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Neuhofs Friseurmeister Heinz Conradi hängt mit 84 Jahren die Schere an den Nagel. - Fotos: Carina Jirsch

NEUHOF Eine Ära geht zu Ende

Friseurmeister Heinz Conradi: Mit 84 wird die Schere an den Nagel gehängt

23.07.20 - "Heinz Conradi gehört zu Neuhof wie der Kaliberg" - dieser Aussage würden viele Kunden des Friseurmeisters sofort zustimmen. Der Herren- und Frauensalon in Neuhof (Landkreis Fulda) wird seit 1965 selbstständig von dem heute 84-Jährigen geführt. 2020 ist Schluss, aber nicht aus Altersgründen - "Corona ist Schuld". 

Aus privaten Gründen führte ihn der Weg nach Neuhof. "Das ist jetzt über 60 Jahre her. Acht Jahre später habe ich mich dann selbstständig gemacht und den Laden am Lindenplatz von den Vorbesitzern übernommen", erklärt er im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS.

Musikalische Begeisterung lässt Conradi nicht los 

Neben der Tätigkeit als Friseur habe ihn das Interesse an der Musik stets begleitet. "Ich habe über 30 Jahre Musik gemacht und Trompete in einer Band gespielt." Wie kam es dann, dass er sich für das Friseurhandwerk entschied? "Ich bin Jahrgang 1936. Damals war nach dem Krieg das Geld knapp und ich wollte eigentlich studieren - vielleicht am Konservatorium - das hat dann aber nicht funktioniert." Vom damaligen Wohnort Kassel ging es nach Gersfeld in die Rhön. "Dort gab es aber leider wenig Möglichkeiten."

"Ich habe aus der Not heraus den Beruf des Friseurs gelernt"

In diesem Salon (Am Lindenplatz) machte Conradi 1957 seine Ausbildung - 1965 übernahm ...Fotos: Privat (6)

1956. Heinz Conradi träumte von einem Musikstudium, aber entschied sich für eine ...

Aus der Not heraus habe er sich daraufhin dafür entschieden, den Beruf des Friseurs zu erlernen. "Es war also anfangs keine Leidenschaft, das entwickelte sich erst später." Im Jahr 1953 begann er schließlich seine Lehre in Gersfeld, drei Jahre später ging er für ein Jahr nach Düsseldorf, bis es ihn anschließend in die Kaligemeinde zog. 

Auch in Düsseldorf beschäftigte ihn die Musik: "Mein Onkel war Kammermusiker in Wuppertal." Einmal hieß es in einem Gespräch: "Du bist über Mitte zwanzig – bist du anfängst zu studieren, will dich kein Orchester mehr haben. Mach deinen Friseur weiter und musiziere nebenbei." Und so kam es dann auch: Im Jahr 1962 legte er seine Meisterprüfung ab, übernahm 1965 den Laden eines älteren Ehepaares und bildete über 20 Lehrlinge aus. 2000 folgte der Standortwechsel in die Fuldaer Straße. Währenddessen wurde am Wochenende immer Musik gemacht in den amerikanischen Clubs in Fulda. "Dort wurde richtig moderne Jazz-Musik gespielt. Das waren schöne Zeiten."

Rentenalter erreicht: "Ich fange gerade erst an"

In 2015 bekam Conradi den Goldenen Meisterbrief zu seinem 50. Berufsjubiläum ...

2015 feierte Conradi sein 50-jähriges Jubiläum und erhielt den goldenen Meisterbrief. Der Ruhestand kam für ihn auch seit Beginn des Rentenalters nicht in Frage – die Arbeit wurde fortgesetzt. Nun mit 84 Jahren wird der Laden geschlossen. "Es ist wegen der ganzen Corona-Situation. Ich habe viele ältere Kunden – der Betrieb läuft jetzt anders. Die Kosten laufen weiter, Soforthilfe ist beantragt, aber es lohnt sich nicht mehr." 

Viele Haartrends mitverfolgt: Perücken, Dauerwelle und Strähnchen

Im Laufe der Jahre konnte Conradi einige Frisurentrends mitverfolgen. In den 80ern war die Dauerwelle der letzte Schrei. "An Weihnachten gab es alle Hände voll zu tun, da mussten wir einige Dauerwellen machen." Früher seien es 15 Stück am Tag gewesen für acht bis zehn Mark.

Gleichzeitig gab es dazwischen eine Perückenzeit. "Ich hatte das Schaufenster voller Perücken, jede Frau, auch wenn sie volle Haare hatte, hatte drei bis fünf Stück in verschiedenen Längen zu Hause." Danach kamen die 90er Jahre mit den Strähnchen. Auch heute noch verfolgt er die aktuellen Trends. "Jedes Jahr bin ich im März nach Düsseldorf gefahren zur Frisurenmodenschau." Seine Devise: "Man muss sich immer weiterbilden, man muss raus, wie auf Wanderschaft gehen – so ist das im Modeberuf."

Treue Kundschaft – viele Gespräche

Eine Ära geht zu Ende

Der Friseurmeister dankt seinen Kunden für die jahrelange Treue.

Eine Ära geht zu Ende. Was bleibt, sind die Erinnerungen und der Dank an seine Kunden für die jahrelange Treue. Neben dem Haareschneiden sei auch der soziale Kontakt besonders gewesen. "Als Friseur ist man auf gewisse Weise Therapeut. Wenn ältere Menschen wegen einer Dauerwelle kamen, gab es positives Feedback. Die Kunden haben einen schönen Nachmittag bei mir verbracht mit einem Tässchen Kaffee, sich richtig wohlgefühlt und viel geredet – für jemanden der alleine lebt, ist das viel Wert." (Maria Franco) +++



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