Nachgedacht im September: "Verrückte Welt!"

06.09.20 - Seit Monaten leben wir in einem Ausnahmezustand, doch ist uns das noch so richtig klar? Sind wir nicht längst angepasst an eine neue Normalität, ist unser altes Leben nicht in eine andere Realität verrückt? Diese Veränderung ging schnell, vielleicht zu schnell? Und wie sieht es mit der Angst aus? Haben wir uns sogar an eine Art Grundangst gewöhnt? Sind wir krisenfester geworden und gehen souveräner mit der Situation um? Sind wir besonnen anstatt apathisch und hysterisch? Heute bleiben viele Fragen, liebe Leserinnen und Leser, denn letzten Endes wissen wir alle nicht so richtig, was gerade los ist. Aber der Trend steht im Zeichen von Veränderung, vom Verrücken des Bekannten hin zu etwas Neuem.

Die Bilder vergangener Tage aus Berlin machen aber auch klar, wie sehr die neue Situation die Gesellschaft schon wieder beängstigend spaltet und aufrührt. Und der Kampf um einen Impfstoff wird auch noch interessant. Wir sind wahrscheinlich längst nicht da, wo wir sein sollten, aber unsere gesamte Welt bewegt sich, in den letzten Monaten waren Dinge möglich, die niemand erahnen konnte. Warum lässt sich dann nicht auch eine bessere Welt imaginieren? Können wir die Krise nutzen, um immer ein Stück weiter dorthin zu rücken, wohin wir eigentlich wollen?

Ich wünsche mir, dass wir mehr daraus machen, als irgendwann zum Alten zurückzugehen. Das ist aber nicht leicht. Und wir können nur bei uns selbst weitermachen, denn jeder weiß selbst am besten, was die Krise mit ihm persönlich gemacht hat, jeder weiß nun selbst, was ihm in der Zeit geholfen hat und was überflüssig war. Jedes Leben für sich wurde ja verrückt. Und wenn es da vielleicht nicht einen Grund zur Freude gibt: Wir, früher satt von allem, von Essen, Unterhaltung und netten Freizeitaktivitäten, wissen nun, was uns fehlt. Der Entzug des Normalen hat uns klug gemacht. So gewinnt doch alles Wesentliche wieder seinen Wert. (Christina Lander) +++