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Bei einer Demo unter dem Motto «Festival für Frieden & Freiheit wurde das Schild "Groko und Lügenpresse kriegen heute auf die Fresse" hochgehalten - Foto: picture alliance/dpa | Fabian Strauch

REGION Feindbild Journalist!

"Verschwörungsgläubige und Nazis": Angriffe auf Journalisten verfünffacht

25.03.21 - Die Verrohung in Deutschland nimmt weiter zu. Nicht nur Politiker, Rettungskräfte oder Polizisten werden immer häufiger angegriffen, sondern auch Journalisten. Das ergibt nun eine neue Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF). Allein im vergangenen Jahr wurden bundesweit 69 tätliche Angriffe verzeichnet. Im Jahr 2021 waren es bis Mitte März bereits acht.

Symbolbild: Pixabay

"Lügenpresse, Missgeburten, ihr seid doch gekauft": Beleidigungen müssen sich Journalisten häufig anhören. Alles, was nicht ins eigene Weltbild passt, wird verurteilt. Und das in der Regel völlig grundlos. Journalisten überbringen Botschaften, sie sind nicht für deren Inhalt verantwortlich. Das allerdings scheinen immer mehr Menschen in der Bundesrepublik zu vergessen. Während die strafrechtlich relevanten Beleidigungen signifikant steigen (denn nein, auch Journalisten darf man nicht verunglimpfen), nehmen auch die körperlichen Angriffe auf Medienschaffende zu.

Zahl hat sich verfünffacht

Nie zuvor in den sechs Jahren seit Beginn der Erhebung erfasste das ECPMF mehr tätliche Angriffe. Im Vergleich zum Vorjahr nahm die Zahl der Fälle um das Fünffache zu. Damit hat sich die Sicherheitslage von Journalist:innen in Deutschland abermals verschärft.

"Neonazis, Verschwörungsgläubige"

Das Zentrum berichtet, dass 71 Prozent der Angriffe auf pandemiebezogenen Versammlungen stattgefunden habe. "Die Pressefeindlichkeit einer breiten Allianz aus Verschwörungsgläubigen, Reichsbürger:innen, Neonazis und Esoteriker:innen auf Deutschlands Straßen machten diese Demonstrationen zum gefährlichsten Arbeitsplatz für Journalist:innen." Urteilt das ECPMF. "Die milieuübergreifende Zusammensetzung der Querdenken-Anhänger:innen und ihr oftmals bürgerlich wirkendes Erscheinungsbild erschweren es Journalist:innen zunehmend, die Gefahr eines Angriffs einzuschätzen", sagt Martin Hoffmann, einer der Autor:innen der Studie.

Der neue geografische Schwerpunkt liegt mit 23 Angriffen in Berlin. In den Vorjahren wurden die meisten Angriffe in Sachsen registriert. "Die pressefeindliche Gewalt kann letztlich überall unvermittelt ausbrechen, wenn sich die Gelegenheit bietet. Letztes Jahr konnten wir in aller Deutlichkeit sehen, welches Aggressionspotenzial in einem Teil der Bevölkerung steckt", sagt die Co-Autorin der Studie, Pauline Betche.

Einschüchterungsversuche: Gefährliche Normalität

Straftaten gegen Journalisten nehmen zu Symbolbild: O|N

Damit bestätigt sich der Befund vorangegangener Studien: Gewalt und "Lügenpresse"-Vorwürfe begannen ab 2015 zu einer gefährlichen Normalität im journalistischen Arbeitsalltag zu werden. Journalist:innen wurden seitdem bespuckt, geschlagen, getreten, beträngt und bekamen die Kamera aus der Hand gerissen. Selbst vor Morddrohungen schreckten einige Pressegegner nicht zurück. Einschüchterungsversuche sind statistisch kaum objektivierbar–aber für einige ein vielgenutztes Mittel, um Journalisten von ihrer Arbeit abzuhalten.

Lutz Kinkel, Geschäftsführer des ECPMF, blickt mit Sorge auf die Pressefreiheit in Deutschland: "Für Journalist:innen bedeuten die körperlichen Angriffe, aber auch die permanente Drohkulisse eine Einschränkung ihrer Arbeit. Wenn sie Dreharbeiten abbrechen müssen und sich nicht mehr frei bewegen können, ist auch die Pressefreiheit in Deutschland gefährdet."

Im Jahr 2021 wurden bereits acht tätliche Angriffe verifiziert (Stand 14. März). Als solche gewertet werden etwa Schläge, Tritte, Stoßen und Spucken sowie der Angriff mit Waffen. Das ECPMF ist eine Non-Profit-Organisation mit Sitz in Leipzig, die sich europaweit für die Pressefreiheit einsetzt. (mr) +++


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