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Professor Dr. Dirk Breitmeier leitet das Gesundheitsamt des Landkreises Fulda und stemmt mit aktuell 90 Kolleginnen und Kollegen die Recherche von Kontaktpersonen und die Organisation von Quarantänemaßnahmen, um Infektionsketten zu unterbrechen. - Foto: Anna-Lena Bieneck

FULDA Fünf Teams versuchen, das Virus zu bremsen

Gesundheitsamt des Landkreises kümmert sich um COVID-19-Infizierte

28.03.20 - Das Gesundheitsamt des Landkreises Fulda ist aktuell für den Publikumsverkehr geschlossen. Doch im Inneren des Gebäudes in der Otfrid-von-Weißenburg-Straße wird nahezu rund um die Uhr gearbeitet: Eingeteilt in fünf verschiedene Teams und Schichten sind hier rund 90 Kolleginnen und Kollegen in die Herausforderungen durch das Corona-Virus involviert. Sie recherchieren Kontaktpersonen von COVID-19-Infizierten, organisieren Quarantänemaßnahmen, kümmern sich um etliche Reiserückkehrer und leisten medizinisch-fachliche Unterstützung für die unermüdlichen Mitarbeiter am Bürgertelefon.

Angesichts der Dynamik des Geschehens könnte man es erwarten, aber hektisch ist es im Gesundheitsamt nicht. Jedes Büro ist besetzt, überall wird telefoniert – logische Konsequenz des derzeitigen Tagesgeschehens, das seit Anfang/Mitte März mit den Reiserückkehrern aus Südtirol und Österreich an Fahrt aufgenommen hat. „Zu diesem Zeitpunkt hatten wir innerhalb weniger Tage mehr als 30 positive Fälle, deren Kontaktpersonen ermittelt werden mussten “, sagt Prof. Dr. Dirk Breitmeier, Amtsarzt und Amtsleiter, und beschreibt, was das bedeutet: „Im Grunde ist es wie beim Astwerk eines Baumes, das sich immer weiter verzweigt. Unter Umständen kommt man bei einem positiv Getesteten am Ende auf bis zu 50 oder gar 100 Personen, mit denen er als Erkrankter in Kontakt gekommen ist. Mittlerweile haben wir mehr als solcher 1000 Kontaktpersonen, die wir den derzeit 115 Fällen (Stand: 26.3.2020, 14 Uhr) zuordnen. Das sind täglich Hunderte von Telefongesprächen.“

Um das zu bewältigen, bedurfte es einer gänzlich neuen Struktur: Das Gesundheitsamt schloss, und andere Abteilungen, wie etwa das Veterinäramt, wurden in die Aufgabe eingespannt. Auch aus der Verwaltung im Landratsamt meldeten sich unterdessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit medizinischer Vorbildung. Denn die fünf Teams, die eng miteinander verzahnt sind, tun weit mehr als die reine Recherche von Kontaktpersonen und deren Adressen.

„Medizinisches Grundwissen ist für diese Aufgabe unerlässlich. Man muss der Bevölkerung wie auch dem Einzelnen Hinweise geben können, was aus der Begegnung mit einem positiv getesteten Menschen möglicherweise folgen kann. Kommt eine Kontaktperson in Quarantäne, ist eine weitere Beobachtung und Kontaktierung notwendig, um das Auftreten einer neuen COVID-Erkrankung nicht zu verpassen und die weiteren Schutzmaßnahmen treffen zu können. Darauf müssen wir Antworten haben“, sagt Breitmeier und ergänzt: „Menschen in dieser Situation haben verständlicherweise viele Fragen – zu Hygienemaßnahmen oder zum Quarantäne-Alltag in der häuslichen Gemeinschaft mit einem positiv Getesteten und zum Auftreten von Symptomen bei sich selbst. Wir versuchen, ihnen die Unsicherheit zu nehmen, und dazu braucht man eine gewisse Routine.“

"Herangehensweise nicht bei jedem gleich"

Das bestätigt Dr. Dorothee Hofmann, eine der Ärztinnen im Team: „Wichtig ist auch, dass man ein Gespür dafür hat, ob die positiv getestete Person in einem sogenannten kritischen Bereich arbeitet, etwa als Rettungssanitäter oder in der Altenpflege. Die Herangehensweise bei den derzeit über 1000 Kontaktpersonen ist wahrhaftig nicht bei jedem gleich.“

Zeitaufwendig ist auch die Quarantänisierung von infizierten Personen und entsprechenden Verdachtsfällen. Momentan sind im Landkreis Fulda gut 800 Frauen und Männer in häuslicher Absonderung. Nach aktueller Gesetzeslage gehören dazu auch Reisende, die aus Risikogebieten nach Hause kommen und sich jetzt direkt in Quarantäne begeben müssen. Sie werden ebenfalls durch die Teams des Gesundheitsamtes betreut und per Telefon regelmäßig kontaktiert.

Auch das ist ein organisatorischer Kraftakt. Und mittlerweile stehen die ersten Fälle an, die aus der Absonderung entlassen werden – gleichermaßen unter der Regie des Gesundheitsamtes, das auf den jeweiligen Fall bezogen entscheiden muss, was für die Beendigung nötig ist. Die Arbeit ist anstrengend, physisch wie psychisch, aber das 90-köpfige Team stemmt die Herausforderungen effizient und tatkräftig.

Manchmal ist allerdings auch ein dickes Fell gefragt. „In großer Zahl sind die Menschen freundlich und dankbar“, sagt Dr. Hofmann: „Aber manchmal müssen wir schon einiges aushalten und werden richtiggehend beschimpft. Auch das versuchen wir mit Freundlichkeit und Routine auszugleichen.“

Bürgerhotline auch am Wochenende erreichbar

So geht es ebenfalls den Kolleginnen und Kollegen, die jeden Tag von 8 bis 18 Uhr und an den Wochenenden von 10 bis 15 Uhr an den Telefonen der Bürger-Hotline Auskunft geben.

Die freiwilligen Helferinnen und Helfer aus verschiedenen Fachdiensten der Verwaltung sind mit großem Engagement dabei und bringen sich jeden Tag auf den neuesten Stand der Informationen rund um Corona. Gut 500 Anrufe laufen bei ihnen täglich ein – mit Fragen zu Vorsichtsmaßnahmen, Lohnzahlungen, Kinderbetreuung, Förderprogrammen, Vereinsveranstaltungen, Urlaubsreisen und Tests.

„Gerade wenn es um Abstriche geht, sind die Anrufer häufiger ungehalten und aufgebracht “, sagt Prof. Breitmeier: „Wir verstehen, dass viele Menschen unsicher sind, aber bemerken auch, dass sie falsche Vorstellungen haben. Viele wissen nicht, dass das Gesundheitsamt keine Tests durchführt, keine Diagnosen stellt und auch keine Patienten behandelt. Unsere Aufgabe ist der Bevölkerungsschutz. Wir kommen erst ins Spiel, wenn eine Meldung nach dem Infektionsschutzgesetz und/oder ein Laborbefund vorliegen. Dann legen unsere Teams los.“ (pm)+++


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