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REGION Das Wahlprogramm zusammengefasst

Das wollen die Grünen: EU-Erweiterung, Flugverbote, Mobilitätswende

01.09.21 - Armin Laschet (CDU), Olaf Scholz (SPD) oder Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grüne): Wahlberechtigte Bundesbürger sollen bis zum 26. September darüber entscheiden, wer in der kommenden Legislaturperiode Deutschland regiert. Doch, für was stehen die Kandidaten? Die Wahlprogramme der Parteien geben Aufschluss. Überraschend: In vielen wesentlichen Fragen sind sich CDU, SPD und Grüne gar nicht mal so uneinig. Aber, vergleichen Sie selbst. OSTHESSEN|NEWS hat die wesentlichen Punkte der Programme zusammengetragen und wird diese im Lauf der Woche nacheinander veröffentlichen. 

Am Mittwoch stellten wir das Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grüne vor:

Klimaneutralität

Die Grünen möchten den Weg zur Klimaneutralität konsequent gehen. Um ihr Ziel zu erreichen, soll eine Vielzahl neuer Gesetze und Maßgaben geschaffen werden. Im Wahlprogramm heißt es: "Klare politische Ordnungsrahmen entlasten auch uns als Menschen im Alltag und schaffen Freiheit. Natürlich bedeutet Klimaneutralität Veränderung, aber diese Veränderung schafft Halt in der Zukunft." Außerdem möchte die Partei eine "sozial- ökologische Neubegründung unserer Marktwirtschaft".

Umweltsünden werden teuer

Kritische Infrastrukturen, wie beispielsweise Krankenhäuser, möchte man mit notstromfähigen Solaranlagen sichern. Unabhängig davon soll es eine CO2-Bremse für alle Gesetze geben. Geht es nach den Grünen, wird Klimaschutz im Grundgesetz verankert. "Dem Staat geben wir mehr Möglichkeiten, durch eine intelligente Steuergesetzgebung ressourcenschonendes Verhalten zu belohnen und die Erzeugung von CO2 mit einem Preis zu versehen." Umweltsünden werden also teuer.

Klima-Sanierungsoffensive

Solardächer, beginnend bei Neubauten, öffentlichen und gewerblichen Gebäuden, sollen Standard werden. Perspektivisch ist geplant, alle Häuser mit einem Solardach versehen zu lassen. "Es ist höchste Zeit, dass alle Neubauten und Bauwerke inklusive der Baustoffe im gesamten Lebenszyklus klimaneutral geplant werden und entsprechend umfassende energetische Sanierungen erfolgen. Dreh- und Angelpunkt ist die Festlegung hoher Bau- und Sanierungsstandards. Mit einem Zuschuss zum Wohngeld, dem Klimawohngeld, ermöglichen wir auch Empfängern von Wohngeld, in klimafreundlichen Wohnungen zu leben." Künftig wird mehr hoch als breit gebaut, Flächen für Neubauten werden deutlich reduziert. "Zusätzlich wird Windkraft ausgebaut, gerade auch "in direkter Nähe zu Industrie und Gewerbe".

Mobilitätswende: "Nutzen statt besitzen"

Die Grünen fordern, Mobilität grundlegend neu zu denken. Mit einem Bundesmobilitätsgesetz soll eine neue Grundlage für die Verkehrspolitik und -gesetzgebung geschaffen werden. 100 Milliarden Euro will man zusätzlich in Schienennetz und Bahnhöfe investieren und im Zusammenwirken mit den Ländern die Regionalisierungsmittel zweckgebunden noch einmal erhöhen. Damit soll Auto- und Flugverkehr auf die Schiene verlegt werden. Grundlegendes Motto: Nutzen statt besitzen. Autofahrer sollen dazu bewegt werden, auf ihr Fahrzeug zu verzichten und stattdessen auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Dafür wird sogar ein Mobilpass eingeführt, der als digitaler Nachweis dienen soll.

Straßenverkehr- Tempo 30 überall innerorts

Ein Tempolimit von 30 km/h in allen geschlossenen Ortschaften und auf den Autobahnen von 130 km/h soll gesetzlich verankert werden. Autos sollen außerdem "digitaler, leiser, kleiner und leichter sowie klimaneutral und besser recycelbar sein". Ab 2030 dürfen deshalb nur noch emissionsfreie Autos neu zugelassen werden. Bis 2030 müssen bereits in relevantem Maße bisherige Verbrennerfahrzeuge durch E-Autos ersetzt werden. Generell wird es unter den Grünen weniger Parkplätze geben. Mit "stringenter Parkraumbewirtschaftung, indem Autos nicht mehr überall, sondern nur noch auf explizit dafür ausgewiesenen Flächen" parken dürfen, will man das Fahrradfahren attraktiver machen.

Verkehr im ländlichen Raum

Schnellbuslinien, Ridepooling- und On-Demand-Verkehre sollen die Mobilität sicherstellen. Diejenigen, die auf das Auto angewiesen sind, sollen auf Elektromobilität umsteigen. "Das E-Auto ist insbesondere im Paket mit Solaranlagen auf dem Dach, einem Stromspeicher im Keller und einer Wandladestation in der Garage eine zukunftsfähige Lösung."

Flüge werden abgeschafft

Zug um Zug möchte man Kurzstreckenflüge überflüssig machen, bis 2030 werden sie verboten. "Die Zahl von Mittel- und Langstreckenflügen gilt es zu vermindern, zum Beispiel indem öffentliche und privatwirtschaftliche Geschäftsreisen durch die Nutzung von Videokonferenzen entfallen." Finanzhilfen für Flughäfen etc. entfallen, zusätzlich kommt eine Kerosinsteuer. Auch günstige Flüge werden verhindert, nachts zu fliegen wird grundsätzlich verboten. Militärische Flughafen und die Maschinen werden den zivilen gleichgestellt.

In Europas Zukunft investieren

"Wir wollen die Europäische Währungsunion zu einer Sozialunion ausweiten. Wir werden in der EU konsequent in Klimaschutz, Digitalisierung, Forschung und Bildung investieren. Gleichzeitig stärken wir den EU-Haushalt, indem wir ihn mit eigenen Einnahmen ausstatten. Die EU soll die Einnahmen des CO2-Grenzausgleichs erhalten. Auch die Besteuerung von Plastik und Digitalkonzernen und möglichst auch der Finanztransaktionen soll den EU-Haushalt stärken. Öffentliche Daseinsfürsorge, gute Gesundheitsversorgung und Bildung müssen in allen europäischen Mitgliedsländern gestärkt werden."

Steueränderungen

Der Spitzensteuersatz wird bis auf 48 Prozent erhöht, größere Vermögen werden stärker besteuert. Höhere Ausgaben warten außerdem bei der Erbschaftssteuer und einer neuen Vermögenssteuer. Die Länder sollten die daraus resultierenden Einnahmen für die Finanzierung der wachsenden Bildungsaufgaben einsetzen.

Kindergrundsicherung gegen Kinderarmut

Mit einer Kindergrundsicherung bekommt jedes Kind einen festen Garantie-Betrag, Kinder in Familien mit geringem oder gar keinem Einkommen erhalten zusätzlich noch einen GarantiePlus-Betrag. Je niedriger das Familieneinkommen, desto höher der GarantiePlus-Betrag. Kinder, die mehr brauchen, bekommen mehr.

Das Elterngeld wird auf 24 Monate ausgeweitet, der Mindestlohn von Arbeitnehmern auf 12 Euro angehoben. Leiharbeiter verdienen sogar mehr als Festangestellte.  Sie sollen vom ersten Tag an den gleichen Lohn wie Stammbeschäftigte – plus Flexibilitätsprämie - bekommen. Bei der Gestaltung von Arbeitsbedingungen wollen die Grünen Arbeitnehmern mehr Rechte einräumen. Bei Ort, Lage und Umfang der Arbeit sollen Mitarbeiter mitbestimmen können. Außerdem setzt sich die Partei für kürzere Arbeitszeiten ein. "Darüber hinaus sollen die Möglichkeiten aller Arbeitnehmer, selbst flexibler über die eigene Arbeitszeit zu bestimmen", gesetzlich verankert werden. Für arbeitssuchende EU-Staatsbürger möchten sich die Grünen ebenfalls einsetzen, sie sollen eine soziale Absicherung erhalten.

Garantiesicherung statt Hartz IV

Hartz IV wird abgeschafft, dafür kommt eine Garantiesicherung ohne Sanktionen. Der Regelsatz soll im ersten Schritt um 50 Euro über dem Hartz-IV-Satz liegen und später individualisiert werden. "Die Anrechnung von Einkommen werden wir deutlich attraktiver gestalten, sodass zusätzliche Erwerbstätigkeit immer zu einem spürbar höheren Einkommen führt. Vermögen werden künftig unbürokratischer und mit Hilfe einer einfachen Selbstauskunft geprüft." Das Renteneintrittsalter soll auch bei den Grünen 67 Jahre betragen, wer länger arbeiten will, kann auch das tun.

Gesundheitssystem für alle

Der Zugang zu gesundheitlicher Versorgung soll auch für Menschen ohne Krankenversicherungsschutz oder Wohnungslose und unabhängig vom Aufenthaltsstatus gewährleistet werden. "Das gilt auch für alle EU-Bürger und Menschen, die ohne Papiere in Deutschland leben." Mitteilungs- und Unterrichtungspflichten von Ärzten an öffentlichen Stellen sollen abgeschafft werden. "Die erleichterte Abschiebung von erkrankten und traumatisierten Geflüchteten wollen wir zurücknehmen und die Anerkennung von psychotherapeutischen Gutachten im Verfahren wieder ermöglichen."

Keine Eigenbedarfskündigungen bei Mietwohnungen

Die Grünen wollen das Recht auf Wohnen im Grundgesetz aufnehmen. Gerät jemand in Mietrückstand oder kann die Rate für das Eigentum nicht zahlen, soll es die Möglichkeit geben, nachzuzahlen. "Zwangsräumungen auf die Straße darf es nicht geben." Vermietern, die auf diese Mietzahlungen angewiesen sind, sollten dann eine staatliche Unterstützung erhalten. Die Mietpreisbremse soll "deutlich nachgeschärft" und eine Mietobergrenze gesetzlich festgeschrieben werden. Ausnahmen, beispielsweise beim möblierten Wohnen, wird abgeschafft. Die Modernisierungsumlage wird auf maximal 1,50 Euro pro Quadratmeter begrenzt. "Die Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf Mieter schaffen wir ab." Eigenbedarfskündigungen sollen beschränkt werden. "Wir prüfen, inwiefern es möglich ist, in angespannten Wohnungsmärkten bei besonders schutzwürdigen Personengruppen Eigenbedarfskündigungen ganz auszuschließen." Generell sollen Mieter echte Mitbestimmungsrechte bekommen.

Bafög wird zur Grundsicherung

Das Bafög wird abgeschafft, eine Grundsicherung für alle Studierenden und Auszubildenden eingeführt. Sie soll in einem ersten Schritt aus einem Garantiebetrag und einem Bedarfszuschuss bestehen, der den Gesamtbetrag im Vergleich zum heutigen BAföG substanziell erhöht und dem Großteil des in Frage kommenden Personenkreises zugutekommt. Studierende oder Auszubildende bekommen den Betrag direkt überwiesen. Eine Rückzahlungspflicht besteht nicht mehr.

Einheit in Vielfalt

Das Leitbild "Einheit in Vielfalt" zur Gestaltung einer rassismuskritischen und chancengerechten Einwanderungsgesellschaft soll gesetzlich verankert werden.

Vielfältige Einwanderungsgesellschaft

Die Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. "Für Menschen, die hier jahrelang leben und Teil dieser Gesellschaft geworden sind, sollen Einbürgerungen früher möglich werden. "Den Optionszwang im Staatsangehörigkeitsrecht wollen wir abschaffen und Mehrstaatigkeit anerkennen. Außerdem beenden wir den automatischen Verlust der Aufenthaltserlaubnis nach einem sechsmonatigen Aufenthalt im Ausland." Als Fluchtgrund soll beispielsweise auch das Klima gelten.

Asylverfahren

Die mögliche Aufenthaltsdauer von 18 Monaten in einer Erstaufnahmeeinrichtung soll auf maximal drei Monate begrenzt werden. "AnkER-Zentren in ihrer jetzigen Form lehnen wir ab." Die Grünen geben der Unterbringung von Asylbewerbern in Wohnungen den Vorrang. "Anträgen auf Familienzusammenführung im Rahmen der Dublin-Verordnung ist schnell zuzustimmen. Wir wollen das Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen –und damit eine verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Geflüchteten, die ein echtes Ankommen und Teilhabe erschwert."

Regelungen wie Arbeitsverbot und pauschale Wohnsitzauflage sowie Leistungskürzungen wollen die Grünen abschaffen. "Die Ausrufung "sicherer" Herkunfts- oder Drittstaaten lehnen wir ab – auch auf europäischer Ebene. Flughafenverfahren sowie sofortige Zurückweisung an den deutschen Binnengrenzen wollen wir abschaffen."

Raus aus der Duldung

Mehr als 200.000 Menschen, die in Deutschland lediglich geduldet sind, sollen nach fünf Jahren automatisch ein Bleiberecht erhalten. Heranwachsende, Jugendliche und Familien mit minderjährigen Kindern sollen nach drei Jahren einen Aufenthaltstitel bekommen. Abschiebungen in Kriegs- und Krisenländer werden beendet, in Länder, für die das Auswärtige Amt aufgrund von Covid-19 eine Reisewarnung ausgesprochen hat, darf nicht abgeschoben werden.

Keine Ersatzfreiheitsstrafen, Entkriminalisierung

"Wir überprüfen die Wirkungen der Straf- und Strafverfahrensrechts-Änderungen der letzten Jahre anhand des Maßstabs rationaler, faktenbasierter Kriminalpolitik und reformieren das Sanktionensystem mit dem Ziel von Prävention und Resozialisierung. Dazu gehören Verzicht auf nutzlose Ersatzfreiheitsstrafen, größere Wirksamkeit von Bewährungsauflagen und Stärkung von ambulanten Sanktionsmöglichkeiten." Außerdem sollen Bagatelldelikte entkriminalisiert werden.

Macht fair teilen, auch in den Parlamenten

"Es ist höchste Zeit für eine faire Verteilung von Macht. Unsere repräsentative Demokratie muss diverser werden. Wir werden Hürden abbauen damit auch queere Menschen, Nicht-Akademiker, Menschen mit Behinderung und Menschen mit Migrationsgeschichte gleichberechtigt und selbstverständlich (innerhalb der Regierung) vertreten sind."

Wahlalter spürbar senken

Das Wahlalter für Bundestags- und Europawahlen soll im ersten Schritt auf 16 Jahre, später gegebenenfalls noch weiter abgesenkt werden.

WHO und Medikamente

"Die WHO soll die koordinierende Organisation der globalen Gesundheit sein.  Dazu wollen wir sie mit deutlich höheren Beiträgen und einem klaren Mandat befähigen. Sie soll Gesundheitssysteme weltweit stärken können." Zusätzlich wollen sich die Grünen für einen aktiven Technologie- und Wissenstransfer bezüglich der Herstellung entscheidender Arzneimittel eine temporäre Aussetzung von Patenten für Technologien zur Bekämpfung von Krankheiten sollen folgen. "Monopole auf geistiges Eigentum zur Bekämpfung von Krankheiten dürfen den Zugang zu überlebenswichtigen Schutzmaterialien, Impfstoffen und Arzneimitteln nicht versperren."

EU-Erweiterungspolitik

"Wir treten für konkrete Fortschritte bei der europäischen Integration der Länder des westlichen Balkans ein. Wir wollen notwendige Reformen, unter anderem bei Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Korruptionsbekämpfung sowie Inklusion und Schutz von Minderheiten, insbesondere der Rom*nja, aktiv unterstützen. Die Visaliberalisierung für Kosovar*innen ist als nächster Schritt genauso unerlässlich wie Fortschritte im Serbien-Kosovo-Dialog, die Eröffnung der ersten EU-Beitrittskapitel für Albanien und Nordmazedonien oder die Schaffung einer Bürger*innengesellschaft mit gleichen Rechten für alle Bürger*innen in Bosnien und Herzegowina."

Armut und Ungleichheit weltweit bekämpfen

Armutsbekämpfung und gerechte Teilhabe sind zentrale Ziele unseres internationalen Engagements. Wir unter-stützen Länder dabei, eine sozialorientierte Wirtschafts- und Steuer-politik zu verfolgen. Wir setzen uns dafür ein, dass Menschen weltweit sozial abgesichert werden, auch über Social Cash Transfers, und dass Kinder und Jugendliche Zugang zu hochwertiger Schul- und Berufsausbildung erhalten. (re) +++


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