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Die letzte Begegnung von Joseph Dehler mit der einzigartigen Autorin war im Oktober dieses Jahres, das Foto entstand im Juli 2019 - Foto: privat

SCHLITZ Region trauert um berühmte Ehrenbürgerin

Reaktionen zum Tod von Gudrun Pausewang: „Ich bin tief traurig"

25.01.20 - Der Tod Gudrun Pausewangs löst vor allem in Osthessen eine große Bestürzung und Trauer aus. Als Mensch, Schriftstellerin, Lehrerin und Ehrenbürgerin genoss sie vor allem in ihrer Wahlheimatstadt Schlitz, aber auch über die Region hinaus größtes Ansehen. OSTHESSEN|NEWS sammelte Stimmen zum Tod der unverwechselbaren Autorin.

Bundestagsabgeordneter Michael Brand (CDU) las in seiner Kindheit die Werke Pausewangs: „Der Tod von Frau Pausewang, die ich aus einigen Begegnungen auch persönlich kannte und schätzte, geht mir wie sicher vielen anderen hier in der Region auch deshalb nah, weil wir doch mit ihren Büchern groß geworden sind. Es hat mich immer ein Stück stolz gemacht, dass eine solche Autorin, die uns seit Kindertagen in der Schule und außerhalb mit ihren Werken begleitete, aus meiner Region stammt, und dass sie solche fesselnde Jugendbücher schreiben konnte. Wenn auch sie selbst nicht mehr unter uns ist, so werden doch ihre Bücher, und auch sie selbst in unserer Fantasie und in unserem Gedenken lebendig bleiben. Frau Pausewang hat ein reiches und erfülltes Leben geführt und hat uns alle um tolle Literatur bereichert. Dafür dürfen wir dankbar sein.“

Archivbilder: O|N

Der ehemalige Bürgermeister der Stadt Schlitz Hans-Jürgen Schäfer (CDU) zeigt sich von Pausewangs Tod betroffen. Wie so viele wusste er von dem schlechten Gesundheitszustand, „dennoch kommt die heutige Nachricht sehr überraschend.“ Im Jahr 2003 hatte die Stadt Schlitz sie zur Ehrenbürgerin ernannt, Schäfer überreichte ihr damals die Urkunde. „Für mich war sie eine großartige Schriftstellerin mit einer unheimlichen Vielfalt an Themen. Wichtiger als ihre Bücher zu lesen waren für mich die Begegnungen und Gespräche mit ihr. Man konnte mit ihr über ihre Bücher und Erlebnisse reden, über die weltbewegenden Themen diskutieren und auch über Alltagsdinge und das, was in Schlitz so passiert und geschieht, sprechen.“

Von seinen Besuchen in der Seniorenresidenz in Baunach erzählt Schäfer: „Sie wusste um ihr Alter und die Beeinträchtigungen, die dieses mit sich bringt. Wenn sie einmal den Faden verlor oder ihr ein Wort fehlte, dann lachte sie und war dankbar, wenn man ihr half. Das machte diese Frau, die mit Worten so viele Werke geschaffen hatte, so menschlich und angenehm.“ Der ehemalige Bürgermeister wusste um das Interesse der Schriftstellerin an ihrer Wahlheimat Schlitz, die ihn des Öfteren mit Detailwissen verblüffte. „Ich bin dankbar für die vielen Begegnungen und Gespräche und ich werde sie vermissen. Mein und das Mitgefühl meiner Frau gilt der Familie ihres Sohnes."

Hans-Jürgen Schäfer durfte sich zu seinem 60. Geburtstag über die persönlichen ...

Allen voran "Die Wolke" zählt zu Pausewangs bekanntesten Werken. Fotos: Franziska Schaub

Ein Teil der Ausstellung von Pausewangs Büchern in der Stadtbücherei in Schlitz. ...

Auch Joseph Dehler aus Fulda trauert. „Ich bin tief traurig, mit Gudrun Pausewang eine meiner besten Freundinnen verloren zu haben. Auch, weil es mir nicht möglich war, sie in den letzten Tagen ihres Lebens noch einmal zu sehen." In ihrer letzten Karte, zwei Tage vor Weihnachten, erzählte sie ihm von ihrem schlechten Zustand und ihrer Angst, dass es zu keinem Wiedersehen mehr komme, war sich aber sicher: „Ich finde schon den Weg!“ Joseph Dehler wird in Zukunft auf die gemeinsame Zeit zurückblicken: „Auch wenn ich es nicht wahrhaben will, – es bleiben jetzt nur noch die Erinnerungen an die unendlich vielen Gespräche über das Leben, die Schriftstellerei, vor allem aber über die bedrohte Zukunft der künftigen Generationen. Aber auch die vielen tiefsinnigen Briefe und bleibenden Erlebnisse auf zahlreichen Tagesreisen durch unsere Heimat. Gudrun Pausewang wird uns aber nicht nur als Mensch fehlen, sondern auch als Mahnerin für Frieden, Gerechtigkeit und eine lebenswerte Umwelt.“

Über siebzehn Jahre lang war Gudrun Pausewang als Lehrerin an der Schlitzer Dieffenbachschule aktiv. Ob die Partnerschaft zur Schule in Peru, zahlreiche Lesungen und Besuche oder die nach ihr benannte Schulbücherei entstanden aus dem engen Kontakt. Das von der Schriftstellerin zum 1250-jährigen Bestehen der Stadt Schlitz geschriebene Theaterstück „Schlitz, der Nabel der Welt“ wurde von den heimischen Grundschulkindern aufgeführt und musikalisch gestaltet. Angelika Schäfer-Vietense und anderer Lehrerinnen besuchten ihre ehemalige Kollegin regelmäßig. Sie erinnert sich an zahlreiche beeindruckende Gespräche. Schäfer-Vietense beschreibt Pausewang als engagierte Person, die vor allem vom Kollegium sehr geschätzt wurde. Auch der letzte Besuch ist ihr noch gut in Erinnerung. „Vergesst das Wiederkommen nicht!“, hatte Pausewang ihnen noch gesagt.

Auch die Schulleiterin der Gudrun-Pausewang-Schule in Maar, Heike Dietz, war trotz Dienstschluss am Freitagnachmittag noch für ein Statement zu erreichen. 2006 hatte die Mittelpunktschule zur Schriftstellerin Kontakt aufgenommen und trägt seitdem ihren Namen. Eine Tatsache, die Pausewang selbst sehr stolz machte. Jahrelang kam sie zuverlässig zu Besuch und hielt Lesungen für Kinder und Erwachsene. „Ihre Gedanken und ihre Lektüren haben uns in den all den Jahren immer begleitet“, so Dietz. Die Schulgemeinde zeigt sich betroffen angesichts des Todes ihrer Namensgeberin. Ihr Gedenken wird in Maar weiterhin aufrechterhalten. „Wir werden weiter an ihrem Geburtstag, nicht an ihrem Todestag, an sie denken und aus ihren Büchern lesen“, verspricht die Schulleiterin.

Ricarda Reith zeigt eines von Pausewangs Gedichten.

Ricarda Reith, die Leiterin der Stadtbücherei Schlitz, weiß um Pausewangs großes schriftstellerisches Lebenswerk, welches auch die kleine Ausstellung gleich im Eingangsbereich der Bücherei deutlich macht. "Sie war fleißig, abenteuerlustig und abgehärtet", erzählt die Bibliothekarin. Die Anzahl ihrer Werke, die sie bis ins hohe Alter verfasste, liefern dafür einen eindrucksvollen Beweis. „Sie hat sich für aktuelle Themen eingesetzt und engagiert. Sie wollte mit ihren Büchern keine Angst machen, aber sie wollte die Menschen warnen“, erklärt Reith auch im Hinblick auf Bücher wie „Die Wolke“, das wohl bekannteste ihrer Werke, das u.a. auch in der Schlitzer Burgenstadt verfilmt wurde. Doch neben Romanen schrieb Pausewang auch Kinderbücher und Gedichte. „Auch wenn ihre Kinderbücher immer lustig sind, so gibt sie einen Anstoß zum Nachdenken, ohne dabei den moralischen Zeigefinger zu heben", so Reith, die ebenfalls zu ihren Besuchern in Bayern gehörte.

Hört man den Menschen, die Gudrun Pausewang kannten, zu, dann hört man immer die gleiche Bewunderung: Nicht nur für ihr schriftstellerisches Erbe, sondern vielmehr für eine Persönlichkeit, die Mitmenschen mit Worten, als auch Taten, begeistern und faszinieren konnte. Die zahlreichen Briefwechsel in die Region zeugen von einer engen Verbundenheit zu ihren Mitmenschen, als auch zum Schlitzerland, das gestern wohl seine berühmteste Ehrenbürgerin verloren hat. Alle, die sie kannten, trauern um eine engagierte und starke Frau, die sich in vorbildhafter Weise für die Menschlichkeit und den Frieden einsetzte. Dieses Erbe wird der Welt von ihr erhalten bleiben. (Franziska Schaub) +++


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