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In der Fuldaer Löhrstraße kennt jeder jeden und jeder ist für jeden da. - Fotos: Suria Reiche

FULDA Eine Straße wie keine andere

Die Löherstraße im Wandel - einst Via Regia, heute alternatives Zentrum

04.08.20 - Früher einmal, da war die Löherstraße die Handelsstraße von Fulda. Die Via Regia wurde von Geschäftsleuten genutzt, um in die Stadt zu gelangen und war deswegen besonders wichtig. Auch heute hat sich die Löherstraße als bedeutende Markt- und Flanierstraße etabliert. Aber sie ist viel mehr als das: Nämlich sozusagen das alternative Zentrum Fuldas, die Straße, in der jeder jeden kennt, in der jeder für jeden da ist – und in der mindestens zweimal im Jahr Feste gefeiert werden, die noch lange in den Köpfen bleiben. Ob das auch in diesem Jahr der Fall sein wird, ist fraglich – aber die Interessengemeinschaft (IG) Löherstraße feilt gerade an umsetzbaren Ideen.

Es ist Abend geworden, über den Dächern der alten Häuser, die die mit Kopfstein gepflasterte Löherstraße zieren, geht gerade die Sonne unter, vor den Kneipen sitzen Menschen und lachen und unter einem Auto steckt eine grau-weiß gemusterte Katze den Kopf hervor. Es ist Eik. Die Bewohner der Löherstraße kennen und schätzen ihn. Genauso wie den kleinen Shih Tzu Chico, der an jedem Tag in der Tür des Plattenladens "Marleen Records" sitzt und über sein Herrchen Martin Hasenauer und das zahlreiche Vinyl wacht. Direkt gegenüber dem Plattenladen wartet Thorsten Mager in seinem Versicherungsbüro auf einige der Mitglieder der IG Löherstraße, um mit ihnen über die beiden Feste zu sprechen, die eigentlich in jedem Jahr vor seiner Haustür stattfinden.

Das Foto zeigt das ehemalige Haus der Beratungsstelle "inkultura",

Es gibt wieder Hoffnung

Anfang Juni veranstaltet die IG Löherstraße normalerweise das Löherstraßen-Picknick und am ersten September-Wochenende folgt dann mit dem Löherstraßen-Fest das Highlight der IG, die bereits Anfang des Jahres einen Antrag auf die obligatorische Straßensperrung bei der Stadt gestellt hatte. Doch dann legte ein neuartiger Virus das kulturelle Leben in ganz Deutschland lahm – und das Löherstraßen-Fest schien wie so vieles andere ins Wasser zu fallen. Doch inzwischen gibt es wieder Hoffnung bei den Bewohnern, Geschäftsleuten und Freunden der Löherstraße. "Edi Leib vom City-Marketing hat uns auf die Idee gebracht, eine alternative Veranstaltung auf die Beine zu stellen. Es könnte Ende August hier in der Löherstraße eine Art Picknick unter Lampions geben. Natürlich unter Beachtung der geltenden Beschränkungen", sagt Mager, für den die Löherstraße schon seit seiner Geburt eine Heimat ist. "Ich liebe diese Straße", sagt er, "es gibt einen unglaublichen Kooperationsgeist hier und jeder ist für jeden da."

2007, also vor fast 15 Jahren, veranstaltete die damals noch frisch gegründete Interessengemeinschaft, die aus vielen der Geschäftsleuten in der Löherstraße besteht, das erste Löherstraßenfest, erinnert sich dann Christiane Meurer, die nebenan gemeinsam mit ihrem Mann, Wolfgang Klose, die Rösterei Kaffeekultur betreibt. "Obwohl wir hier alle so unterschiedlich sind, klappt das Zusammenleben so gut", sagt sie und erntet Zustimmung von Hasenauer, der gemeinsam mit Chico auf die andere Straßenseite gekommen ist. Währenddessen hat Mager einen Bilderrahmen von der Wand gehängt, in dem eine Urkunde zu sehen ist. "Wir haben sogar schon drei Mal den Wettbewerb ‚Ab in die Mitte‘ gewonnen", sagt er mit Freude und zeigt auf die Urkunde.

Auch der Taschenladen schließt.

Corona macht auch vor Löhrstraße keinen Halt

Interessengemeinschaften habe es in Fulda zwar schon viele gegeben, aber ihre sei eine der wenigen, die bis heute bestehen geblieben ist. "Wir waren auch schon mal stärker, was unsere Mitglieder angeht", sagt Meurer. Jeder Laden, der schließe, sei ein Verlust. Das sei mit dem Taschenladen "Taschenwelten" so, an dessen Schaufenster große Plakate hängen, die eine Geschäftsaufgabe ankündigen. Und es sei mit dem Immobilienbüro Böcher so gewesen. Auch für dessen Betreiber Clemens Böcher war der Abschied kein leichter: "Seit 2012 hab‘ ich mich hier in der Löherstraße sehr wohlgefühlt und mich auch stark in der IG eingebracht. Aber ich gehe davon aus, dass die Haupt-Wirtschaftskrise in etwa einem halben Jahr erst noch kommt, und ich sah mich gezwungen, um überleben zu können, ab sofort massiv Kosten einzusparen." Konkret bedeutet das, dass Böcher seine Galerie in der Löherstraße aufgab und von nun an von zu Hause aus arbeitet.

Seine ehemaligen Räumlichkeiten hat inzwischen ein Gesicht bezogen, das man aus der Löherstraße kennt: Christel Krummeich war auch vorher schon 17 Jahre lang mit ihrer Ausländerberatungsstelle "Inkultura" weiter vorn in der Löherstraße aktiv. Das Haus, in dem sie vorher zu finden war, wurde verkauft und soll nun genau wie die beiden Nachbarhäuser saniert werden. Was mit den Räumlichkeiten des Taschenladens passieren wird, ist den Mitgliedern der IG Löherstraße noch nicht bekannt: "Aber jeder neue Laden, der hier öffnet, ist mit ein bisschen Bammel verbunden. Davor, dass der Neue vielleicht nicht zu uns passt", gibt Meurer zu bedenken.

Denn auch, wenn die Mitglieder, wie sie selbst sagen, von Grund auf so verschieden und auch oft unterschiedlicher Meinung sind, genießen sie es, hier in der einstigen Via Regia zusammenzuarbeiten und Tür und Tür zu leben. "Wir sind wie eine große Familie. In der gibt es auch mal Motzereien. Aber man mag sich trotzdem", sagt Mager. (Suria Reiche) +++


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