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Der Lockdown macht vor allem dem Gastgewerbe im Vogelsberg zu schaffen. - Symbolbild: Pixabay

REGION VB Gastgewerbe vor Insolvenzwelle

Im Kriechgang: Ohne klare Perspektive droht vielen Beschäftigten die Entlassung

16.02.21 - Für viele Unternehmen im Vogelsberg  ist die Lage ernst. Knapp vier von zehn Betrieben erwarten schlechtere Geschäfte. Von einer aktuell guten Lage berichtet rund ein Viertel. Das Schwanken zwischen Hiobsbotschaften und Hoffnungsschimmer ist zum Markenzeichen der Corona-Pandemie geworden. 

Grafik: IHK Gießen-Friedberg

Beinahe durchweg hat sich die Stimmung im IHK-Bezirk Gießen-Friedberg, zudem auch der Vogelsberg gehört, stark eingetrübt. Mit dem zweiten Lockdown verzeichnet rund jedes dritte Unternehmen – mit Ausnahme der Bauwirtschaft – eine schlechte Geschäftslage. "Seit über zehn Jahren war die wirtschaftliche Lage nicht so schwach. Viele Unternehmen haben immense Probleme. Wenn dieser Trend nicht bald umgekehrt wird, kommt es zu einer Reihe von Insolvenzen", kommentiert Matthias Leder, IHK-Hauptgeschäftsführer, die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage, an der sich 375 Unternehmen aus Industrie, Bauwirtschaft, Handel und Dienstleistungen in den Kreisen Gießen, Vogelsberg und Wetterau beteiligten. Die Befragung lief von Mitte Dezember bis Mitte Januar.

Die ernste Lage betreffe vor allem das Gastgewerbe, die Reisewirtschaft und den stationären Einzelhandel - ohne Lebensmittelverkauf. Ein Ende Misere ist nicht in Sicht, denn die Ergebnisse des Corona-Gipfels mit einer Verlängerung des Lockdowns bürden den Unternehmen weiter eine schwere Last auf. "Es sind jetzt Maßnahmen gefragt, die unsere Wirtschaft und Gesellschaft intelligent und digital schützen, und die Grundrechte wieder in Kraft setzen", so der IHK-Chef weiter.

Gastgewerbe vor Insolvenzwelle

Auch wenn die aktuelle Lage immerhin von rund einem Viertel als gut bewertet wird, liegt der Optimismus brach. Lediglich 14 Prozent der befragten Unternehmen im Vogelsberg erwarten bessere Geschäfte. Eine ungünstigere Geschäftslage sehen knapp 38 Prozent auf sich zukommen. Diese pessimistischen Erwartungen sind branchenweit vertreten. In der Bauwirtschaft oder Industrie gehen die Befragten im Vergleich zur aktuellen Situation ebenfalls davon aus, dass sich ihre Lage verschlechtern wird.

Besonders dramatisch ist die Situation in den Gaststätten. Fast alle Befragten berichten von Liquiditätsengpässen, jeder vierte Befragte gab an, vor einer drohenden Insolvenz zu stehen. Finanzielle Mittel für notwendige Einkäufe, um Betriebe nach einer Öffnung wieder ins Laufen zu bringen, fehlen. Hinzu kommt, dass durch die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht eine Bugwelle zu befürchten ist, die schließlich zu vielen Geschäftsschließungen führen wird. Der fortgesetzte Lockdown belastet diese Betriebe immens. Auch wenn vonseiten der Bundesregierung immer wieder umfassende finanzielle Hilfen in Aussicht gestellt werden, bringen die späten Auszahlungen die vom Lockdown betroffenen Betriebe in Not. "Bei der Auszahlung der Hilfen hapert es", kritisiert Matthias Leder. "Der Antragsweg über Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer erschwert das Verfahren erheblich und führt zu unnötigen Verzögerungen."

Ohne eine klare Perspektive für einen baldigen Neustart droht zudem vielen Beschäftigten die Entlassung. Die Verlängerung des Lockdowns weit in den Februar hinein hat die Situation noch einmal deutlich verschärft. Nach drei Monaten Schließung drohen irreparable Schäden.

Symbolbilder: O|N

Leere Innenstädte derzeit in ganz Deutschland.

Planungsrisiken im Einzelhandel

Die regionalen Einzelhändler sind ebenfalls frustriert. Mehr als jeder zweite (53 Prozent) geht von einem zukünftigen Negativverlauf seiner Geschäfte aus, die Zahl der Beschäftigten dürfte fallen (31 Prozent), Investitionen ebenfalls (52 Prozent). Als Risiken für die Entwicklung ihrer Betriebe nannten die Befragten in erster Linie die Inlandsnachfrage, gefolgt von den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Für die Einzelhändler ist der immens wichtige Umsatzbringer Dezember nicht mehr aufzuholen, Winterware, die zu einem Großteil nicht verkauft werden konnte, lässt sich nunmehr nur noch entsorgen oder mit deutlichen Preisabschlägen in der kommenden Saison verkaufen. Auch in dieser Branche sind durch die Unsicherheit Einkäufe, die einen monatelangen Vorlauf haben, schwer planbar. Es drohen entweder Knappheiten, was zu unzufriedenen Kunden führt, oder ein erneuter Überhang an Waren, weil die Einzelhändler aufgrund des politischen Zick-Zack-Kurses die Nachfrage nicht zuverlässig einschätzen können.

Risiken wie Fachkräftemangel und Arbeitskosten folgen im Einzelhandel mit großem Abstand. Die Situation ist dennoch insgesamt stabiler als unter den Gastwirten. Eine Insolvenz fürchten unter den Einzelhändlern nur knapp sieben Prozent, von Liquiditätsengpässen sind lediglich knapp 16 Prozent betroffen.

Vogelsberg digitalisiert stärker

Für das Baugewerbe sehen die Aussichten ganz anders aus: Denn die aktuelle Lage der Baufirmen im Vogelsbergkreis ist durchweg gut oder befriedigend, die Zahl der Beschäftigten soll gleich bleiben oder sogar zunehmen. Beflügelt hat das Baugewerbe die anziehende Ausweitung von Baugebieten, hinzu kommen relativ günstige Preise für Bauland im Vergleich zur Rhein-Main-Region. Kaum zu Buche schlagen die Rahmenbedingungen der Corona-Pandemie in diesem Sektor, als Risiken für die Entwicklung gelten vielmehr Fachkräftemangel, Inlandsnachfrage und Arbeitskosten.

Insgesamt sind die Aussichten im Vogelsberg mit einem Klimaindex von 75,7 Punkten allerdings negativ. Dies schlägt sich auch in den geplanten Investitionen nieder. Weniger investieren will knapp jeder zweite Industriebetrieb. Dienstleister sind ebenfalls zurückhaltend. Im Einzelhandel gehen 60 Prozent von rückläufigen Investitionen aus. Durchweg schlecht beurteilen Gaststätten ihre Lage. Offensichtlich konnte der Abholservice von Speisen nur minimal Abhilfe schaffen. Auffallend ist im Vogelsberg die hohe Anbindung an den digitalen Vertrieb. Einzel- und Großhändler weisen hier gute Ergebnisse auf, die im Vergleich zu anderen hessischen Regionen auffallend hoch sind: Über 44 Prozent der Vogelsberger Betriebe haben digitale Vertriebskanäle aufgebaut. (ld/pm) +++


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