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Viele Rentner müssen jeden Cent umdrehen - weil das Geld sonst nicht zum Leben reicht. - Symbolbild: Pixabay

VOGELSBERGKREIS Mahnwache: Rentner gehen auf die Straßen

Altersarmut im Vogelsberg: "Viele kommen aus Schamgefühl nicht zur Tafel"

01.02.20 - Hundert Menschen beteiligten sich am vergangenen Freitag bei der ersten Mahnwache gegen Altersarmut auf dem Alsfelder Marktplatz. Still demonstrierten sie für ein gerechtes und solidarisches Rentensystem - denn der Gang zu Tafel oder ein Nebenjob ist bei vielen Rentnern in Deutschland trauriger Alltag. Ab sofort möchten sich die Teilnehmer jeden zweiten Freitag auf dem Marktplatz zu einer Mahnwache treffen, um ein Zeichen zu setzen. Denn nicht nur die bundesweiten Zahlen sind bedenklich - auch im Vogelsbergkreis sind viele Rentner betroffen.

Die Teilnehmer forderten am vergangenen Freitag bei der Mahnwache eine sofortige Einführung eines Rentensystems, in dem auch Beamte oder Freiberufler einzahlen - und eine Steuerbefreiung auf ausgezahlte Rentenbeiträge. "Die derzeitige Doppelbesteuerung ist verfassungswidrig." Dass auch viele Leute im Vogelsberg davon betroffen sind, bestätigen die Zahlen: Im vergangenen Jahr beantragten insgesamt 427 Menschen über 65 Jahren die Grundrente im Alter, wie der Vogelsbergkreis auf Anfrage mitteilt. Waren es im Jahre 2008 "nur" 369 Menschen, stieg die Zahl in 2018 sogar auf ein Rekordhoch, als 473 Menschen die Grundrente beantragten.

Für viele bleibt da der Gang zur Tafel, beispielsweise in Alsfeld, unumgänglich. Für einen symbolischen Beitrag verteilen dort ehrenamtliche Mitarbeiter dreimal in der Woche überschüssige Lebensmittel aus dem Handel an wirtschaftlich benachteiligte Menschen. "Die Alsfelder Tafel hat fast 500 Abholer pro Woche", so Bürgermeister Stephan Paule. Laut der aktuellen Zahlen sind etwa ein Fünftel davon Rentner. "Viele ältere Menschen wenden sich aus Schamgefühl nicht an die Tafel, sodass unsere Zahlen nicht auf die Gesamtbevölkerung übertragbar sind", so zweiter Vorsitzender Dietmar Gerhard.

Bei der Mahnwache in Alsfeld am vergangenen Freitag kamen etwa hundert Leute, um für ...Archivbilder: O|N / Luisa Diegel

Rentner fordern Veränderungen

Jeden Cent umdrehen, im Nebenjob auch noch im hohen Alter schuften - die Rentner im Vogelsberg fordern sofortige politische Veränderungen. Initiator Ingo Schwalm betont, als Privatperson die Gruppe "Menschen gegen Altersarmut" ins Leben gerufen zu haben, "mir geht es um die Sache", bekräftigt er im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS. Um auf ihre Forderungen für ein "gerechtes und solidarisches Rentensystem" auch in Zukunft aufmerksam zu machen, wollen die Teilnehmer nun jeden zweiten Freitag auf dem Alsfelder Marktplatz zusammenkommen. "Erst einmal bis März, denn dann entscheidet die Rentenkommission, welche Vorschläge es für die Zukunft gibt." Die nächsten Mahnwachen finden alle unter einem gewissen Thema statt. "Am 7. Februar steht das Thema 'für eine gerechte Rente und ein menschenwürdiges Dasein im Alter' im Fokus."

Nicht nur bei der Mahnwache war die Teilnehmerzahl hoch - die Kleinstadt Alsfeld hat sogar den bundesweiten Besucherrekord gebrochen - auch in einer neu gegründeten Facebook-Gruppe werden die Mitwirkenden immer mehr. Die vor ein paar Tagen gegründete Gruppe "Menschen gegen Altersarmut Vogelsbergkreis" hat jetzt schon über 200 Mitglieder. "Unsere Gruppe dient nicht als Sprachrohr für politische Aussagen und Rechtes", dafür sei bei diesem Thema kein Platz. (Luisa Diegel) +++


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