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Keine Chance auf Bauplatz wegen Eigentumswohnung? - Familie verzweifelt
08.07.21 - Bauplätze sind heiß begehrt. Dies ist keine Neuigkeit. Viele Familien wollen raus aufs Land, wollen ihr eigenes Häuschen bauen. Das Angebot ist gering und die Nachfrage groß. Das treibt die Preise in die Höhe. Dazu kommen die Kosten für einen Neubau selbst, die ebenfalls gestiegen sind und Lieferengpässe bei verschiedenen Baustoffen. Die Herausforderungen in Sachen Hausbau oder Hauskauf sind enorm.
In einer Nachricht an OSTHESSEN|NEWS schildert eine osthessische Familie ihre verzweifelte Suche nach einem Bauplatz. Gegen gut betuchte Pendler aus dem Rhein-Main-Gebiet oder Investoren hätten sie keine Chance. Zumal sie im Besitz einer kleinen Eigentumswohnung in Fulda seien.
Der Leserbrief von O|N-Leser Patrick Atzor im Wortlaut:
"Liebes OSTHESSEN|NEWS-Team,gerne möchte ich einen Leserbrief zu den aktuellen Missständen zum Thema "Bauen und Wohnen" verfassen.
Meine Frau und ich sind bereits seit mehreren Jahren auf der Suche nach einem Haus oder einem Bauplatz, um unsere Zukunft in Fulda planen zu können.
Ich selbst bin gebürtig aus Petersberg und aufgewachsen in Künzell, habe also zu beiden Gemeinden eine persönliche Bindung. Zudem ist meine Vollzeitstelle bei einem großen Eisenbahnbetrieb in der Stadt Fulda (Stadtteil Nordend) angesiedelt. Meine Frau kommt gebürtig aus Zirkenbach (Stadt Fulda) und hat dort auch ihr ganzes Leben lang gewohnt. Fatalerweise ist es so, dass wir im Besitz einer kleinen Eigentumswohnung in Fulda sind, dessen Erwerb wir uns hart erarbeitet und im Zuge einer langfristigen Denkweise erworben haben.
Warum der Erwerb "fatal" ist, wird sich im Laufe dieses Briefes herausstellen.
Nachdem der private Immobilienmarkt über die einschlägigen Portale nur noch mit überhöhten Preisen - uns wurden Grundstücke in Pilgerzell für 500 Euro pro qm und mehr angeboten – versucht Kapital aus der Not der Menschen zu schlagen, haben wir uns näher mit den Möglichkeiten und Bemühungen der Stadt Fulda und den Gemeinden Petersberg und Künzell auseinandergesetzt.Leider stellte sich heraus, dass meine Heimatgemeinde Künzell ihren Slogan "Lebensraum für Jung und Alt" anders interpretiert als wir es verstehen. Die Grundstücke des Neubaugebiets der "Neuen Ortsmitte", welche seinerzeit nur für die Oberschicht und Investoren finanzierbar war, war der Beginn einer mittelschichtsunfreundlichen Politik der Gemeinde Künzell. Viele weitere Bauprojekte vor allem in Pilgerzell folgen einer Politik, die ich nicht nachvollziehen kann. Während der Bürgermeister der Gemeinde selbst noch auf seiner privaten Homepage propagiert, dass sein Motto: "Alles meistern für die Bürger" lautet, werden Grundstücke "im langen Streich" oder "An der Hut" nicht etwa durch die Gemeinde selbst erworben und den Bürgern angeboten, sondern an einschlägige Immobilieninvestoren überlassen, die die Bürger durch Preise wie in Hamburg in die Schuldenfalle treiben. All diejenigen Bürger, die dieses Spiel nicht mitmachen wollen oder können, müssen aus den Gemeinden fliehen.
Wenn die Gemeinde es jedoch schafft wider erwarten sich um Baugrund für ihre Bürger zu bemühen, (aktuell ganze drei Grundstücke im OT Wissels) wartet die auf den ersten Blick durchaus familienfreundliche Vergaberichtlinie für Wohnbaugrundstücke der Gemeinde Künzell auf und verhindert, dass Menschen, die bereits irgendwo Eigentum besitzen – sei das Eigentum noch so klein und hart erwirtschaftet – sich auf diese Grundstücke zu bewerben. In unserer Verzweiflung haben wir entsprechend angefragt, ob eine Bewerbung möglich sei, wenn wir unsere Eigentumswohnung veräußern würden. Die Antwort fiel ernüchternd aus.
"Dies könne man uns nicht empfehlen, da wir aufgrund der großen Bewerberzahl ohnehin keine Chance auf ein Baugrundstück hätten."
Wir würden uns statt dieser Mitteilungen, lieber Lösungen, in Form von Bauplatzausweisungen, durch die Gemeinde wünschen. Auch sollten die Kompetenzen weg von irrsinnigen Verkehrsfürhungsänderungen, die niemanden etwas nutzen, hin zu einer bürgernahen Perspektive in Sachen Wohnen gewandelt werden.Die Enttäuschung darüber, dass wir unsere Familie nicht vergrößern können, obwohl wir wollen, erhält mit Blick auf die Gemeinde Petersberg und die Stadt Fulda nur weiteren Nährboden. Anstatt die Stadt Fulda das neu erschlossene Areal rund um den Waidesgrund für normale Bürger öffnet, werden zahlkräftige Investoren gesucht, die Eigentumswohnungen ähnliche wie in Petersberg bauen, und diese dann zu Preisen veräußern, die sich normale Menschen nicht leisten können oder wollen. Die zahlkräftigen Pendler aus Frankfurt wird es freuen, denn sie sparen immer noch einige Euros im Vergleich zur Großstadt.
Mein Appell und Wunsch lautet daher:
"Bitte kümmert euch um die Bürger, die hier seit Jahren leben und weiter hier leben wollen und eine Familie gründen wollen", heißt es in der Zuschrift abschließend.Wie sind Ihre Erfahrungen? Schreiben Sie uns an [email protected] . (Hans-Hubertus Braune) +++