Finnische Blues-Rock Lady verzaubert die JVA Hünfeld

07.02.20 - Es ist noch eine gute Woche bis Valentinstag aber schon jetzt fliegen die Liebeserklärungen durch das Hünfelder Gefängnis. Die finnische Blues-Gitarristin und Sängerin Erja Lyytinen und ihre Band überzeugten am Dienstag Abend mit einem außergewöhnlichen Konzert im Mehrzweckraum der JVA. Die nordische Schönheit spielte nicht zum ersten Mal in einem deutschen Gefängnis und präsentierte sich als gereifte Musikerin, die ihren ganz eigenen Stil hat die Menschen zu erreichen. Sie ist eine absolute Ausnahmeerscheinung in einem männerdominierten Knast und weil die Seelsorge manchmal ein gutes Gespür fürs Außergewöhnliche hat, wurde die weltweit gefeierte Musikerin mit ihrer Band zu einem Februar Andachts-Konzert ins Hünfelder-Land eingeladen. Der Blues-Gig am Dienstagabend wurde so zu einem persönlichen und internationalen Liebes-Rock-Antrag an die Männer hinter Gittern.

Mit mehr als 120 Anmeldungen von Gefangenen, die durch Diplom-Sportwissenschaftler Alexander Gräber koordiniert wurden und mit der Unterstützung von den ‚Justiz-roadies‘ Andreas Möller und Jonathan Wirth und von vielen anderen interessierten Bediensteten, herrschte eine sehr lebendige und aufregende Atmosphäre im bis auf den hinterletzten Platz besetzten Andachtsraum. Peter Gebhard vom Vorstand des Vereins „Förderung der Bewährungshilfe in Hessen“ sprach zu Beginn des Konzerts lobende Eröffnungsworte, im Anschluss begrüßte Gefängnisseelsorger Diakon Dr. Meins Coetsier mit einem Gefangenen auf dem Schlagzeug und Tilo Zschorn auf der Gitarre sowohl die Band als auch die Strafgefangenen und Gäste mit einem kurzen Song.

Bei der Bandprobe

In der Knastkirche

Gleich danach setzte die Slide Guitar-Göttin ein Liebeszeichen an die ganze Anstalt: Sie rockte, sang, zauberte auf ihren farbigen Gitarren und zog die Gefangenen mit ihrer sympathischen Art in ihren Bann. Ihre Begeisterung und Freude den Gefangenen zu begegnen zeigte sie mit einem gefühlvollen Gittarenspiel und einem spontanen Lächeln. Die Songs rockten den Raum so sehr, dass alle letztlich den Blues zutiefst im Inneren spürten. „Fühlst Du meinen Schmerz! Ich Sing für Euch!“, sagte sie mitfühlend zu den inhaftierten Zuhörern, wonach die improvisierten Gitarrentöne den ganzen Knast nochmal in Schwingung brachte. „We love You!“, klang es von allen Seiten weil sie zwischen den Stuhlreihen ihre Gitarrensolos wunderbar darbrachte.

Die Sängerin sorgte für super Stimmung

Während die zierliche Finnin mit funkelnden Gitarren zauberte, waren ihre Tourmangerin Hertta Hynninen und die Bandmitglieder, Tatu Back (am Bass), Liro Laitinen (am Schlagzeug), Miika Aukio (am Keyboard), Olli Huttunen (Soundtechniker) und Lucas Klier („Theater hinter Gittern“), das wunderbare Dreamteam, das dafür sorgte, dass alles harmonierte und passte und zu einem historischen und unvergesslichen Abend ausklang. Warum die sympathische Finnin als „Best Guitarist“ beim European Blues Awards 2017 ausgezeichnet wurde, zeigte sie in Songs wie „Hard as Stone“ und „Wedding Day.“ Die Band sorgt dafür, dass am Ende die Gefangenen voll einbezogen in einem vielstimmigen ‚Chor‘ mitsingen. Selbstverständlich wurde eine mehrfache Zugabe lautstark mit viel Geklatsche gefordert. Zum Schluss beschenkte Gerhard Röchow und Gerald Suppes von den Gideons die Besucher mit Bibeln in den unterschiedlichsten Sprachen als Anregung um der Verbindung zwischen Musik und Geist Gottes nochmal nachzuspüren.

Die unterschiedlichen edukativen, kulturellen und musikalischen Veranstaltungen im Rahmen des Bistumsinnovationsprojekts „Jail House College“ in Kooperation mit „Theater hinter Gittern“ und mit der freundlichen Unterstützung der Justiz und dem Anstaltsleiter, Leitender Regierungsdirektor Lars Streiberger, sind eine bereichernde und sinnvolle Abwechslung im Hünfelder „Knastalltag“. (pm) +++