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Die Flucht aus der Ukraine ist mittlerweile kaum noch möglich. Sowohl Treibstoff als auch Lebensmittel werden nach und nach knapp. - Symbolbild: Pixabay

REGION/UKRAINE Keller wird Luftschutzbunker

In Sorge um Familie in der Ukraine - "Wir befinden uns im Schockzustand"

27.02.22 - Es sind schockierende Nachrichten, die die Welt zurzeit in Atem halten. Am Donnerstag erreichen uns tragische Nachrichten aus der Ukraine - es herrscht wieder Krieg in Europa. Nur knapp 1200 Kilometer entfernt durchleben Menschen gerade Schreckliches. Mittendrin - die Familie von Sebastian Zöppel aus Eichenzell (Landkreis Fulda). Seit 2013 ist der 37-Jährige mit seiner ukrainischen Frau zusammen. Gemeinsam haben sie einen 3-jährigen Sohn. "Wir befinden uns im Schockzustand. Die Ukraine ist seit Jahren unsere zweite Heimat. Man ist mit der Gegend vertraut, kennt die Menschen und Ortschaften. Zu wissen, dass dieses Zuhause nun bombardiert wird, macht einfach nur sprachlos".

Frau Valeriia (Mitte) mit Sohn (zweiter von links) gemeinsam mit Mutter, Schwester ...

Der Familienvater war zuletzt im vergangenen Sommer für mehrere Wochen in Mariupol, einer Stadt im Osten der Ukraine. "Meine Frau besuchte das Land gemeinsam mit unserem Sohn im Winter nochmal für längere Zeit. Wir haben jede Menge Verwandte in der Ukraine, seit Jahren verbringen wir dort unsere Urlaube, haben nahe Mariupol auch eine eigene Wohnung", berichtet er. Für den Eichenzeller und seine Familie ist die Lage mehr als beunruhigend. "Wir haben viel Kontakt zu unserer Familie in Mariupol. Sie berichten von Gefechten und haben ihren Keller zu einem Luftschutzbunker umfunktioniert. Seit Tagen haben sie kaum geschlafen. Außerdem haben wir Freunde in Kiew, die in den Nächten, wegen der anhaltenden Raketenangriffe, Schutz in zivilen Gebäuden suchen", so Zöppel. Auch Treibstoff und Nahrungsmittel würden nach und nach knapp: "Eine Freundin berichtete mir, dass sie nur noch für ein bis zwei Tage zu essen haben. Wie es danach weitergehen soll, wissen sie nicht".

Sebastian Zöppel im Sommer in Mariupol

"Man kann gefühlt, einfach nur abwarten!"

Seit Beginn des Kriegs befinden sich Zöppel und seine Familie im Schockzustand. "Man kann gefühlt einfach nur abwarten, nichts tun, was irgendwie helfen könnte. Mittlerweile kann man aus der Ukraine auch nicht mehr flüchten - wenn geht es von einem Kampfgebiet ins nächste. Die mobilen Verkehrswege sind immer eingeschränkter", erzählt der Eichenzeller, der in diesen Zeiten besonders viel Solidarität erfährt: "Viele Freunde und Kollegen rufen an, fragen, wie sie helfen können. Auch eine russische Freundin hat mich kontaktiert und sich für das, was gerade in ihrem Land passiert, entschuldigt. Die Ukraine hat nichts gegen das russische Volk generell. Im Gegenteil - viele Russen schämen sich für die Geschehnisse", meint Zöppel, der betont: "Das Problem liegt in Putins System und in allen, die ihm hörig sind. Das angekratzte Band zwischen Russland und der Ukraine ist für die nächsten Jahrzehnte zerschnitten", ist sich Zöppel sicher.

Das Band zwischen der Ukraine und Russland wird wohl für die nächsten Jahrzehnte ...Symbolbild: Pixabay

Die Menschen vor Ort seien am Ende, Familien werden zerrissen, Väter für die Generalmobilmachung an der Grenze abgefangen. "Für alle Beteiligten ist das eine sehr schwere und schlimme Situation. Jetzt ist entscheidend, wie die Weltpolitik reagiert. Wir müssen jetzt alles tun, um die Ukraine irgendwie zu stärken", meint der Familienvater. Schon in den letzten Jahren hat Zöppel Gefechte im Land wahrgenommen. "Das kann man aber nicht mit der jetzigen Situation vergleichen. Die Unruhen finden gerade in ganz anderen Dimensionen statt. Man hatte immer gehofft, dass die Gefechte lokal bleiben. Jetzt haben wir einen umfassenden Krieg - und zwar von allen Seiten. Putin versucht, die Ukraine zu zerstören. Seine Pseudo-Gesprächsangebote kann man leider nicht ernst nehmen. Er versucht sich als Friedensbringer, statt als Konflikttreiber darzustellen". 

Für Kinder ist der Krieg eine traumatische Erfahrung.

"Wie erklärt man einem Kind das, was hier gerade passiert?"

Doch wie soll es jetzt weiter gehen? Das kann zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich keiner genau sagen. "Wir bereiten uns darauf vor, unsere Familie aus der Ukraine bei uns aufzunehmen und hoffen auf eine Möglichkeit, dass sie irgendwie fliehen und wir sie zu uns holen können. Besonders sorge ich mich um meine Nichten und Neffen - wie erklärt man einem Kind das, was hier gerade passiert? Das ist leider nur schwer begreiflich zu machen", so der 37-Jährige, der betont: "Kinder verarbeiten diese traumatischen Situationen ja noch einmal ganz anders." Für den Familienvater steht fest - die Konflikte in Europa werden uns noch lange begleiten. "Hier geht es nicht nur um eine ein- oder zweiwöchige Auseinandersetzung. Das Vertrauen zwischen der Ukraine und Russland ist auf lange Zeit zerstört", bringt es Zöppel auf den Punkt und stellt heraus: "Was jetzt zählt, ist unsere Familie hoffentlich bald wohlbehalten wieder in die Arme schließen zu können". (Lea Hohmann) +++


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