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Geschichtliches Wissen, Humor und den Bezug zur Gegenwart: Matthias Nicolai präsentierte all das im Marktcafé - Foto: T. Gremmel

ALSFELD Alsfelder Kulturtage

Historiker Matthias Nicolai brachte Alsfelder Geschichte zu Gehör

21.05.22 - Er hatte einen anregenden Abend versprochen, einen Streifzug durch die Alsfelder Geschichte und Geschichten: Der Alsfelder Historiker und Autor Matthias Nicolai teilte im Rahmen der Alsfelder Kulturtage am Donnerstagabend im Marktcafé sein Wissen und viele Anekdoten mit einem interessierten Publikum, das er unterhaltsam in seinen Bann zog.

Als erstes räumte er mit der Legende von der Entstehung des Namens Alsfeld auf: "Als fällt mer de Hut vom Kopp" mag zwar eingängig sein und sich nach Ansicht der Verantwortlichen für ein Jubiläumsmotto eignen, richtig ist diese Erzählung jedoch nicht, so Nicolai. Vielmehr sei "Alsfeld" auf den Namen "Adalo" zurückzuführen, ein Fürst vermutlich, der sich vor fast tausend Jahren bereits den Ort aneignete: Das Feld des Adalo, Adelesfelt, war entstanden; sein Name wandelte sich mit den Jahrhunderten zum heutigen Alsfeld.

Als nächstes zog Nicolai einen alten Bekannten aus seinem historischen Schatzkästlein: Lutz Dönges alias Hieronymus Caesar war Heimatdichter, der Alsfeld "gereimte Liebenswürdigkeiten mit Widerhaken" hinterlassen hatte, wie der Referent es nannte. In leichter bis originaler Alsfelder Mundart hatte Dönges über Alt-Alsfeld sinniert, über ihre Bewohner und deren Ansichten, über nicht ganz seriöse erotische Angebote und er hatte auch mit Kritik an der Stadtverwaltung nicht gespart.

Das Reich der Dichtung verließ Nicolai sodann, langweilig wurde es dennoch nicht, denn mit den "Ramspeckiaden", den nachweislich wahren, weil zumeist in Amtsbüchern aufgezeichneten Anekdoten des Alsfelder Bürgermeisters (Amtszeit von 1825 bis 1871) Gerhard Jacob Ramspeck, lieferte er humorvolle Einblicke in den Alsfelder Alltag im 19. Jahrhundert. Mit "Feldfrevel" und "gefährlichen Schulbuben" hatte der Bürgermeister zu tun. Es ging um Schweinezucht und Bullenverkauf – schließlich war Alsfeld zu dieser Zeit sehr ländlich: Auch in der Stadt gab es Viehzucht, Ställe uns Scheunen. Ramspeck berichtete vom Fund "zweier Leichen, von denen eine noch lebte", und er milderte den Branntweinbann des Fürsten ab, indem er stattdessen zu mehr Bierkonsum aufforderte.

Dass Alsfeld ländlich war, kam nicht allen zu passe: Dr. Friedrich Noack, Lehrer an der Alsfelder Realschule – und das unfreiwillig -, äußerte Bedenken, in dieser ländlichen Verbannung zu verbauern. Er ließ kein gutes Haar an dem "Drecksnest am Rande des Vogelsbergs", im dem er zwar auch von Handwerk, Industrie und Handel berichtete, in erster Linie jedoch von "Vieh und Misthaufen in allen Gassen."

Matthias Nicolai schuf mit seiner Vortragsauswahl ein interessantes Bild vom alten Alsfeld, bot dem interessierten Publikum aber auch Einblick zu dem Stand aktueller Grabungen, die vor etwa ein bis zwei Jahren im Rahmen der Marktplatzsanierung möglich wurden. Mauerreste beispielsweise zeugten mit einer Mauerstärke von 60 bis 80 Zentimetern und ihrer Anordnung von einem großen, imposanten Gebäude. An ein Vorgängerrathaus, das es gegeben haben muss, glaubt der Historiker an der betreffenden Stelle vor der heutigen Eisdiele nicht, vielmehr an eine Art Schutzburg, die die thüringischen Herren vor etwa tausend Jahren errichten ließen. Weitere bedeutende Funde waren die Freilegung des Original-Laufs der Liederbach sowie ein Kellergewölbe, ein alter Löschteich und ein Skelett mit einer Grabplatte aus dem 12. Jahrhundert. Nicolai, Vorstandsmitglied des Alsfelder Geschichts- und Museumsverein bedauerte, dass seitens der Stadtverwaltung keinerlei Anstrengungen unternommen wurden, um diesen Funden nachzugehen und zumindest Teile davon für die Nachwelt zu erhalten.

Zum Abschluss servierte Matthias Nicolai seinen Gästen noch eine satirische Anekdote, in der endlich aufgeklärt wurde, warum es auf dem Alsfelder Wochenmarkt weder Lakritz aus Istanbul noch Singvögel aus Konstantinopel zu kaufen gibt. Ein heiteres Ende eines interessanten Abends, der Lust auf Alsfelder Geschichte und Geschichten machte – ganz so, wie der Redner es zu Beginn versprochen hatte. Die Alsfelder Kulturtage gehen noch bis zum 29. Mai. Mehr Infos unter www.alsfelder-kulturtage.de. (pm) +++


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