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Wann ist der richtige Zeitpunkt für die Drittimpfung von Biontech/Pfizer gekommen? - Foto: picture alliance / SvenSimon / Frank Hoermann

REGION O|N-Medizin-Experte Adrian Böhm klärt auf

Drittimpfung von Biontech/Pfizer: Wann ist der optimale Zeitpunkt?

12.07.21 - Die Impfstoffhersteller Biontech und Pfizer meldeten am vergangenen Donnerstag, dass sie von einer Notwendigkeit zur Auffrischungsimpfung gegen das Coronavirus ausgehen. Diese Notwendigkeit führt man in den Unternehmen auf aktuelle Studiendaten aus Israel zurück. Mit dem israelischen Gesundheitsministerium hatten Biontech und Pfizer eine Vereinbarung getroffen, mit der es möglich wurde, viele Daten in der Gruppe der Geimpften zu Forschungszwecken zu erheben. Laut diesen Ergebnissen sinke die Schutzwirkung der Impfung nach ca. sechs Monaten. Ein Schutz vor schwerem Verlauf bestehe gegenüber der Delta-Variante aber noch immer zu über 90 Prozent.

Noch in den kommenden Wochen wolle man hierzu Studienergebnisse in Fachmagazinen veröffentlichen, heißt es aus Kreisen des Pharmakonzerns. Parallel dazu hat man bereits Studien durchgeführt, die zeigen, dass eine dritte sogenannte Boosterimpfung zu einer deutlichen Immunreaktion und somit zu einem sehr guten Schutz führt. Die Anzahl der schützenden Antikörper lasse sich damit um das bis zu Zehnfache erhöhen. Außerdem entwickelt man zurzeit einen angepassten Impfstoff der die Immunevasion, also das teilweise Umgehen des Immunsystems der Mutationsvarianten ausschalten kann. Erste klinische Studien sollen im August beginnen.

O|N- Arzt Adrian Böhm

Seitens des Bundes scheint man eine Auffrischung ebenso für wahrscheinlich zu erachten. Dazu habe man auch schon auf EU-Ebene Rahmenverträge für zukünftige Impfstofflieferungen auf den Weg gebracht. Allerdings sieht das Bundesgesundheitsministerium aktuell noch keine gute Datengrundlage für einen optimalen Zeitpunkt zur Auffrischung. Biontech und Pfizer halten diese binnen sechs bis zwölf Monate nach der zweiten Dosis für notwendig. Das Gesundheitsministerium jedoch will erst ein offizielles Statement der Ständigen Impfkommission abwarten. Auch die EMA und die WHO geben sich aufgrund aktuell noch fehlender Daten eher zurückhaltend bezüglich des optimalen Zeitpunktes zur Auffrischungsimpfung.

Viele Forscher sehen den Vorstoß des Pharmakonzerns kritisch und als verfrüht an. Die in Israel erhobenen Daten sind noch nicht veröffentlicht und auch noch nicht von unabhängigen Experten auf methodische Fehler und Glaubwürdigkeit geprüft. Gerade die sehr niedrige Fallzahl in Israel macht Studien schwieriger auswertbar und vergleichbar.

Offen bleibt auch, wer zuerst für eine Auffrischung in Frage kommt. Es ist davon auszugehen, dass der Impfschutz gerade bei sehr alten Menschen und denen mit Erkrankungen des Immunsystems am schnellsten nachlassen wird. Auch bei Menschen, deren Immunsystem durch Medikamente wie zum Beispiel nach einer Organtransplantation heruntergefahren wird, haben eine schlechtere Immunantwort auf die Impfung. Außerdem stellt sich auch die Frage, wie und wo man die Auffrischungsimpfung erhalten soll. Laut der aktuellen Planung werden die zentralen Impfzentren zum 30.09.2021 schließen. Da aber die Impfkampagne gegen das Coronavirus schon im Dezember 2020 gestartet ist, werden viele Auffrischungen vermutlich schon bald nötig sein.

Gerade im Blick auf andere ärmere Länder werden Rufe nach der ethischen Verantwortung der Industrienationen lauter. Während in Deutschland schon über eine dritte Impfung diskutiert wird und viele Menschen aus verschiedensten Gründen Impftermine ausfallen lassen, sind in den Ländern mit geringem Einkommen nicht einmal ein Prozent der Menschen zweimal geimpft worden – die Privilegien, die man in Deutschland auch im Angesicht der Pandemie hat, sind anscheinend vielen Bürgerinnen und Bürgern nicht immer bewusst. Selbst wenn man in Anbetracht dieser Zahlen die große ethische Verantwortung der Industrienationen außer Acht lässt, steigt natürlich mit jeder neuen Infektion die Gefahr zur Mutation. Somit ist es eine Aufgabe globaler Bedeutung, möglichst zügig allen Menschen auf der Welt ein Impfangebot zu machen. (Adrian Böhm) +++


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