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Viele Schweine auf engem Raum - Tiertransporte oftmals über hunderte Kilometer - weder für das Tierwohl noch für den Umweltschutz sinnvoll - Archivbild: Hans-Hubertus Braune

REGION Kritik am Klöckner-Plan

Alle wollen mehr Tierwohl - aber höhere Abgaben für Fleisch sind "Blödsinn"

07.03.21 - "Glückliche" Schweine, Rinder und Hühner durch höhere Fleischpreise? Diesen Plan verfolgt offenbar Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (48, CDU). Ziel sei, mehr Tierwohl und Umweltschutz auf den Bauernhöfen in Deutschland zu realisieren. Die Landwirte sollen dafür entsprechend mehr Fördermittel, etwa für den Umbau ihrer Ställe erhalten. Diskutiert werden offenbar eine Mehrwertsteuererhöhung auf tierische Produkte von sieben auf 19 Prozent oder eine Verbrauchssteuer von 47 Cent pro Kilogramm Fleisch. Eine weitere Variante sei ein Aufschlag auf die Einkommenssteuer.

Kritik an den Plänen kommt von heimischen Fleischermeistern. Sie sind vermutlich die Verlierer einer höheren Abgabe. Während die großen Player am Markt mit einer Mischkalkulation ihre Wurst- und Fleischpreise in den Regalen und Theken eher konstant halten werden, müssen die kleinen Betriebe die zusätzlichen Ausgaben an ihre Kunden weiterreichen. Die Problematik ist: Ist eine Mehrzahl der Kunden:innen bereit und in der Lage, für mehr Tierwohl auch mehr zu bezahlen?

"Es kommt nicht an, wo es hin muss"

Julia Klöckner (CDU), Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, stellt ...Foto: picture alliance / Flashpic / Jens Krick

Mehr Tierwohl wollen die Landwirte, viele Kunden:innen und auch die Fleischer- und Metzgerbetriebe. Doch der vorgeschlagene Weg der Ministerin sei "Blödsinn". Fleischermeister Christoph Schneider von der Fleischerei Schneider in Fulda erklärt: "Es kommt nicht an, wo es hin muss". Zusätzliche Bürokratie sei die Folge. Die Handelswege müssten kürzer werden. "Ich zahle meinem Landwirt 25 Euro mehr pro Schwein", sagt Schneider. Bei Großbetrieben geht dies nicht, da sind viele Zwischenhändler, die am Produkt mitverdienen wollen. Doch die meisten Verbraucher seien nicht bereit und kaufen beim Discounter ihre Wurst oder ihr Fleisch ein. "Die kalkulieren das weg und können es sich leisten, auch mal unter Einkaufspreis zu verkaufen", sagt Schneider.

Fleischermeister Christoph Schneider von der Fleischerei Schneider in Fulda ...Archivfotos (2): O|N / Kevin Kunze

Höhere Abgaben bedeuten höhere Preise für die Verbraucher. Die Metzgerei von nebenan auf dem Dorf oder in der Stadt kann das nicht. Die Preisspanne wird also noch größer. Dabei sind genau diese kürzeren Wege ein Teil der Lösung hin zu mehr Tierwohl und Umweltschutz. Weniger Transporte bedeuten zum Beispiel weniger Treibstoff und Abgase. "In den vergangenen 30 Jahren haben 70 Betriebe in der Region zugemacht", sagt Schneider. Die kleinen Metzgereien wurden immer weniger. Das Bewusstsein für gesunde Ernährung steigt jedoch. Immer mehr Kunden wollen wissen, wo das Produkt herkommt und kaufen lieber regional ein. Ob dies aber zu einer Trendwende im Kundenverhalten auf großer - und damit wirkungsvoller - Linie bedeutet, ist zumindest fraglich.

"Tierwohl ist im Sinne der Fleischer"

Die Fleischerei Schneider in Fulda

"Der Verbraucher ist bewusster geworden", sagt Heinz Müller aus Lispenhausen, einem Stadtteil von Rotenburg an der Fulda (Landkreis Hersfeld-Rotenburg). Der Obermeister der Bäcker- und Fleischerinnung der Kreishandwerkerschaft fragt sich, wo zum Beispiel "die zwölf Prozent Mehrwertsteuer hingehen?" Er glaubt: "Im Endeffekt bekommt der Bauer nichts." Auch für ihn sind kürze Wege zwischen Landwirt und Metzgerei sinnvoll. Er macht deutlich: "Tierwohl ist im Sinne der Fleischer." Sie wollen ihren Kunden gute Qualität anbieten. Letztlich aber entscheiden Angebot und Nachfrage. Vielleicht ist weniger eben mehr - und das ist dann auch im Sinne des Tierwohls (Hans-Hubertus Braune) +++


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