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Antje Tiedt (links), Projektmitarbeiterin im Gespräch mit einer Seniorin aus dem Landkreis. Gespräche können seit einem Jahr „Coronabedingt“ nur mit Abstand und Maske am „Gartenzaun“ stattfinden. - Fotos: Landkreis Hersfeld-Rotenburg

BAD HERSFELD Von Saugroboter bis Hausnotruf

So aufgeschlossen sind Senioren gegenüber Technik im Alltag

27.04.21 - Alle reden von Telemedizin und WhatsApp, in Zeiten der Corona-Pandemie muss der Einkauf über "Click und Collect" geregelt werden, Impftermine vereinbart man ebenfalls über das Internet. Doch wie sieht der Umgang mit der digitalen Welt von Seniorinnen und Senioren wirklich aus und welche Bedarfe gibt es im Ländlichen Raum? Das hat der Fachdienst Senioren der Kreisverwaltung in Zusammenarbeit mit der Hochschule Fulda herausgefunden.

Im Sommer 2020 erfolgte eine entsprechende Bedarfs- und Nutzungserhebung bei mehr als 1.300 über 65-Jährigen in den Gemeinden Friedewald und Hauneck. Die Kommunen wurden aufgrund der Altersstruktur ihrer Bevölkerung als repräsentative Gemeinden ausgewählt. Mittlerweile liegen die Ergebnisse vor: Trotz Pandemie antwortete ein Drittel der Befragten. Die zuvor verteilten Fragebögen wurden zu 56 % von Männern und zu 44 % von Frauen ausgefüllt, was auch mit der technikbezogenen Thematik zusammenhängen könnte.

1) Die Mehrheit der befragten über 65-Jährigen ist durchschnittlich mit digitalen Medien, insbesondere dem Internet ausgestattet, und gegenüber der Technik aufgeschlossen. Frauen haben etwas seltener einen Internetanschluss, einen Computer oder ein Tablet und sind auch weniger aktiv im Netz, aber je jünger sie sind, desto ähnlicher sind sich die Geschlechter in Bezug auf das Nutzerverhalten digitaler Medien.

2) Leben ältere Menschen alleine, sind sie weniger gut mit Internet und digitaler Technik ausgestattet. Gleichwohl greifen sie gerne auf den Hausnotruf zurück, der ihnen Sicherheit in der häuslichen Umgebung gibt und im Notfall helfen kann. Erste Kreisbeigeordnete Elke Künholz sieht hier die Notwendigkeit für weitere Unterstützungs-leistungen. "Über den Fachdienst Senioren der Kreisverwaltung können Tablets geliehen und der Umgang damit erprobt werden. Gerade die Nutzung von Videotelefonie mit Angehörigen und Freunden wirken gegen Vereinsamung und das online Bestellen und Nutzen vom Lieferservice des Lebensmittelhändlers und der Apotheke vor Ort erhalten die Selbständigkeit."

Beispielhaft ist hier die Rücknahme der Fragebögen durch die Projektmitarbeiterin ...

3) Insgesamt gilt, dass die "jungen Alten" bis 75 Jahre die aktivsten sind, gefolgt von den bis 84-Jährigen. Am wenigsten aktiv sind die über 85-Jährigen. Zwar ist bei diesen der Hausnotrufdienst am weitesten verbreitet, Telemedizin aber wenig bekannt. Mit steigendem Alter nehmen in der Regel Gesundheitsbeeinträchtigungen zu, gleichzeitig steigt sogar die Offenheit für technische innovative Unterstützungsleistungen (vom Saugroboter bis hin zum Hausnotruf).

4) Seniorinnen und Senioren sind grundsätzlich kritisch und für sie spielt bei der Anschaffung vorrangig die Leistungsfähigkeit von Endgeräten eine Rolle. Diese ist wichtiger als Design, Preis oder die Meinung Dritter. Vor allem für Männer spielen die objektiven Kriterien die wesentliche Rolle, wohingegen Frauen mehr Wert auf die Gestaltung und die Meinung Dritter legen.

5) Auch beim Surfen im Netz suchen Männer häufiger nach Informationen (Nachrichtendienste) im Vergleich zu Frauen, die eher soziale Foren (Messenger-Dienste) nutzen. Einfluss auf Kaufentscheidungen haben meist die engsten Familienangehörigen oder Freunde und darüber hinaus Expert*innen aus dem Gesundheitswesen, wie Ärzte, Therapeuten oder Apotheker.

6) Nachholbedarf besteht insbesondere für Menschen mit Behinderung im Alter. Sie sind deutlich schlechter mit Technik ausgestattet; gleichermaßen aber informierter über gesundheitsrelevante Themen und offener für Möglichkeiten, mit der Technik fit zu bleiben. Hier zeigt sich, dass Gesundheitsbeeinträchtigungen und möglicherweise (die Angst vor) Abhängigkeit dazu führen, digitale Unterstützungsleistungen auch anzunehmen. Und: Noch immer ist die Verfügbarkeit des Internets eindeutig vom Einkommen abhängig und auch technische Sys­teme und Endgeräte werden (bis auf den Hausnotruf) einkommensabhängig genutzt.

Aus der Bedarfs- und Nutzungsstudie der Hochschule Fulda lässt sich erkennen, dass in der älteren Bevölkerung im Landkreis eine hohe Aufgeschlossenheit ge­gen­über innovativen Unterstützungs­leistungen besteht. Allerdings sind alleine lebende Menschen mit Behinderung oder männliche Bürger eher in Gefahr, hinter den Möglichkeiten der digitalen Kommunikations- und technischer Assistenz­systeme zu bleiben. Behinderte sind weniger gut ausgestattet und alleinlebende Männer lassen sich weniger gerne durch Andere helfen. In der Altersgruppe der über 65-Jährigen besteht noch immer ein geschlechtsspezifischer Unterschied hinsichtlich der Techniknutzung, wobei Frauen mögliche geringere Routine durch das Zu­lassen von Ratschlägen und Hilfe Dritter ausgleichen. Ein geringes Einkommen führt zu einer weniger guten An­ge­­bots­nutzung und eingeschränkt vorhandene finanzielle Mittel sind somit bei allen weiteren politischen Überlegungen mit zu be­rück­sichtigten.

Elke Künholz bedankt sich für die Teilnahme an der Umfrage in den Gemeinden Friedewald und Hauneck: "Dies hat repräsentative Ergebnisse für unseren ländlich geprägten Landkreis gebracht und bietet wertvolle Erfahrungen und Erkenntnisse, die ermöglichen, thematisch am Ball zu bleiben." Um Seniorinnen und Senioren in die Lage zu versetzen, digital dauerhaft aktiv zu leben, bedarf es Unterstützung, in einer vertrauensvollen Beziehung. Hier ist das regionale Ehrenamt gefragt. Freiwilligenengagement über Generationen hinweg oder nach dem Motto "von Älteren für Ältere" sind gleichermaßen denkbar. Die Freiwilligen brauchen allerdings Zeit und Geduld sowie ein ausreichend geschultes digitales Verständnis, um helfen zu können.

Extra-Info: Landkreis unterstützt digitale Teilhabe für Benachteiligte

Unter dem Titel "Zuhause.Gut.Vernetzt" konnte ein Projekt zur Umsetzung und Verbesserung "Digitaler Teilhabe" für ältere Menschen und Menschen mit Behinderung im Landkreis Hersfeld-Rotenburg angestoßen werden. Bisher gelang dies durch eine Förderung des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Nun wird dieses Unterfangen durch den Landkreis, mit Zuständigkeit des Fachdienst Senioren, weitergeführt.

Die Datenerhebung erfolgte durch den Fachdienst Senioren des Landkreises sowie Studierende der Hochschule Fulda. Die  wissenschaftliche Begleitung und Auswertung wurde durch ein Team des Fachbereichs Pflege und Gesundheit der Hochschule Fulda unter Leitung von Prof. Dr. habil Susanne Esslinger erbracht. Die Auswertung, die heute vorliegt, erfolgte u.a. im Rahmen einer Masterarbeit. Infos zur Studie und der weiteren Projektarbeit "Zuhause.Gut.Vernetzt" erhalten Interessierte im Fachdienst Senioren: Antje Tiedt und Dirk Hewig (Tel. 06621/875308 oder [email protected]). (pm) +++


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