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Für Vitalij Jakowlew war es wie eine Offenbarung, dass das Fuldaer City Marketing die Klaviere an einigen Orten in der Barockstadt aufgestellt hat. Durch sie hat er nämlich wieder zu seiner Leidenschaft, dem Klavierspiel, gefunden. - Fotos: Suria Reiche

FULDA "Musik verbindet!"

Vitalij sitzt fast jeden Tag an einem der "Spiel mich"-Klaviere in der Innenstadt

HINTERGRUNDWer sich selbst oder einen talentierten Musiker beim Spielen filmt, kann das Video in den sozialen Netzwerken hochladen und mit dem Hashtag #spielmichfulda versehen.

27.08.21 - Sein Markenzeichen ist ein graues Käppi, auf dem Micky Mouse zu sehen ist. Meist trägt er es verkehrt herum, dazu Turnschuhe und manchmal eine Jogginghose. Klingt nicht nach dem typischen Outfit für einen Pianisten. Aber, wenn Vitalij Jakowlew auf einem der Pianos, die derzeit in Fuldas Innenstadt stehen, zu spielen beginnt, ist es wie eine Reise in eine andere Welt. Beinahe schwerelos schweben seine Finger über die Tasten und Passanten bleiben begeistert stehen. Für Vitalij war es wie eine Offenbarung, dass das Fuldaer City Marketing die Klaviere an einigen Orten in der Barockstadt aufgestellt hat. Durch sie hat er nämlich wieder zu seiner Leidenschaft, dem Klavierspiel, gefunden.

Zum ersten Mal wurden die Pianos im Jahr 2019 an verschiedenen Orten in der Fuldaer Innenstadt aufgestellt. Die Idee dazu hatte Edi Leib vom City Marketing. Sie hatte in einem Bericht gelesen, dass in England solche Klaviere stehen. Inzwischen sind es sogar über 1.700 Pianos, die in 55 Städten weltweit dazu einladen, auf ihnen zu spielen und so im Alltag innezuhalten. "Spiel mich" wird die Aktion genannt, bei der in Fulda kunstvoll gestaltete Klaviere, die das Musikhaus Mollenhauer gesponsert hat, auf gut frequentierten Plätzen stehen.

Mit sechs Jahren mit dem Klavierspielen begonnen


Einer, der am liebsten jeden Tag auf ihnen spielt, ist der 21-jährige Vitalij Jakowlew. Das erste Mal am Klavier saß er mit sechs Jahren. Heute sind die Straßen seine Bühne. Immer, wenn Vitalij, der sich den Künstlernamen Vitality gegeben hat, an den bunten Klavieren sitzt, bleiben vorbeilaufende Menschen stehen, setzen sich auf Bänke, lauschen und manchmal tanzen oder musizieren sie mit. Das ist das Größte für Vitalij. "Das ist etwas anderes, als zuhause nur für mich zu spielen", sagt er, "hier auf der Straße kann ich Leute mit meiner Musik zusammenbringen."

Genau das war es, das auch Edi Leib dazu bewegt hat, sich für die Klaviere auf den Straßen starkzumachen. "Musik verbindet!", findet auch sie. Leib hat schon oft beobachtet, wie jemand an einem der Klaviere gesessen und gespielt hat und Passanten, die eigentlich nur schnell vorbeilaufen wollten, stehengeblieben sind und mit einem Lächeln im Gesicht gelauscht haben.

Bei Vitalij passiert das vor allem dann, wenn er keine klassischen Lieder spielt, sondern "Ragtime" zum Besten gibt. Das Genre hat der 21-Jährige für sich entdeckt. Einer der populärsten Songs aus dieser Musikrichtung ist wohl "The Entertainer". Vitvalij lernte dennoch zuerst klassische Klaviermusik, merkte aber schnell, dass das nicht seins war. Deswegen hörte er irgendwann auf zu spielen. Dann standen da die Klaviere in der Stadt und Vitalij fing wieder Feuer für das Instrument. "Ich war irgendwie wieder richtig angespornt zu spielen." Musik kann also nicht nur Menschen verbinden, sondern sie auch wieder zu einer vergessenen Leidenschaft führen.

Repertoire wächst und wächst


Ein klein bisschen so gewesen ist es auch bei Edi Leib, auch, wenn sie zuvor noch nie am Klavier gesessen hatte. "Aber ich habe so viele Menschen an den Klavieren gesehen, große, kleine, dicke, dünne, junge, alte. Alle konnten Klavierspielen, nur ich nicht." Also begann Leib am 11. Februar 2020 selbst Unterricht zu nehmen. Den Platz an den Stadt-Klavieren überlässt sie bisher aber lieber den Klavier-Virtuosen wie Vitalij. Der kommt am liebsten jeden Tag und setzt sich an eines davon. Und sein Repertoire wächst und wächst – angespornt von den Ideen einiger Menschen, die stehenbleiben und ihm neue Lieder oder Melodien vorschlagen.

Durch seine wieder entflammte Leidenschaft hat er in Fuldas Innenstadt schon einige Freunde kennengelernt. Mit manchen von ihnen hat er dann sogar gemeinsam musiziert. "Das ist eine Ehre für mich!" Zum Beispiel ist da der inzwischen befreundete Klavierspieler Maurisio, mit dem Vitalij bereits spontan etwas ganz Besonderes improvisiert hat: "Wir haben gleichzeitig angefangen, unterschiedliche Lieder zu spielen und geschaut, was dabei herauskommt. Die Leute dachten, wir hätten das einstudiert, aber es war total spontan."

Die Menschen, die es nicht zu seinen spontanen Konzerten in der Stadt schaffen, nimmt Vitalij auf seinem Instagram-Kanal "vitality_vitaa" mit. Dort kann man den Jungen mit den magischen Fingern übrigens auch für Feste und Feiern buchen. Und das geht alles nur, weil das City Marketing die Idee hatte, die Tasten-Instrumente in der Innenstadt aufzustellen. "Das hat mich echt geprägt und durch das Spielen bekomme ich viel Energie", sagt der 21-Jährige, der das Klavierspielen nie mehr aufgeben will.

Und wie geht’s nun weiter für ihn? "Ich würde total gern mal eine ‚Spiel mich‘-Tour machen und an den Klavieren in den verschiedenen Städten spielen", sagt Vitalij. Bis es soweit ist, wird man den Pianisten mit der grauen Micky-Mouse-Kappe aber wohl noch oft an den Klavieren in der Barockstadt spielen sehen. Wenn es nach Edi Leib geht, sollen die noch so lange in der Stadt stehen, wie es das Wetter zulässt. "Und warum sollten wir sie im kommenden Jahr nicht gleich wieder aufstellen?" Dann vielleicht an noch mehr Orten. Voraussetzung dafür ist lediglich, dass Paten gefunden werden, die die Klaviere nachts und bei Regen abdecken. (Suria Reiche) +++


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