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Sonja Köhnen, Traudl Muno, Ursel Grobien und Dr. Maria Goetzens (v.l.n.r.) haben im Gottesdienst über ihr Engagement in der Caritas gesprochen. - Fotos: Jochen Reichwein

REGION "Netzwerker erster Güte"

Gottesdienst zum 100.Todestag: Caritas-Gründer Lorenz Werthmann

10.04.21 - Ursel Grobien engagiert sich seit vielen Jahren in der Caritasarbeit ihrer Pfarrgemeinde in Königstein. Zuletzt verteilte sie gespendete Essensgutscheine an Bedürftige in ihrer Gemeinde, älteren Menschen hat sie das Essen persönlich vorbeigebracht: "Die Begegnung und die Gabe - das rührte Menschen zu Tränen", erzählt sie. "Teilen und helfen – das beeindruckt mich". Ähnlich geht es Traudl Muno, die sich ehrenamtlich bei der Tafel der Caritas in Lorch engagiert. Auch sie will helfen, die Schwächeren unterstützen, einen Unterschied machen. Das tun auch Kerstin Fuchs vom Jugendhilfezentrum Johannesstift in Wiesbaden, die Missionsärztliche Schwester Dr. Maria Goetzens von der Elisabeth-Straßenambulanz für wohnungslose Menschen bei der Caritas in Frankfurt, Sonja Köhnen, Palliativschwester im St. Josefs-Hospital im Rheingau, und die Sozialberaterin Stephanie Müller vom Caritasverband Wetzlar/Lahn-Dill-Eder, die gerade ein kostenloses digitales Lernprojekt für Kinder gestartet hat.

Sie alle haben beim Festgottesdienst zum 100. Todestag des Caritas-Gründers Lorenz Werthmann am Samstag, 10. April, in Geisenheim, der Geburtsstadt Werthmanns, über ihr Engagement gesprochen. Wie die vielen anderen Caritas-Mitarbeitenden sind sie die "Erben" Lorenz Werthmanns. Ihre Hilfe ist genauso verlässlich, professionell und tragfähig, wie es Werthmann damals vorschwebte, als er die vielen karitativen Initiativen der Kirche im 19. Jahrhundert bündelte und organisierte. Vielfältigste soziale Arbeit in einer verbandlichen Caritas - das ist die Lebensleistung Werthmanns, dessen Name heute eher nur Insidern bekannt ist.

Bischof Dr. Georg Bätzing würdigte Lorenz Werthmanns Verdienste bei einem Festgottesdienst ...

"Sich der Not der Menschen mit Vernunft, organisiertem Handeln und konkreter Hilfeleistung entgegenzustellen, das hat Werthmann dem Caritasverband und jeder karitativen Arbeit in der Kirche ins Stammbuch geschrieben", erklärte Bischof Dr. Georg Bätzing in seiner Predigt beim Gottesdienst, der mit der anschließenden Feierstunde live im Internet übertragen wurde. Musikalisch umrahmt wurde der Gottesdienst von einer Abordnung des Jugendchores am Rheingauer Dom und Bezirkskantor Florian Brachtendorf.

Caritas-Präsident Dr. Peter Neher hielt nach dem Gottesdienst einen Festvortrag ...

Sowohl Bischof Bätzing als auch der eigens aus Freiburg angereiste Caritas-Präsident Peter Neher würdigten Werthmann als Netzwerker, Sozialpolitiker, Organisator, Publizist, Redner und mutigen Impulsgeber. Der Direktor des Cariatsverbandes für die Diözese Limburg Jörg Klärner nahm in seiner Begrüßung  Bezug auf das Motto des Gottesdienstes "Geht hinaus": Werthmann habe nicht nur andere aufgefordert, hinauszugehen mit dem Mut, sich im Augenblick der Not in den Strudel zu stürzen, sondern er selbst habe genau dies getan und unermüdlich nach Antworten auf soziale Fragen seiner Zeit gesucht. Nichts zuletzt dieses Zeugnis mache "sein Lebenswerk für viele von uns zur persönlichen Lebensaufgabe". Heute engagieren sich insgesamt 1,4 Millionen ehren- und hauptamtlich Mitarbeitende in der Caritas.

Bischof: Zeichen der Zeit erkennen und sich gegen die Not stemmen

Dabei stemmen sich die vielen Engagierten gegen Not in jeglicher Hinsicht, auch heute in der Pandemie, so der Bischof von Limburg. Er verwies exemplarisch auf Angebote vor Ort wie die Rheingauer Tafel und Sprachlernklassen für Geflüchtete des Caritasverbandes Wiesbaden-Rheingau-Taunus – Initiativen, die auch unter Corona-Bedingungen schnell Hilfe leisten konnten.

Bätzing würdigte Werthmann als "Netzwerker erster Güte", denn er sei es nicht allein gewesen, der den am 9. November 1897 gegründeten "Charitasverband für das katholische Deutschland” zum "Deutschen Caritasverband” entwickelte. Mit vielen Freunden und Weggefährten, Männern und Frauen der längst emanzipierten Laienbewegung im pfarrlichen und überpfarrlichen Bereich, mit der vielgestaltigen Ordensbewegung des 19. Jahrhunderts und nicht zuletzt mit vielen Bischöfen und Priestern, die damals die Zeichen der Zeit erkannten, habe er dieses große Werk zustande gebracht, für das man heute sehr dankbar sei.

Caritas-Präsident: Corona zeigt ungelöste Probleme der Vergangenheit

"Nur wenige Personen haben die jüngere Geschichte der katholischen Caritas so geprägt wie Lorenz Werthmann", erklärte Caritas-Präsident Neher in seiner Festrede. Werthmann, im Übrigen der erste Präsident des Caritasverbandes, ging es auch darum, die katholische Caritas politisch wirksam zu machen. Vor allem aber wollte er die Not der Menschen lindern – mittels einer gut funktionierenden sozialen Infrastruktur. Denn diese sei unabdingbar für gesellschaftliche Teilhabe und Lebenschancen von Menschen und für den Zusammenhalt einer Gesellschaft, betonte Neher. Die Corona-Pandemie zeige, wie entscheidend eine funktionsfähige soziale Infrastruktur sei.

"Die Aufgabe, diese Infrastruktur zu stärken und neue Lösungen zu entwickeln, ist eine Aufgabe, die Lorenz Werthmann dem Caritasverband sozusagen vererbt hat", erläuterte Neher, zumal die Pandemie ungelöste Probleme der Vergangenheit deutlich offenbare, wie beispielsweise die Frage, wie der Zusammenhang von Herkunft und Bildungserfolg überwunden werden könne. Hier gelte es weiter mutig und anpackend an Lösungen zu arbeiten.

Werthmann hat sich nicht als "Mister Caritas" verstanden

Der Archivar des Diözesancariatsverbandes Limburg, Dr. Jan Kanty Fibich, hob in seinem Vortrag unter anderem auf die Beziehung zwischen Werthmanns Heimatbistum Limburg und dem Erzbistum Freiburg, wo Werthmann 34 Jahre wirkte, ab. Mehrfach versuchte wohl das Limburger Domkapitel, Werthmann zurückzuholen. Als er sich Hoffnungen auf eine Stelle in Frankfurt machte, musste am Ende Rom entscheiden. Schlussendlich sei es aber ein Glücksfall für die Caritas gewesen, dass Werthmann in Freiburg blieb, wo Erzbischof Thomas Nörber sein Potenzial erkannte und ihn als "Erzbischöflichen Kommissar für die caritativen Angelegenheiten" von allen anderen Aufgaben freistellte. Denn für diese "Angelegenheiten" glühte er, zitierte Fibich aus damaligen Briefen. Nichtsdestotrotz habe sich Werthmann selbst nie als Schöpfer der Caritas oder "Mister Caritas" verstanden. So sei es nur folgerichtig, dass die Person Werthmann hinter seiner ungeheuren Lebensleistung verblasst sei. 

Weitere Informationen, das Begleitheft zur Veranstaltung, den Stream der Veranstaltung und ein Kurzvideo mit dem Archivar Dr. Jan Kanty Fibich gibt es auf www.dicv-limburg.de. (pm) +++


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