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Szenen aus "Corpus Delicti" - Foto: Schlitt

LAUTERBACH Alexander-von-Humboldt-Schule

Hohe Performancedichte holt klassische und moderne Stoffe auf die AvH-Bühne

15.07.22 - Gleich zwei Theaterabende präsentierten die Kurse und die AG Darstellendes Spiel der Alexander-von-Humboldt-Schule in diesem Jahr: Randgefüllt mit interessanten Bearbeitungen klassischer und moderner Stoffe, mit Musik, Gesang und Poetry waren die Veranstaltungen Anfang Juli, die von einem intensiven, engagierten und auch leidenschaftlichen Schaffen zeugten – Ausdruck der Freude darüber, was nun jenseits der Corona-Beschränkungen endlich wieder möglich war, wie Moderator Thomas Zulauf in seiner launigen Ansprache sagte. Er war für die erkrankte Julia Speck, Koordinatorin Kulturelle Bildung, eingesprungen und führte sehr unterhaltsam durch die beiden Abende, die jeweils von zwei Poetinnen mit eigenen Gedichten eröffnet wurden. Am ersten Abend waren dies Emelie Mithin und Hannah Lutz.

Danach übernahm der Kurs der E-Phase, der unter der Leitung von Philipp Döll auf eindrucksvolle Weise zwei Stücke aus der griechischen Mythologie darbot, die Bühne in der vollbesetzten Aula. Die Schülerinnen und Schüler hatten die Geschichten von König Midas und Medea selbst interpretiert und mit eindrucksvollen Bildern, Kostümen und Equipment in Szene gesetzt. Ihre Botschaft: Gier, Wahn, Wünsche und Leidenschaft haben die Menschen schon vor Urzeiten bewegt und tun es auch heute noch. Midas - ein König, der dem Gold und Konsumwahn verfällt, eine Königstochter, die der Liebe wegen mordet und den Wahnsinn in all seinen Facetten auslebt. Schwere Kost hatten sich die jungen Darstellerinnen und Darsteller der E-Phase für den Theaterabend ausgesucht. Viele Wochen und Monate hatten sie trotz coronabedingter Einschränkungen für diesen Moment gearbeitet, sich ausprobiert und geprobt, sogar Sonderschichten am Wochenende hatte es gegeben, um die perfekte Inszenierung zu schaffen. Während die Deko mit einfachen Mitteln auskam, waren die Kostüme und Maskeraden der jungen Schauspielerinnen und Schauspieler hingegen sehr besonders. Schwarz dominierte, um das Böse, den Wahn und den Untergang zu symbolisieren. Am Ende der Geschichte von Aufstieg und Fall des König Midas nehmen Gier und Wahn überhand. Ein aktueller Bezug zu unserer heutigen Zeit und der kapitalistischen Gesellschaft war von den jungen Schauspielern in ihren minimalistischen Kostümen und ihren neongrün leuchtenden Fingern beabsichtigt.

Foto: Schlitt

Gleich eine ganze Gruppe von schwarz kostümierten jungen Frauen und Männern symbolisierte im anderen Stück Medea, um die Vielschichtigkeit und die vom Wahnsinn getriebene Figur in all ihren Facetten zu zeigen, die ihren untreuen Jason, von vier Schauspielerinnen dargestellt, manipuliert und sogar vor der Ermordung der gehassten Nebenbuhlerin und der eigenen Kinder nicht zurückschreckt. Mit passender Musik und Beleuchtung tobten, schrien, tanzten und krochen die Protagonisten, die bewusst geschlechtsneutral auftraten, über den Schauplatz der Zerstörung. Eine eindrucksvolle schauspielerische Leistung, die gewiss in Erinnerung bleibt.

Die Schülerinnen der Theater-AG unter Leitung von Lehrerin Christa Lange nahmen die Zuschauer mit auf eine Reise. Statt wie geplant am Strand, landet die Reisegruppe zunächst in einer Geschichte Harry Potters. Zum Strand ging es später, allerdings erwartete sie hier kein Idyll, sondern jede Menge Müll und Plastik, die das Leben der Meerestiere bedrohte. Kombiniert hatte die AG Ausschnitte aus "Harry Potter" und "Vaiana", besonders wichtig war ihr ihre umweltpolitische Botschaft. Mit einem Gesangssolo und dem Lied "Ich bin ganz nah dran", wusste Lehrerin Christa Lange zu begeistern. Eindrucksvoll auch die Friedensbotschaft der AG, die Udo Lindenbergs Anti-Kriegslied "Wozu sind Kriege da" mit Sologesang von Pauline Dörr (5b) interpretierte, während im Hintergrund das Foto der AvH-Schülerschaft von einer Solidaritätsaktion für die Ukraine eingeblendet war.

Nicht weniger abwechslungsreich und hochkarätig gestalteten die Schülerinnen und Schüler den zweiten Theaterabend, den der Q2-Kurs unter der Leitung von Thomas Zulauf bereits auf dem Pausenhof vor dem offiziellen Beginn einläutete: Wer die Darstellung verpasst habe, so Zulauf, der könne nun genau das Lebensgefühl der jungen Leute nachempfinden, die in den vergangen beiden Jahren so einiges verpasst hätten. Zulauf ging in seiner Moderation auf die "hohe Performancedichte" der beiden Theaterabende ein und erläuterte die Bedeutung des Faches Darstellendes Spiel für die Persönlichkeitsbildung der Schülerinnen und Schüler, die hier auch Themen bearbeiten könnten, die für sie relevant seien. Im Rahmen der Aufführungen erlebten sie "Lampenfieber, Überwindung, Erleichterung, Glücksgefühle und Stolz." Außerdem könnten sie ihre vielen Talente zeigen, so Zulauf. Im Verlauf des Abends wurde deutlich, was er meinte: Die Mitwirkenden brillierten nicht nur als Schauspieler, sondern auch als Tänzer, Sänger, Gitarristen und Pianisten. Und als Poetinnen, denn auch diesen Abend eröffneten mit Ronja Holzmann und Hanna Lutz zwei eindrucksvolle Poetry-Künstlerinnen mit ihren eigenen, sehr intensiven Gedichten. Später gesellte sich noch Leonie Schwertz mit einem Gedichtvortrag in ihre Reihen.

Die Theater-AG interpretierte "Wozu sind Kriege da?" Foto: Kempf

E.T.A. Hoffmanns Sandmann holten die Darstellerinnen und Darsteller des Kurses Q2 unter der Leitung von Christa Lange in die Gegenwart, genau gesagt in die Digitale Welt. Nathanael, der Protagonist, ist Opfer der vielen unüberprüfbaren Nachrichten, die im Netz auf ihn einströmen. Er wird Anhänger von Verschwörungstheorien und Fake News – und ein Chor hämmert ihm ein: "Das ist alles er!" Der Sandmann 2.0. Die Schülerinnen und Schüler zeigen sich selbst als eine Generation, die viel zu viel Zeit am Handy verbringt. Was man hier tut, sieht und liest, wird multimedial präsentiert: per Beamer an der Rückwand der Bühne, als Musik, zumeist live dargeboten von den Sängerinnen Christa Lange und Ronja Holzmann, die auch Klavier spielte, und Simon Gnade an der Gitarre. Nathanael wird Opfer eines Fake-Profils und verliebt sich in jemanden, den es so nicht gibt. Er riskiert seine Freundschaften dafür – auf der Bühnenrückwand laufen Infos dazu, wie junge Menschen sich im Netz verlieren, wie sie dort auch Gewalt erfahren. Auf diese Weise geriet diese außerordentliche Bearbeitung zu einer intensiven Auseinandersetzung der etwa Siebzehnjährigen mit ihrer eigenen Lebenswelt, beispielsweise dem unglaublichen Schönheitsdruck, dem die jungen Menschen ausgesetzt sind.

Eine Dystopie entwickelte im zweiten Stück der Q2-Kurs von Philipp Döll. Es trug den Namen "Corpus Delicti – Lasse die Puppen tanzen" und lehnte sich an Juli Zehs gleichnamigen Roman an. Die Menschen leben in einer Gesundheitsdiktatur: Verpflichtet zu einem Leben, das sie zwar gesund, aber unfrei hält, müssen sie sich der Überwachung durch den Gesundheitsdiktator Heinrich Kramer unterordnen. Wer sich wehrt, wird hart bestraft. Die jungen Darstellerinnen und Darsteller bringen ihre Inszenierung in drastischen, perfekt choreografierten Szenen auf die Bühne und setzen gekonnt sowohl ihre schwarzen Ganzkörperanzüge ein als auch Lichtelemente und goldene Rettungsdecken, die nicht nur alles überstrahlen, sondern auch mit ihrem Geräusch für eine besondere Stimmung sorgen.

Alle Darbietungen wurden vom Publikum mit viel Applaus bedacht. Die Schülerinnen und Schüler hatten nicht nur mit ihrem Spiel, sondern auch mit vielen guten, teils witzigen Ideen überzeugt: So hatte beispielsweise Hausverwalter Dieter Stanzel einen bejubelten Gastauftritt. So war es nicht verwunderlich, dass Schulleitungsmitglied Oliver Stoy die ganze Fachschaft mit Lob überschüttete: Kultur sei der Ausdruck der menschlichen Höherentwicklung, so Stoy. Sie sorge dafür, dass man sich eine Auszeit vom Alltag nehmen könne. All das habe das Publikum der beiden Theaterabende genießen können. Er dankte sowohl den Schülerinnen und Schüler als auch der Fachschaft, die sich nach der Durststrecke der Pandemie zu neuen Höhenflügen aufgeschwungen hatte. (pm) +++


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