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Am vergangenen Montag: Aktivisten der "Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft" und der Umweltschutzorganisation Greenpeace stehen mit Transparenten mit der Aufschrift "Verbietet Billigpreis-Werbung für Lebensmittel" und "Billigfleisch kostet uns die Zukunft" vor dem Bundeskanzleramt. - Foto: picture alliance/dpa / Michael Kappeler

REGION OSTHESSEN|NEWS hat nachgefragt

Nach Treffen im Kanzleramt: "Billigfleisch" ist wieder in aller Munde

10.02.20 - Nachdem Angela Merkel und Agrarministerin Julia Klöckner (beide CDU) heute vor einer Woche Vertreter von Aldi, Rewe, Lidl und Edeka zum Rapport ins Kanzleramt eingeladen hatten, ist das sogenannte „Billigfleisch“ wieder in aller Munde. Im Kern ging es bei dem 90-minütigen Gespräch darum, wie man die Stellung der regionalen Metzgereien und Landwirte gegenüber den vier großen Ketten, die in Deutschland mehr als 85 Prozent des Lebensmittelhandels ausmachen, stärken kann. Und während sich drinnen die Discounter gegen den Vorwurf des Preisdumpings verwehrten, protestierte vor dem Kanzleramt Greenpeace für mehr Tierwohl.

Man kennt das: Klar, den feinen Sonntagsbraten kaufe ich beim Metzger meines Vertrauens, aber jetzt – so kurz nach der Arbeit – springe ich doch lieber schnell zum Discounter um die Ecke und hole mir dort das Fleisch fürs Abendessen. Schmeckt ja fast genauso gut und ist doch auch viel preiswerter. Billigfleisch sei eben „ein Ausdruck unserer Zeit“, so Agrarministerin Klöckner.

Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner bei einer Wahlkampfveranstaltung 2018 ...ON-Archivfoto / Miriam Rommel

Die Krux ist, „dass die Deutschen beim Fleischkauf sehr viel Wert auf artgerechte Tierhaltung legen, aber am liebsten billig einkaufen möchten“, erklärt Malin Krieg vom Kreisbauernverband Fulda-Hünfeld auf Nachfrage von OSTHESSEN|NEWS. „Es muss dem Verbraucher jedoch klar sein, dass ein Plus in punkto Tierwohl nur mit einem höheren Preis umgesetzt werden kann.“ Markenfleischprogramme, die dem Erzeuger einen festen Preis garantieren, könnten hier ein Ansatz sein. „Wir brauchen kein Importfleisch, das zu fragwürdigen Bedingungen erzeugt wurde. Wer die bäuerliche Landwirtschaft in unserer Region erhalten will, sollte daher lieber zu regionalem Fleisch greifen. Beim Einkauf bei einem Direktvermarkter kann man sich vor Ort selbst ein Bild von den Haltungsbedingungen der Tiere machen.“

„Wie wäre es, wenn wir den Discountern den Verkauf von Fleisch- und Wurstprodukten, von Backwaren, Milch und Käse einfach verbieten und es wieder denen überlassen, die dafür zuständig sind: Metzgern und Bäckern“, schlägt Obermeister Ludwig Leist von der Fleischerei-Innung der Kreishandwerkerschaft gegenüber O|N lakonisch vor. „Denn solange der Kunde das Gefühl hat, Fleisch gibt es anderswo billiger, passiert nichts.“ Nicht die Discounter mit ihren hohen Werbekosten sollten die Menschen überzeugen, sondern die regionalen Metzger mit Ehrlichkeit, Persönlichkeit und Vertrauen: „Wir haben hier alles: Landwirte, Fleischereien auch mit eigener Schlachtung, den Schlachthof Fulda, größere und kleinere Metzgereien. Und als Innung bemühen wir uns schon seit langem um ein Metzgerschwein, das heißt um ein Qualitätsfleisch nach gewissen Anforderungen, etwa bei der Rasse, der Fütterung, dem Auslauf“, so Obermeister Leist.

Die Hessische Verbraucherzentrale meint: „Ein geringerer Konsum von Fleisch, ...Symbolbild: Pixabay

„Höhere Tierhaltungsstandards kosten selbstverständlich mehr Geld und müssen klar erkennbar sein“, erklärt schließlich Wiebke Franz, Pressesprecherin der hessischen Verbraucherzentrale in Frankfurt auf O|N-Nachfrage. „Deshalb fordern wir ein europaweit verbindliches – und in einem ersten Schritt national freiwilliges – staatliches Tierwohllabel.“ Und weiter: „Die berechtigte Forderung der Landwirte nach fairen und damit höheren Erzeugerpreisen auf der einen Seite und die Sorge beim Verbraucher, ob höhere Preise für Fleisch auch zu mehr Tierwohl führen, auf der anderen Seite stehen sich gegenüber.“ Hinzu komme die aktuelle Argumentation des Handels, dass die Lebensmittel für alle Verbrauchergruppen erschwinglich sein müssen. Dies könne jedoch nicht als Argument herhalten, um den Landwirten keine fairen Preise zu zahlen und sich für mehr Tierwohl einzusetzen. „Zudem gilt generell, ein geringerer Konsum von Fleisch, das qualitativ besser ist und dafür mehr kostet, ist gleichzeitig gesünder.“ (Matthias Witzel) +++


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