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Leni Donceva und Gerhard Kraft zeigen ihren sensationellen Fund. - Fotos: Gudrun Schmidl

BAD HERSFELD Sensationeller Fund im Stadtmuseum

Apostel Matthias stark beschädigt - Restauration der Statue möglich?

08.03.20 - Was für ein außergewöhnlicher Fund! So außergewöhnlich, dass die heimische und überregionale Presse sich die Klinke der Museumstür in die Hand gibt, denn alle wollen über die Holzfigur des Apostel Matthias berichten, die Gerhard Kraft auf dem Dachboden des Bad Hersfelder Museums fand. Eingepackt in Zeitungspapier vom 29. April 1949 wartete die vermutlich mittelalterliche Holzskulptur zwischen Kartons und anderen vergessenen Exponaten in einem Kriechboden über der kleinen Kapelle auf ihre Entdeckung.

So viel Aufmerksamkeit hat das Stadtmuseum, das kürzlich seinen 100. Geburtstag feierte, selten bekommen. Ungetrübte Feierlaune wollte sowieso nicht aufkommen. Die Probleme sind vielfältig und wurden mit deutlichen Worten unter anderem von dem Vorsitzenden des Förderkreises Museum, Bertold Schmidt, angemahnt: Die Ausstellung sei seit Jahrzehnten nicht ergänzt und überarbeitet worden, sodass das 20. Jahrhundert in der Ausstellung nur rudimentär gestreift werde, im Museum herrsche akute Platznot und ein großer Teil der historisch wertvollen Sammlung, darunter archäologisch wertvolle Exponate, sei nicht sachgerecht gelagert, sodass es bereits zu gravierenden Beschädigungen von Teilen des kulturellen Erbes der Stadt gekommen ist.   

Im Rahmen der Aufnahme der Exponate zum 100jährigen Jubiläum ist Gerhard Kraft, Hobby-Archivar und –Historiker, eine bereits im Jahre 2004 auf dem Dachboden des Museums aufgefallene Statue in Erinnerung gekommen. Bei Aufräumungsarbeiten und auf der Suche nach dringend benötigtem Stellplatz holte er nun gemeinsam mit Museumsmitarbeiterin und Kunsthistorikerin Leni Donceva die Statue hervor. Dass es sich um einen Apostel handelt, war beiden sofort klar. Aber um welchen Apostel handelt es sich und wie kam diese Figur ins Museum? Die Statue hatte keine sichtbare Inventarnummer. Erst beim Studium alter Inventarbücher hatte Gerhard Kraft Erfolg und fand im Inventarbuch 1926 folgende Eintragung: „Holzfigur eines Apostels auf zugehöriger Konsole. 128 cm hoch; rechts Stand-, links Spielbein. Kopf leicht nach links gewandt. In der linken Hand ein Buch, die rechte Hand mit Stab? abgebrochen, völlig wurmstichig. Weiß bemalt. Stark beschädigt, besonders auf der Rückseite. Die seitlichen Teile des Mantels abgebrochen“. Der im Inventarbuch erwähnte Sockel fehlt. Dessen Verbleib muss noch nachgeforscht werden und auch was die Axt betrifft, bedarf einer Klärung.

Gerhard Krafts intensive Recherche im Internet über die Herkunft der Statue hat ergeben, dass die schon damals stark beschädigte, aus Lindenholz gefertigte Statue, aus der Kirche zu Burgwaldniel bei Dülken am Niederrhein stammt. Nach Hersfeld kam sie sehr wahrscheinlich 1926 als Geschenk des Medizinalrates Dr. Karl Ewers. Dieser war Arzt im Staatlichen Gesundheitsamt und wohnte erst in der Eichhofstraße, später in der Stresemannalle. Evers heiratete 1927 in Hersfeld, stammte aber aus Kempen, einem Ort nördlich von Waldniel. Die dortige alte Kirche wurde 1896 abgerissen. Es ist sehr zu vermuten, dass die entdeckte Apostelstatue aus der alten Kirche stammt. Diese hält mit der linken Hand eine Bibel und mit der rechten Hand einen Stab, dessen oberer Teil nicht mehr vorhanden ist. Ein Befestigungsloch weist darauf hin, dass hier die Axt befestigt war. Eine Ähnlichkeit mit der Apostelfigur, die die in den Jahren 1879 bis 1883 neu gebaute Kirche St. Michael oder Schwalmtal-Dom in Waldniel schmückt, scheint hier eindeutig zu sein. Einziger Unterschied: Die dortige Apostelstatur hält in der linken Hand ein Kloster-Kirchengebäude. Dass es sich um den Heiligen Matthias handelt, geht aus einer Stiftung 1902 durch die „St. Matthiasbruderschaft“ hervor. Ebenfalls ist auf dem Socken „Matthias“ zu lesen“. Der Apostel Matthias ist zudem der einzige Apostel, der mit einer Axt abgebildet wird.

Das Alter des Apostel Matthias, der in der Abtkapelle des Museum aufgebahrt wurde und zu den Öffnungszeiten besichtigt werden kann, schätzt Leni Donceva auf gut 500 Jahre, also auf die Zeit der Spätgotik, das unter anderem am Gewand, der Haltung der Beine und dem typisch heiligen Blick des Apostels zu erkennen ist. In der kommenden Woche begutachtet der Fuldaer Restaurator Jörg Büchner die am 24. Februar 2020, dem Namenstag des Heiligen Matthias, entdeckte Statue. Ob eine Restauration möglich ist, ist fraglich und bedarf einer genauen Analyse. Eines steht jedoch schon fest: im Falle einer Restaurierung des Kunstwerks stellt Bertold Schmidt eine Beteiligung an den Kosten durch den Förderkreis in Aussicht. Schon jetzt überwiegt bei allen, die sich engagiert und vielfach ehrenamtlich für das städtische Museum in der Festspielstadt stark machen, die Freude über das enorme Interesse. (Gudrun Schmidl) +++


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