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Der damalige Tatort in der Fuldaer Straße in Bad Salzschlirf - Archivfoto: O|N/Marius Auth

FULDA Angeklagter weint

Gutachten im Prozess um erwürgte Ehefrau - "Sie war in Todesangst!"

19.06.20 - Im Fuldaer Landgericht wurde am Freitag der Totschlagsprozess gegen einen 27-Jährigen fortgesetzt, der im August letzten Jahres seine Ehefrau in Bad Salzschlirf so gewürgt haben soll, dass sie zwei Tage später im Krankenhaus verstarb. Nachdem sich der Angeklagte am Mittwoch zum ersten Mal zu den Tatvorwürfen geäußert hatte, kamen heute die beiden Gutachter zu Wort. Gerichtsmediziner Prof. Manfred Risse führte in gewohnter Deutlichkeit aus, welche Schlüsse aus der Obduktion der Leiche des Opfers zu ziehen sind. Er beschrieb detailliert, welche Auswirkungen die massive Strangulation hatte: die Frau habe sich in Todesangst gewehrt, sei aber durch den Sauerstoffmangel nach kurzer Zeit ohnmächtig geworden. Sie sei so "tief komatös" gewesen, dass sie kaum zu reanimieren gewesen sei. 

Die Frage des Verteidigers zielte darauf ab, ob die junge Frau eventuell einen "reflektorischen Herzstillstand" erlitten habe. Hatte sie eine Vorschädigung am Herzen? "Nein, keine!", lautete Prof. Risses klare Antwort. "Das war eine gesunde junge Frau." Konkurrierende Ursachen zum Hirntod durch Sauerstoffmangel habe es nicht gegeben, war sich der Experte sicher.

Keine psychische Erkrankung

Der psychiatrische Gutachter, Prof. Helge Laubinger hatte ein halbes Jahr nach der Tat mit dem inhaftierten 27-Jährigen gesprochen. Als Kurde im Nord-Irak aufgewachsen sei dessen Jugend durch den Tod seiner Mutter und Misshandlung durch seine Stiefmutter geprägt gewesen. Er habe sich erst bei Verwandten, dann allein durchgeschlagen und 2012 geheiratet. Gemeinsam war das Paar, das zwei Söhne bekam, 2018 nach Deutschland gekommen. Der Angeklagte sei bislang weder kriminell, noch durch Gewalttätigkeit aufgefallen. Laubinger ging auf früheren Cannabiskonsum und epileptische Anfälle ein, die der 27-Jährige offenbar mit Psychopharmaka behandelt hatte, die er von einem Bekannten bekommen habe. Die Blutuntersuchungen nach der Tat hätten aber weder Alkohol, noch Drogen oder Medikamente bei ihm nachgewiesen. Er habe keine psychische Erkrankung und es gebe keine Einschränkung der Schuldfähigigkeit, befand der Gutachter.

An die genauen Umstände der Tat konnte sich der 27-Jährige nicht erinnern. "Ich wusste nicht, was meine Hände da machen!", hatte er dazu gesagt. Er will seine Frau nur kurz gewürgt haben, dann sei sie ohnmächtig geworden. Der Gutachter konstatierte aber eindeutig, dass der Angeklagte währenddessen keinerlei Einschränkungen in Bewusstsein und Denkvermögen hatte. Natürlich sei er über die Trennungsabsichten seiner Frau wütend und enttäuscht gewesen und habe sich in affektiver Erregung befunden. Doch sein Verhalten kurz vor und nach der Tat sei klar und geordnet gewesen, er habe noch eine geistesgegenwärtige Ausrede gehabt, warum seine Frau nicht aus dem Schlafzimmer zurückkam. "Es gab keine Orientierungslosigkeit oder Verwirrtheit nach der Tat. Stattdessen hat er klar und geordnet gewirkt und ein sortiertes Verhalten an den Tag gelegt", beschrieb Prof. Laubinger. 

Verteidiger Medeni Kurt sah das naturgemäß anders. Sein Mandant sei von den Trennungsabsichten seiner Frau zutiefst schockiert gewesen. "Er hatte nach seiner schwierigen Jugend in ihr einen Anker gefunden und durch ihre plötzliche Ankündigung den Boden unter den Füßen verloren", sagte der Anwalt. 

Das Urteil wird das Landgericht am 8. Juli verkünden. (Carla Ihle-Becker)+++


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