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Viel Platz hatten die Gäste in der großen Lauterbacher Kirche. In der vorderen Reihe saßen Gregor Rettinghaus, Dr. Dorette Seibert, Thomas Schill, Sven Kießling (v.l.). - Fotos: Traudi Schlitt

LAUTERBACH Seelsorger nicht mehr wegzudenken

Blaulicht-Gottesdienst: 20 Jahre Notfallseelsorge im Vogelsberg

06.07.21 - Sie gehen zu Menschen, denen das Leben von einem Moment zum anderen vor die Füße fällt, sie stehen Sterbenden bei, sie schweigen und sprechen mit Opfern und Angehörigen von Unfällen und Gewalttaten und sie arbeiten mit den Helfern: Die Notfallseelsorger im Vogelsbergkreis sind aus vielen Einsatzlagen von Feuerwehr, Polizei und Rettungsdiensten nicht mehr wegzudenken. Dabei gibt es sie im Kreis gerade mal zwanzig Jahre.

„Sax Affairs“ untermalten die Veranstaltung musikalisch.

Diese zwei Jahrzehnte wurden allerdings gut genutzt: "Aus blaulichtgeilen Pfaffen wurde eine hoch spezialisierte Einsatzgruppe", brachte Pfarrer Sven Kießling es auf den Punkt. Als Gründungsmitglied blickte er im Rahmen des diesjährigen Blaulichtgottesdienstes in der Evangelischen Stadtkirche in Lauterbach gemeinsam mit Koordinator Pfarrer Thomas Schill und zahlreichen Gästen zurück und in die Gegenwart.

Als Vertreter der Polizeidirektion Vogelsberg konnte Schill namentlich Anita Weber und Roman Eisenbach zum Gottesdienst begrüßen. Kreisbrandinspektor Dr. Sven Holland vertrat die Feuerwehren des Kreises. Auch die Rettungsdienste und Notärzte nahmen an dem Blaulichtgottesdienst teil, ebenso wie eine Abordnung der Kliniken und natürlich zahlreiche Notfallseelsorger und –seelsorgerinnen. Vonseiten des Evangelischen Dekanats Vogelsberg gestaltete Dekanin Dr. Dorette Seibert den Gottesdienst mit - aus dem Bistum Mainz war der Notfallseelsorger Gregor Rettinghaus vor Ort, um im Verlauf der Feierstunde die neue Notfallseelsorgerin Manuela Feurer in ihr Amt einzuführen. Sie alle konnten sich zu Beginn und während des Gottesdienstes immer wieder über die schöne, schwungvolle und feierliche Musik der Formation Sax Affairs freuen.

Über die Notwendigkeit von Wurzeln angesichts großer Herausforderungen sprach ...

Dekanin Dr. Dorette Seibert gestaltete den liturgischen Teil des Blaulichtgottesdienstes. ...

Im Interview blickte Pfarrer Sven Kießling zurück auf die Anfänger der NFS vor zwanzig ...

Rückblick auf die Anfänge

Thomas Schill betonte in seiner Ansprache die besonderen Herausforderungen, vor denen die Notfallseelsorge steht: Sparauflagen aufgrund struktureller Veränderungen bei den Kirchen stünden ins Haus und grundsätzlich werde über Wesen und Zukunft der Notfallseelsorge (NFS) nachgedacht. "Da tut es gut, uns unserer Wurzeln zu versichern als Notfallseelsorge im Vogelsbergkreis", bot Schill an, denn "wer in seinem Leben feste Wurzeln treiben konnte, den haut so leicht nichts um."

In einem ausführlichen Gespräch mit Sven Kießling ging Schill diesen Wurzeln nach: Kießling hatte sich schon im Studium für die NFS interessiert und sie mithilfe der Gießener Kollegen vor 20 Jahren an seine erste Stelle in Schotten geholt. "Es gab keine Ausbildung oder Praxiserfahrung, es gab keine Koordination und wir waren auch nicht etabliert", erinnerte Kießling sich. Dennoch: Gemeinsam mit 17 anderen Pfarrern, darunter der jetzige Propst Matthias Schmidt und der amtierende Kirchenpräsident Dr. Volker Jung, machte er sich auf den Weg, sein Antrieb: "Vielleicht kann ich es ja, und wenn ich es kann, dann sollte ich es auch machen."

Propst Klaus Eibach führte sie in ihr Amt ein. Mit der Zeit wurde eine Ausbildung entwickelt, mir Pfarrer Harald Wysk gab es erstmals einen Koordinator, doch mit dem Weggang von vielen Notfallseelsorgern aus der ersten Pfarrerrunde kam ein ziemlicher Knick in die Situation. Pfarrer Wysk habe damals sehr viel aufgefangen und die NFS damit am Leben gehalten, resümierte Kießling. Heute steht die NFS unter dem Koordinator Pfarrer Thomas Schill wieder auf festen Beinen. Nicht zuletzt, weil dieser eine Ausbildung für Ehrenamtliche angeregt hat und immer wieder anbietet. Inzwischen gibt es einen beachtlichen Pool an NFS.

„Von blaulichtgeilen Pfaffen zu hochspezialisierten Einsatzkräften“ – ...

Über seine Erfahrungen in der Notfallseelsorge berichtete Jochen Tobisch. ...

"Wir brauchen Mutmacher und Visionäre"

Gregor Rettinghaus führt Manuela Feurer in ihr Amt ein.

Einer von ihnen, Jochen Tobisch, berichtete aus seinem Alltag als NFS, aber auch von seiner Motivation – die in einer privaten Tragödie liegt. Von dem tiefen Sinn hinter dieser ehrenamtlichen Tätigkeit genauso wie von den schlimmen Erfahrungen, die einen nicht so bald loslassen. Gleichwohl: "Es sind nicht die Bilder, die einen verfolgen, sondern die Emotionen, die einem begegnen", so Tobisch, besonders auch dann, wenn man helfen konnte. Als NFS müsse man auch wissen, wann es besser ist zu schweigen, auch zu gehen, so Tobisch weiter, der überzeugt davon ist, dass man als Mensch stets neue Perspektiven entwickeln könne, wenn man nicht in der Vergangenheit verharre: "Wir brauchen Mutmacher und Visionäre", so sein Credo.

Das Thema Notfallseelsorge sei keines, mit dem Menschen sich gerne freiwillig befassten, zu nah seien Tod und Trauer. "Die Menschen aber, denen wir helfen können, sind froh und dankbar, dass wir für sie da sind." Und nicht nur sie: Die NFS wendet sich mit der Einsatznachsorge auch an die Helfer und ist inzwischen mit dem Modul "Physische und psychische Belastungen im Einsatz" fester Bestandteil der Truppmann-2-Ausbildung der Freiwilligen Feuerwehren im Kreis.

Zum Abschluss des Gottesdienstes stand noch die Neuberufung von Manuela Feurer auf der Tagesordnung – sie erhielt von Gregor Rettinghaus ihre Urkunde zur Ernennung zur Notfallseeslsorgerin direkt aus Mainz. (pm) +++


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