wald vor Wild

Der Landesjagdverband Hessen sprach sich gegen diese Richtlinie aus, auch, weil eine genetische Verarmung der Tiere zu befürchten sei. Wildbiologische Aspekte würden komplett außer Acht gelassen, außerdem ließe sich erkennen, dass die Formulierung der Richtlinie fast ausschließlich auf betriebswirtschaftliche Gründe der Waldbewirtschaftung abstelle. Die Verordnung, hieß es in einer offiziellen Erklärung, ließe ganz klar die Vorgabe „Wald vor Wild“ erkennen. „Zur Schadensverhinderung würde primär ein erhöhter Abschuss (Anmerkung der Redaktion: vom Land Hessen) präferiert, obwohl eine Gefährdung der Biodiversität des Ökosystems fraglich erschiene.

Auf Nachfrage von OSTHESSEN|NEWS teilt das HMUKLV mit: „Der Hessische Rechnungshof bemängelt die überhöhten Wildbestände seit Jahren und fordert Regelungen, die diesen entgegenwirken. Allein im Staatswald führen überhöhte Schalenwildbestände zu Verlusten durch Schälschäden oder durch Verbiss im Durchschnitt von rund 4,1 Millionen Euro pro Jahr. Der Hessische Rechnungshof geht davon aus, dass HessenForst durch Wildschäden ca. 110 Millionen Euro verliert respektiv verloren hat.“

Kein Stopp für Hessische Schalenwildrichtlinie

Der geforderte Abschuss des Sikawildes käme laut Landesjagdverband einem Totalabschuss ...

Eine Klage gegen die Richtlinie, die auch der Hessischen Jagdverband unterstützte, wurde mit Beschluss vom 20. November 2019 vom Frankfurter Verwaltungsgericht abgelehnt. Die Kammer führt aus, dass die Vorgaben des Bundejagdgesetzes und des Hessischen Jagdgesetzes eingehalten seien. „Hiernach sollen Abschussregelungen in erster Linie dem Schutz des Waldes und der Forstwirtschaft vor Wildschäden dienen. Neben diese waldwirtschaftliche Nutzfunktion trete gleichrangig die Bedeutung des Waldes für die Umwelt und die Erholung des Menschen. Demgegenüber sei das Interesse der Jagdausübungsberechtigten an der Erhaltung eines gleichbleibend hohen Wildbestandes von geringerem Gewicht.“

Nicht nur die Erhöhung des geforderten Abschusses ein Problem

Obwohl das hessische Jagdgesetz einen Abschussplan vorschreibt, der nach Wildart, Geschlecht und Altersstufen getrennt ist, ermöglicht es die neue Richtlinie bereits jetzt, statt junger Tiere ältere zu erlegen oder statt einem männlichem Stück Wild ein weibliches. Der Anteil der zu jagenden Frischlinge, schreibt der Landesjagdverband, solle nach neuer Richtlinie 70 bis 80 Prozent liegen, der geforderte Abschuss von Sikawild käme sogar einem Totalabschuss gleich.

Wird die Schalenwildrichtlinie sogar noch weiter verschärft?

Pressesprecherin des Hessischen Umweltministeriums, Julia Stoye: „Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat in einem Beschluss vom 20. November 2019 die Richtlinie für rechtmäßig erkannt. Ein Festhalten an zu restriktiven Abschusskriterien und tradierten Trophäenmerkmalen widerspricht aktuellen Erkenntnissen der Wildbiologie. Solche Kriterien verhindern die effektive Jagdausübung. Es ist vorgesehen, die Schalenwildrichtlinie zu evaluieren.“

„Wald mit Wild und nicht Wald ohne Wild heißt es im hessischen Jagdgesetz und im Koalitionsvertrag. Daran hat sich auch das Umweltministerium zu halten“, urteilte bereits Anfang des Jahres Prof. Dr. Jürgen Ellenberger, Präsident des Landesjagdverbandes Hessen über die bestehende Schalenwildrichtlinie. Ob gegen die abgelehnte Klage Einspruch erhoben wird, bleibt abzuwarten. Die Frist dafür endet in rund einer Woche. (mr) +++


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