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FULDA Tragödie hinterlässt großes Leid

Urteil im Wasserkuppenflugunfall: Bewährungsstrafe wegen fahrlässiger Tötung

19.03.21 - Überraschende Entwicklung im Prozess um die Aufarbeitung des tragischen Flugunfalls auf der Wasserkuppe. Das Gericht hatte am Donnerstag die von der Verteidigung ins Spiel gebrachte Einstellung des Verfahrens abgelehnt, da der Tod dreier Menschen dafür zu schwer wiege.

Das Gericht beschloss trotzdem, das Urteil noch am selben Tag zu fällen - und nicht wie zunächst vorgesehen erst am nächsten Verhandlungstag.


Mildes Urteil, mit dem alle einverstanden sind

Der Angeklagte wurde am Nachmittag zu sechs Monaten Haft auf zwei Jahre zur Bewährung wegen fahrlässiger Tötung in drei Fällen und Übernahme der Kosten des Verfahrens verurteilt. Weil der Angeklagte angekündigt hatte, einen Geldbetrag von 5.000 Euro an den Nebenkläger zu zahlen und die Kammer die Erwartung hat, dass er dies auch tun werde, wurde von der Erteilung weiterer Bewährungsauflagen und –weisungen abgesehen. Alle Verfahrensbeteiligten verzichteten im Anschluss darauf, Rechtsmittel einzulegen.

Richter Josef Richter begründete das Urteil, nachdem er eingangs erklärt hatte, dass er während des Verfahrens häufig daran gedacht habe, wie schnell und unwiderruflich eine geringe Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht das Leben vieler Menschen für immer verändern könne. Dem Angeklagte attestierte er, er sei sicher, dass es sich um einen einmaligen Vorfall gehandelt habe, deshalb habe er zum ersten Mal in seinen 30 Jahren als Richter auf eine Bewährungsauflage verzichtet. "Sie stehen zu Ihrer Tat und haben die Verantwortung dafür übernommen, das verdient unseren Respekt", sagte er der Richter.
 

O|N-Archivbild

Der angeklagte 58-Jährige

Staatsanwalt Andreas Hellmich hatte bei seinem Plädoyer die Anklage bereits modifiziert und auf sechs Monate Freiheitsstrafe zur Bewährung plus eine Geldstrafe von 10.000 Euro plädiert. Die zunächst im Raum stehende Gefährdung des Luftverkehrs hatte er fallen gelassen. Auch die Überladung der Maschine wurde nach dem ausführlichen Gutachten des Sachverständigen nach unten korrigiert und betrug vermutlich nicht mehr 32, sondern acht Kilogramm. Hellmich sprach von einem schicksalhaften Tag. Am 14. Oktober 2018 waren auf der Wasserkuppe eine Mutter und ihre beiden Kinder (elf und zwölf Jahre alt)aus dem Leben gerissen worden, nachdem sie von der mit vier Erwachsenen besetzten einmotorigen Propellermaschine erfasst und tödlich verletzt worden waren. 

Staatsanwalt ist selbst Flieger

Der Staatsanwalt, selbst erfahrener Flieger, erläuterte ausführlich, welchen fatalen Fehler der 58-jährige Ludwigshafener beim Landeanflug auf das als schwierig geltende Gelände des Wasserkuppenflugplatzes gemacht habe. "Als der Pilot merkte, dass sich die Maschine 'nicht hinsetzte', wie es im Fliegerjargon heißt, wollte er wieder durchstarten, was aber angesichts der ansteigenden Landebahn, seiner geringen Geschwindigkeit von 70 Knoten und der besonders geringen Luftdichte auf Deutschlands höchstgelegenem Landeplatz misslang. Dass er die Überladung der Maschine durch die Vollbetankung nicht zuvor überprüft habe, sei ihm als Verletzung der Sorgfaltspflicht anzulasten. Es bleibe der Tatbestand der fahrlässigen Tötung.

Nebenklagevertreter Axel Scheld von Alt verzichtete darauf, auf eine exakte Strafzumessung zu plädieren, sondern beantragte lediglich eine angemessene Strafe. Seinem Mandanten, der durch den Unfall seine gesamte Familie verloren hatte, gehe es nicht um Bestrafung des Piloten. Er wolle verstehen, was sich tatsächlich abgespielt habe. Bei dieser Verhandlung seien nicht nur der Angeklagte und der Witwer im Gericht anwesend gewesen, "sondern auch das Leid beider", sagte der Anwalt.

Dass der 58-Jährige unter dem entsetzlichen Unglück, das er verursacht hatte, leidet, stand außer Frage. Schon beim Auftakt des Prozesses hatte er geweint und minutenlang um Fassung gerungen. Sein Verteidiger Steffen Lindberg stellte in seinem Plädoyer heraus, dass sein Mandant seit 32 Jahren unfallfrei fliege, nicht vorbestraft sei und sich auch im Straßenverkehr nie etwas zu Schulden habe kommen lassen. Kein Augenblicksversagen sei für das Unglück ursächlich gewesen, sondern eine Verkettung tragischer Umstände. Sein Mandant habe alles zur Aufklärung des Geschehens vor Gericht beigetragen, "seine Karten auf den Tisch gelegt" und niemals jemanden gefährden wollen.
Lindberg brachte eine selten verhängte Strafe zur Sprache und plädierte dafür, dem Angeklagten eine Verwarnung mit Strafvorbehalt auszusprechen, das heißt, die Zahlung einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen solle zur Bewährung ausgesetzt werden. Sein Mandant müsse schon für die nicht geringen Prozesskosten aufkommen. Der vom Staatsanwalt vorgeschlagenen zusätzlichen Auflage einer ehrenamtlichen Betätigung bei einem Rettungs- oder Opferschutzverein stimmte er ausdrücklich zu.

Bei seinem hochemotionalen Schlusswort überwältigte den 58-Jährigen erneut seine Trauer und Reue. "Meine Empathie gilt den Hinterbliebenen. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an die Opfer gedacht habe", sagte er unter Tränen. Er habe Gelegenheit gehabt Mutter und Schwester der getöteten Frau im Gericht zu sprechen und Aussicht, gemeinsam mit ihnen an das Grab gehen zu können. (Carla Ihle-Becker +++


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