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Corona-Krise: Die Frage sei nicht, "ob eine Welle an Unternehmensinsolvenzen kommen wird, sondern wann", sagen Wirtschafts-Experten wie DIW-Chef Fratzscher. - Foto: Adobe Stock / www.push2hit.de

FULDA Zweite Corona-Welle wird härter!

Creditreform-Chef Busold warnt vor Unternehmenspleiten - auch in der Region

05.01.21 - Die Wirtschaft steckt durch die Corona-Pandemie in einer schweren Krise. Ökonomen warnen vor Unternehmenspleiten und dem Wegfall von Hunderttausenden Arbeitsplätzen. Auch der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, erwartet in Folge der Corona-Krise eine Zunahme der Insolvenzen. "Die zweite Welle wird härter", erklärte Fratzscher der "Augsburger Allgemeinen" (Samstagausgabe). "Je länger es dauert, desto mehr Unternehmen kommen an die Grenzen ihrer Möglichkeiten, desto mehr werden pleitegehen." Die Frage sei nicht, "ob eine Welle an Unternehmensinsolvenzen kommen wird, sondern wann".

Trotzdem: der DIW-Chef spricht sich, wie Bund und Länder auch, für eine Lockdown-Verlängerung über den 11. Januar hinaus aus. "Auch für die Wirtschaft muss es oberste Priorität haben, dass die zweite Infektionswelle möglichst schnell begrenzt wird. Wirtschaftliche Lockerungen jetzt mögen kurzfristig manchen nutzen, langfristig würden sie jedoch allen schaden."

Wolfram Busold, Geschäftsführer von Creditreform Fulda-Kassel. Archivfoto: Marius Auth

OSTHESSEN|NEWS hat mit Wolfram Busold, Geschäftsführer der Creditreform Kassel / Fulda Schlegel & Busold KG, über die aktuelle Lage und die Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft gesprochen. Das Interview lesen Sie hier im Wortlaut.

O|N: Wir stecken mitten in der Corona-Krise – und auch in unserer Region sind die wirtschaftlichen Folgen deutlich spürbar. Mit den November- und Dezember-Hilfen haben einige Branchen zwar Staatshilfen erhalten. Aber reichen diese Finanzspritzen aus oder sind sie nur ein Tropfen auf den heißen Stein?

Busold: "Allgemein ist eine Einschätzung in der gegenwärtigen Situation schwer absehbar. Angesicht der aktuellen sowie größten wirtschaftlichen Krise, verläuft die Zahl der Unternehmensinsolvenzen stark rückläufig ebenso ist ein positiver Verlauf in der Finanzierungssituation der Betriebe erkennbar. Diese paradoxe Entwicklung ist zum Schutz der deutschen Unternehmen auf die wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Bundesregierung zurückzuführen. Die Anzahl der zukünftigen Unternehmenspleiten hängt von der Umsetzung der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen ab. Werde diese nochmals ausgeweitet, werden auch die Unternehmenspleiten verschoben. Eins ist allerdings klar, besonders getroffen sind die kleinen und mittleren Unternehmen, hier fällt die Umstellung auf digitale Geschäftsmodell-Entwicklungen enorm schwer."

O|N: Vor besonderes großen Herausforderungen stehen der Handel, die Gastronomie und die Hotellerie. Sie sind ganz direkt vom Lockdown betroffen. Wie bewerten Sie hier die Lage in Osthessen?

Busold: "Vor großen Herausforderungen befinden sich Restaurantbesitzer, Händler, Hoteliers, Gastwirte, Vermieter, Barbetreiber, Künstler, Veranstalter und Reisebüros. Diese Strömung zeigt sich nicht nur in Osthessen, sondern spiegelt sich in ganz Deutschland und weltweit wider. Zu empfehlen wäre besonders hier, sich nicht nur auf staatliche Maßnahmen zu verlassen, sondern mehr in eine eigene unternehmerische Eigenverantwortung in Bezug auf die Finanzierung und Weiterentwicklung des eigenen Geschäftsmodells aufzubauen. Förderlich ist eine frühzeitige Umsetzung, wie zum Beispiel die Aussortierung nicht überlebensfähiger Geschäftsmodelle, ebenso wie die Aufstellung eines präventiven Restrukturierungsrahmens."

O|N: Wie haben sich die Insolvenzen bei Unternehmen und Verbrauchern in unserer Region entwickelt?

Busold: "Das Statistische Bundesamt hat Mitte November mitgeteilt, dass die Zahl der Regelinsolvenzverfahren weiterhin deutlich unter dem Vorjahresniveau liegt. Diese Entwicklung können wir für die Stadt Fulda und LK Fulda ebenfalls bestätigen, für die Stadt Fulda waren es im 1. Halbjahr noch 12 Unternehmensinsolvenzen, in der 2. Hälfte sind es im Vergleich nur noch 7 Insolvenzen. Im Landkreis Fulda ist der Rückgang massiv, im 1. Halbjahr mussten 33 Unternehmen den Kampf der Existenz aufgeben, im 2. Halbjahr sind es aktuell 4 Betriebe. Diese Tendenz verläuft deckungsgleich zu der deutschlandweiten Auswertung. Hier wurde offensichtlich die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wie auch die Unterstützungshilfen der Bundesregierung genutzt. Die Verbraucherverschuldung bei Personen über 18 Jahre ist sowohl im LK Fulda sowie auch in Stadt Fulda rückläufig. Die Stadt Fulda weist eine Schuldnerquote von 10,42 % (2019: 10,46 %) auf. Im LK Fulda zeigt sich ein vergleichbarer Rückgang mit einer diesjährigen Schuldnerquote von 7,62 % (2019: 7,67).

O|N: Wagen Sie eine Prognose: Wann hat sich unsere heimische Wirtschaft wieder erholt?

Busold: "Zahlreiche staatliche Hilfsgelder und die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht, als auch andere Finanzmittel, haben zu den niedrigen Fallzahlen beigetragen, diese Konstellation täuscht jedoch über die tatsächliche wirtschaftliche Lage. Dieser Effekt ist nicht dauerhaft aufrechtzuerhalten, der Einsturz der Insolvenzzahlen wird somit bloß nach hinten verschoben. Einigen Unternehmen wird es möglicherweise gelingen, sich auf die neuen Umstände umzustellen und somit eine Insolvenz zu vermeiden. Komplett aufhalten werden die Ausnahmeregelungen und die Unternehmenshilfen die Insolvenzwelle jedoch nicht. Trotz gravierender Einbrüche auf privater als auch beruflicher Ebene blicke ich recht zuversichtlich in die Zukunft. Ein Hoffnungsschimmer ist die Corona-Schutzimpfung, eine wiederkehrende Normalität wird allerdings noch Zeit brauchen."

O|N: Vielen Dank für das Gespräch! (Christian P. Stadtfeld) +++


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