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Der Hühnerhalter Patrick Klitsch vor seinem selbstgebauten Stall - Foto: Hendrik Auth (6)

REGION Eiergenuss mit gutem Gewissen

Lieber regionale Hühnerhalter als gewinnorientierte Legebetriebe

12.09.20 - Das Hühnerei ist in aller Munde. Laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft verspeisten wir Deutsche im vergangenen Jahr ca. 19,6 Milliarden Eier. Das ergibt 236 Eier pro Kopf. Somit ist das Ei eines der beliebtesten Lebensmittel der Deutschen. Doch wissen wir das Lebewesen hinter dem Ei zu schätzen? Ist man sich als Verbraucher im Klaren darüber, dass 62 Prozent der deutschen Legehennen in Bodenhaltung leben und liefern müssen? Auch, dass bei Bio-Eiern nicht immer alles mit rechten Dingen zugeht, ist den wenigsten bewusst. OSTHESSEN|NEWS hat sich mit der Thematik auseinandergesetzt.

Das originelle Logo des Kleinhandels: JEGGpot

Dazu befragten wir einen Hühnerhalter aus Großenlüder. Patrick Klitsch hält gemeinsam mit Philip Rützel seit April dieses Jahres eine Hühnerschar von 75 Tieren. Zuerst wollten beide bloß den Eier-Eigenbedarf ihrer Familien decken. Doch das änderte sich rasch. "Wir merkten recht schnell, dass die Nachfrage nach frischen, heimischen Eiern besonders in dörflichen Regionen sehr groß ist. Also beschlossen wir, von anfänglichen 50 Hühnern auf 75 aufzustocken", so Patrick Klitsch. Der aus einem alten Anhänger selbst gebaute Hühnerstall verfügt über eine automatische Entmistungsanlage unter den Nestern.

Ein Blick in den gefüllten Eierkühlschrank

Der Hobby-Hühnerhalter zeigt sich überrascht von der positiven Resonanz der Kundschaft: "Von den 200 bis 220 Eiern, die wir wöchentlich anbieten, bleibt keines übrig. Und das trotz einiger anderer Anbieter hier in Großenlüder." Der gelernte Schreiner führt dies auch auf die Attraktivität des lokalen Eierhandels zurück. "Die Leute fahren hier vorbei, sehen und hören die gackernden Hühner. Das nächste Mal halten sie dann an und nehmen sich 10 oder auch mal 30 Eier mit." Einen Vorteil für die Kundschaft bietet auch die ganztägige Verfügbarkeit der Eier. "Unser Angebot steht jedem jederzeit zur Verfügung. Wir setzen da auf gegenseitiges Vertrauen. Das klappt bisher auch bestens", freut sich Klitsch.

Mittlerweile kann man sich ein eigenes Bild von der Herkunft eines jeden Hühnereis machen. Seit 2004 findet sich auf den Bäuchen der Eier EU-weit ein einheitlicher sogenannter Eiercode. Der informiert über Haltungsform, Erzeugerland und den Herkunftshof. Eine Null an erster Stelle des Zifferncodes gibt die Herkunft aus ökologischer Erzeugung an, die Ziffer Eins steht für Freilandhaltung, eine Zwei für Boden- und eine Drei für Käfighaltung. Länderkürzel verraten an nächster Stelle das Herkunftsland. Ein abschließender siebenstelliger Zahlencode verweist auf das Bundesland sowie auf die entsprechende Betriebs- und Stallzugehörigkeit.

Doch der besagte Code ist immer nur auf dem einzelnen Ei zu finden. Kennzeichnungen auf der Verpackung geben allenfalls Aufschluss über die Identität der Packstelle. So kann es beispielsweise sein, dass Eier in Frankreich gelegt wurden und erst in Deutschland in den End-Karton wandern. Allerdings sind diese Markierungen bloß auf rohen Eiern zu finden. Sobald Eier als verarbeitete Zutaten in einem Fertigprodukt enthalten sind, entfällt eine solche verbindliche Markierungspflicht.

Das Etikett "Bio-Ei" - synonym kann auch die Vorsilbe "Öko" genutzt werden - verdient sich ein Ei, wenn es aus dem Bauch eines der Hühner stammt, die Raum zum Laufen, Picken, Scharren, Ruhen und zum Sand- und Staubbaden haben. Einen Drittel ihrer Lebenszeit müssen Bio-Legehennen Zugang zu freiem Auslaufgelände haben. Gemäß den EU-Vorgaben dürfen maximal sechs Legehennen pro Quadratmeter und 3.000 pro Stall gehalten werden. Den Tieren muss jederzeit Frischluft und Tageslicht gewährt werden, sowie eine achtstündige Nachtruhe ohne Kunstlichtbestrahlung. Außerdem muss ausschließlich Bio-Futter gefüttert werden.

Es gibt auch "faule Bioeier"!


Die versammelte Hühnerschar wollte alle aufs Bild

Laut Recherchen des ZDF, welche sich auf Nachforschungen von Animal Rights Watch stützen, trickst man aber in der Bioeierbranche. So würden einzelne Ställe, welche jeweils bis zu 3.000 Hennen fassen, einfach direkt aneinandergereiht und potenziert den Gesamtbestand erheblich. Veröffentlichte Aufnahmen und Bilder des Vereins ARIWA zeigen darüber hinaus bestürzende Zustände innerhalb der Bestallungen. Ein Mitglied der Tierrechtsorganisation äußert sich dazu ernüchtert: "Drinnen ist es nichts anderes als Bodenhaltung und tagsüber im Freien ist es Freilandhaltung mit dem Unterschied, dass Bio-Futter gefüttert wird." Tatsächlich geht es hier um Massentierhaltung.

Sollten Sie beim Eiereinkauf wirklich Wert auf das Tierwohl und obendrein auf ein gutes Gewissen legen, empfiehlt es sich, nach lokalen Eierverkäufern in der Region Ausschau zu halten. Denn dort können Sie den Hühnern beim glücklichen Picken unter freiem Himmel zusehen. Mit etwas Fortune nehmen Sie auch den einen oder anderen gefüllten Eierkarton mit nach Hause, denn die Nachfrage ist größer als das Angebot. (Hendrik Auth) +++


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