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Startschuss für die neue Studie der AG Hochwasserschutz (von links): Bürgermeister Carsten Froß, Gutachter Dr. Sebastian Tews sowie die Fugro-Mitarbeiter Marcus Pistorius und Theresa Strohbach. - / Foto: Sebastian Kircher/Gemeinde Petersberg

REGION Startschuss für umfassende Studie

Vier Gemeinden treffen neue Maßnahmen im Kampf gegen Hochwasser

10.07.21 - Beim Hochwasserschutz in den Gemeinden Hofbieber, Dipperz, Künzell und Petersberg geht es voran: Die Arbeitsgemeinschaft der vier Kommunen hat nun den Auftrag für eine umfassende Studie an das Unternehmen Fugro vergeben. Das Berliner Büro wird in den kommenden Monaten analysieren, wie sich die vier Gemeinden besser gegen Hochwasser wappnen können.

In den vergangenen Jahren ist es in Hofbieber, Dipperz, Künzell und Petersberg immer wieder zu Hochwasserereignissen gekommen. Jede Gemeinde hatte daraufhin auf ihrem Gebiet erste Maßnahmen umgesetzt, zum Beispiel Durchlässe gereinigt und verbreitert, Erdwälle abgetragen, Flutschotten eingebaut oder Gewässer renaturiert. Zudem ließ jede Kommune ein eigenes Konzept durch ein Fachbüro erarbeiten.

Da Hochwasser jedoch kein Halt vor Gemarkungsgrenzen macht, wurde im vergangenen Jahr die Arbeitsgemeinschaft (AG) Hochwasserschutz gegründet. Die einzelnen Konzepte wurden zu einem gemeinsamen Entwurf zusammengeführt. Dieser Entwurf stützt sich vor allem auf großflächige Regenrückhaltebecken. Das Regierungspräsidium Kassel hatte der AG daraufhin weitere Hinweise gegeben, wie das Konzept zu verbessern ist, zum Beispiel durch eine Konfliktanalyse und ein Aufzeigen des Schadenspotenzials. Dabei sollten neben den angedachten Rückhaltebecken auch mögliche Alternativen geprüft werden, etwa Veränderungen an Brückenbauwerken, Flutmulden, Strömungsverbesserungen an Abschlagswehren und weiteres.

Gemeinden könnten Fördermittel erhalten

Für diese neue Analyse war eine weitere, europaweite Ausschreibung nötig, die von dem Gutachter Dr. Sebastian Tews aus Künzell begleitet wurde. Da die Komplexität aller einzuarbeitender Daten sehr hoch ist, war auch die Ausschreibung entsprechend komplex. In dem Verfahren setzte sich schließlich das Berliner Büro Fugro durch. Das RP Kassel ist in das Vorhaben eingebunden und hat bereits signalisiert, dass die Gemeinden Fördermittel für mögliche Maßnahmen erhalten könnten.

Fugro wird in den kommenden Monaten die Überschwemmungsgebiete untersuchen, eine Starkregengefährdung einbeziehen, das Schadenspotenzial analysieren und Maßnahmen vorschlagen. Außerdem werden die bereits vorhandenen Konzepte in die neue Studie einfließen. Geplant ist, dass bis Anfang 2022 die Studie vorliegt. Die Fugro-Mitarbeiter werden in den kommenden Tagen mit Vermessungsarbeiten starten.

Petersbergs Bürgermeister Carsten Froß sieht in der Studie eine große Chance für die beteiligten Kommunen: "Wir werden erstmals eine umfassende Untersuchung für Haune, Wanne, Bieber und deren Nebengewässern haben. Davon werden die Gemeinden jahrzehntelang profitieren." Zugleich mahnt er: "Hochwasser, also wenn die Bäche und Flüsse

über die Ufer treten, kennen wir in der Region seit Jahrhunderten. Aber Starkregenereignisse, wie zuletzt Anfang Juni, sind relativ neue Phänomene." Sie seien oft unberechenbar, sodass Konzepte und übergreifende Projekte nur bedingt weiterhelfen. "Deshalb liegt es auch an den Bürgerinnen und Bürgern, dem Hochwasser entgegenzuwirken – zum Beispiel durch Schutzmaßnahmen am eigenen Haus, oder indem man darauf achtet, dass Durchlässe, Gräben und Kanäle nicht durch Grünschnitt und anderen Abfall verstopft werden."

Klimawandel sorgt für neue Wetterphänomene 

Auch Künzells Bürgermeister Timo Zentgraf setzt auf die Studie, weist aber auf grundsätzliche Probleme hin: "Ein mehr oder weniger an Wasser können wir nicht verhindern – aber wir müssen die Schäden minimieren und dem Wasser seinen benötigten Raum geben." In den vergangenen Jahrzehnten seien in tiefer liegenden Gebieten oder ehemaligen Abflusslagen zur Innenverdichtung nochmals Gebäude errichtet worden, ohne sich so richtig Gedanken über große Regenereignisse zu machen. "Solche Starkregen traten in den 80er- und 90er-Jahren in unserer Region eher sehr selten auf. Durch den Klimawandel treten neue Wetterphänomene hervor, und mittlerweile ist das Thema allgegenwärtig", macht Zentgraf deutlich. "Wir versuchen, neue und bessere Fließwege zu identifizieren, um ankommende Regenmassen zur Vermeidung von Schäden an Gebäuden kontrolliert abließen zu lassen."

Problematisch seien allerdings auch Veränderungen in der Landwirtschaft (mehr Maisanbau), in der Landschaftspflege (weniger Grasverwendung von kleinen Flächen durch Kleintierzüchter) und die mangelnde Straßenreinigung von Anwohnern. "Die in den Satzungen der Gemeinden verankerte wöchentliche Kehrpflicht der Straßen wird nicht mehr ernst genommen oder schlimmstenfalls die Straßeneinläufe noch als Abfallbehälter genutzt. Auch dieses führt zu mehr und mehr verstopften Abflusskanälen oder Gräben. Bei allen drei neuen Problemlagen ist ein Umdenkprozess notwendig und nur zögerlich im Gange."

Hofbiebers Bürgermeister Markus Röder ist überzeugt davon, dass aufgrund der einfließenden Daten in die Studie "ein nachhaltiger Hochwasserschutz und Mehrwert für die Bürgerschaft in unseren Gemeinden geschaffen werden wird". Ihm sei zwar bewusst, dass es in diesem Themengebiet einen sehr hohen Komplexitätsgrad gibt, doch diesen den Bürgerinnen und Bürgern während eines akuten Starkregenereignisses zu vermitteln, hält er für sehr schwierig. "Wir müssen kontinuierlich am Ball bleiben, denn die Klimaveränderungen wirken global und lassen sich zeitlich nicht aufschieben", so der Bürgermeister.

Der Dipperzer Bürgermeister Klaus-Dieter Vogler ist "froh, dass jetzt mit dem beauftragten Planungsbüro die eigentliche Arbeit beginnt, wirksame Schutzmaßnahmen vor Hochwasser und zunehmende Starkregenereignissen erarbeitet werden, die auch gemeindeübergreifend wirken. Bis zu tatsächlichen Umsetzungen von Maßnahmen ist es jedoch noch ein langer Weg. Ziel ist eine möglichst hohe Reduzierung der Schadenspotenziale." Vogler erinnert zudem daran: "Neben den gemeindlichen Baumaßnahmen ist auch ein Objektschutz der Grundstückseigentümer notwendig." (pm)+++


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